Claudia Hunger

Die Qualität der Familienplanungsdienst in Douala, Kamerun

Zusammenfassung

Die Qualität der Familienplanungs (FP) ­Dienste wie auch die Qualitätssicherung in der Medizin erfuhren in den letzten Jahren steigendes Interesse. Insbesondere wurde die Bedeutung der Ebene der Interaktion zwischen Klient und Anbieter der FP­Dienste, in bezug auf Akzeptanz und Kontinuität der Anwendung von modernen Methoden der Kontrazeption, hervorgehoben.

Ziel der Studie zur "Qualität der FP­Dienste in Douala, Kamerun" war die Qualitätseinschätzung zweier öffentlicher FP­Zentren sowohl durch die Autorin selbst und als auch durch die Klientinnen. Es wurden 2 FP­ Dienste ausgewählt, die sich hinsichtlich der Kontinuität der Inanspruchnahme durch die Klientinnen unterschieden. Es wurden ein FP­Dienst des Krankenhauses im Stadtteil Bonassama und ein Gesundheitszentrum in Soboum gewählt. Zudem wurde der Bekanntheitsgrad der beiden Zentren unter der Zielbevölkerung und schließlich das Wissen über moderne Methoden, Einstellung zu und Anwendung von modernen Methoden der Kontrazeption (KAP­Studie) der Frauen im fruchtbaren Alter ermittelt.

Methodik: Die Ermittlung der Qualität der FP­Dienste erfolgte durch eine teilnehmende Beobachtung. Die Qualitätskriterien wurden auf der Basis der Elemente von BRUCE (1990) erarbeitet: Wahl der Methode, Informationen, die den Klienten gegeben werden, technische Kompetenz, Interaktion zwischen Klient und Anbieter, Nachsorge / Kontinuitätsmechanismen und adäquate Konstellation der Dienste. Zudem wurde mittels eines offenen Fragebogens die Qualitätseinschätzung von seiten der Klientinnen bestimmt. Die Ermittlung des Bekanntheitsgrades der FP­Dienste und die KAP­Studie wurden ebenso mit einem Fragebogen durchgeführt, der offene und geschlossene Fragen enthielt. Der qualitative Teil der Studie eröffnete die Möglichkeit, Qualitätsindikatoren und Barrieren in bezug auf die Nutzung zu ermitteln, die nicht erwartet wurden.

Es sollte zur Bearbeitung der Hypothese "die Qualität der Leistungen der Familienplanungseinrichtungen beeinflußt die Qualitätseinschätzung der Klientinnen und übt darüber einen wesentlichen Einfluß auf deren Kontrazeptionsverhalten aus" ein Vergleich zweier Zentren durchgeführt werden, die unterschiedlich in der Qualität beurteilt wurden. Als Qualitätskriterium wurde die Rate an Abbrecherinnen der Inanspruchnahme der FP­ Dienste genommen, die in dem einen Zentrum 25% (Soboum) und in dem anderen (Bonassama) 50% betrug.

Ergebnisse: Die Auswahl unter verschiedenen Methoden der Kontrazeption ist in Kamerun bzw. in den beiden Zentren sehr gut. Die Palette der angebotenen Verhütungsmethoden umfaßt die Pille, Injizierbare, die Spirale, Kondome, Spermizide, das Norplant, natürliche Methoden, Stillen und die Sterilisation. Die Klienten werden jedoch nicht über alle Methoden aufgeklärt. Dadurch wird die Auswahlmöglichkeit stark eingeschränkt und infolgedessen wurden nur die Pille, die Injizierbaren und die Spirale von den Klientinnen angewendet. Wegen der ablehnenden Einstellung des FP­Personals der Zentren gegenüber der Sterilisation, den natürlichen Methoden und dem Stillen als Methoden der Kontrazeption werden diese Möglichkeiten während der FP­ Konsultation kaum angesprochen.

Hinsichtlich der Informationen, die den Klienten gegeben wurden, zeigten sich erhebliche Mängel in der Übermittlung wichtiger Details, wie Instruktionen darüber, was beim Vergessen der Pille zu tun ist. Vorteile, Nachteile und Nebenwirkungen der vier wichtigsten Verhütungsmittel Pille, Injizierbare, Spirale und Kondom wurden zwar genannt, es wurde aber nicht genügend Sorge getragen zu überprüfen, ob die Klientin die übermittelte Information auch verstanden und behalten hatte. Die Techniken des Rückfragens und der Repetition wurden nicht genügend angewandt. Zudem besteht oft ein Informationsüberangebot, welches die Klientinnen bei ihrem geringen Vorwissen nicht verarbeiten konnten. Eine klientenzentrierte Reduzierung der Informationen auf das Wichtigste wäre wünschenswert.
Die technische Kompetenz der Anbieter erwies sich als gut, es fehlten jedoch Supervisions­ und Überweisungssysteme.

Die Interaktion zwischen Klient und Anbieter, wie z. B. die Begrüßung, war adäquat. Unterschiede zwischen den beiden Zentren zeigten sich in der Wahrung der Intimität. Mechanismen zur Herstellung der Kontinuität wurden nicht genügend ausgeschöpft. Insbesondere wurde vergessen, den Klienten anzuraten, bei Problemen mit der Methode den FP­Dienst wieder aufzusuchen. In einem Zentrum wurde es zudem häufiger versäumt, einen Folgetermin zu vereinbaren.

In der Konstellation der FP­Dienste zeigte sich das Gesundheitszentrum in Soboum erfolgreicher in bezug auf die Kontinuität der Inanspruchnahme des Dienstes als der andere Dienst in Bonassama, der einem Krankenhaus angegliedert war. In Soboum wurden zudem regelmäßig Informationsveranstaltungen zu den Themen "verantwortliche Elternschaft" und "FP" durchgeführt. Die Ausstattung beider Zentren war gut.

Die Interviews mit den Klientinnen zeigten, daß diese zufrieden mit den FP­Diensten waren. Kritik wurde selten geäußert. Für die Klientinnen war die freundliche Begrüßung ein wichtiges Qualitätskriterium. Daneben stand vor allem der Wunsch nach Information im Vordergrund. Mehr Informationsveranstaltungen, möglichst in den Stadtvierteln und nicht nur in den gesundheitlichen Einrichtungen, wurden von den Frauen gewünscht. Außerdem zeigte sich, daß die Klientinnen eine körperliche Untersuchung vor Verschreibung der Verhütungs­ mittel als wichtig und vertrauensfördernd empfanden. Die Wartezeit, ebenfalls ein Qualitätskriterium, wurde teilweise als adäquat, teilweise als zu lang beschrieben.

Die Möglichkeit der Sensibilisierung für FP bei den Frauen, die zur Schwangerenvorsorge und Nachsorge oder zum Impfen der Kinder in gesundheitliche Einrichtungen gelangen, wird nur unzureichend wahrgenommen. Hauptinformationsquellen sind das Fernsehen und das Radio, erst dann folgen die gesundheitlichen Dienste.

Bei der Studie in den Stadtvierteln im Einzugsgebiet der beiden FP­Dienste zeigte sich, daß die beiden FP­ Zentren der Bevölkerung zu 78% bekannt sind. Es wird jedoch sehr wenig über den Dienst geredet. Zu große Scham, über FP zu reden, bestimmt häufig die Handlungsweise der Frauen. 16% der interviewten Frauen behaupten, zufriedene Klientinnen zu kennen.

Die verschiedenen Verhütungsmethoden sind den Frauen gut bekannt. Über 90% kennen die Pille und das Kondom, über 70% die Injizierbaren und 62% die Spirale. Es existiert eine Vielzahl von Gerüchten und Ängsten vor Nebenwirkungen über die modernen Methoden. Insbesondere die Spirale wird als gefährliche Methode empfunden, aus der Angst heraus, daß die Spirale im Bauchraum verschwinden könnte. Andere Gerüchte zeigen mangelnde Kenntnisse über die weiblichen Fortpflanzungsorgane. 25% der Frauen zweifeln die Sicherheit des Kondoms an, weil es oft zerreiße.

Die Einstellung zur FP ist sehr positiv. Verantwortliche Elternschaft bedeutet für 61% der Frauen, den Abstand zwischen den Geburten zu vergrößern und für 35%, die Kinderzahl zu limitieren. Die Erziehung der Kinder, ökonomische und gesundheitliche Gründe werden von den Frauen genannt.

Obwohl bereits zwischen 16% und 30% der Frauen Erfahrung mit der Pille oder dem Kondom gemacht haben, liegt die aktuelle Anwendungsrate der modernen Methoden niedrig. Zwischen 5% und 7% der Frauen nutzen die Pille, zwischen 5% und 7% das Kondom, ungefähr 1,5% die Spirale und 3% die injizierbaren Kontrazeptiva. Hauptsächlich wegen der befürchteten Nebenwirkungen wird auf die Anwendung von modernen Verhütungsmethoden verzichtet. Die niedrigsten Kontinuitätsraten zeigen sich für die Pille.

Die beiden Zentren unterschieden sich in bezug auf die Qualität der FP­Dienste in verschiedenen Punkten. In einbart. Zudem wurden die Konsultationen immer in einem geschlossenen Raum durchgeführt, um die Intimität zu wahren. Es wurde eine ruhige und vertrauensvolle Atmosphäre hergestellt. Die Wiederholungskonsultationen wiesen einen höheren Standard auf. Zudem wurden in dem erfolgreicheren Zentrum regelmäßig Informationsveranstaltungen zu FP für alle Besucherinnen, Mütter mit Kindern und Schwangere durchgeführt. Diese zeigten sich erfolgreich, Frauen für FP zu interessieren und Gespräche über Vorurteile und Gerüchte zu ermöglichen. Außerdem wurden in dem Zentrum mit der niedrigeren Abbrecherquote konsequenter Anamnesen erhoben und körperliche Untersuchungen vor Verschreibung von Verhütungsmethoden durchgeführt.

Nicht wie erwartet, wirkte sich der Umfang der gegebenen Informationen und die Zahl der vorgestellten Methoden auf die Kontinuität aus. Das Zentrum mit der höheren Abbrecherquote stellte mehr Methoden vor und informierte wesentlich ausführlicher über Nebenwirkungen. Demgegenüber konzentrierte sich der FP­Agent des anderen Zentrums auf die wichtigsten Methoden und versuchte, die Klientinnen vor allem von der Harmlosigkeit einiger Nebenwirkungen zu überzeugen.

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