Volker Kunert

Die Frankenwälder Querzone: Entwicklung einer thermischen Anomalie im Saxothuringikum

Zusammenfassung

In der Frankenwälder Querzone (FQZ) kann in anschaulicher Weise das metamorphe Muster aus einer komplizierten Überlagerung von regionaler Metamorphose und einer lokalen Wärmeflußanomalie gezeigt und verschiedenen geologischen Ereignissen zugeordnet werden.

Die FQZ ist eine thermische Anomalie in den saxothuringischen Varisciden, die erst seit der variscischen Deformation nachweisbar ist. Als NW-SE gerichtete asymmetrische Horstzone quert sie die tektonischen Großstrukturen der saxothuringischen Platte. Während der variscischen Deformation und Metamorphose bildete das Gebiet das Vorland zur aktiven, sich nach NW bewegenden Platte des Teplá-Barrandiums im SE. Die Verkippung und Heraus­hebung der FQZ wird einem postvariscischen Stadium zugeordnet. Dies belegen Meta­morphoseabschätzungen in den pelitischen Gesteinen der unterkarbonischen Grauwacken-Pelit-Wechsellagerungen in Verbindung mit strukturgeologischen Beobachtungen. Die Meta­morphoseabschätzungen basieren auf Illit- und Chloritkristallinitäts-Untersuchungen sowie, mit Einschränkungen, auf Vitrinitreflexions-Messungen.

Vom SW-Rand des Unterkarbons der Teuschnitzer und Nailaer Mulde kann in Richtung auf die FQZ im NE eine deutliche Zunahme der thermischen Metamorphose von hoch­diagenetischen auf epizonale Bedingungen beobachtet werden. Devonische Metabasite im Liegenden des Kulms zeigen in der FQZ lokal Grünschieferfazies an (BRAND, 1980). In der FQZ reagierten die Gesteine durch die erhöhten Temperaturen duktil, so daß sie während der variscischen Deformation stärker tektonisch verformt werden konnten als in den kälteren Nachbargebieten. Anstelle der üblichen Bruchschieferung und des aufrechten Faltenbaus wurden eine penetrative Dachschieferung und liegende Falten ausgebildet, deren Falten­achsenebenen subparallel zu den Schieferungsflächen orientiert sind (FRANKE, 1984; SCHROEDER, 1958). Daher konzentrieren sich die thüringischen Dachschiefergruben und -tagebaue auf den Bereich der FQZ.

An der NE-Flanke der FQZ und in den sich im NE anschließenden Gebieten erreichte die thermische Metamorphose die höhere Anchi- bis Epizone. Im NW-Teil dieser nordöstlichen Gebiete, in der Ziegenrücker Mulde, sind zwar hohe Temperaturen, jedoch keine stärkere Verformung der Gesteine zu erkennen. Dagegen ist im SE-Teil (Greizer Querzone, östliche Mehltheuerer Mulde), wie in der FQZ die stärkere Metamorphose mit einem erhöhten Strain gekoppelt.

Die Metamorphosedrucke wurden mit Hilfe des Röntgendiffraktometers mit dem druck­abhängigen 6d(33-1,060)-Parameter des Illit-Kristallgitters abgeschätzt. Die Druckabschätzungen zeigen nach der Klassifikation von GUIDOTTI & SASSI (1986), für Temperaturen unter 300 °C, für das gesamte Arbeitsgebiet Drucke </= 2 kbar an. Aus der einheitlichen Versenkung der unterkarbonischen Pelite läßt sich ein Anstieg der Isothermen in der FQZ und den östlich anschließenden Gebieten ableiten.

Das Hochtemperaturereignis überdauerte die variscische Deformationsphase. Das belegen eine Reihe posttektonischer Granite in der FQZ. In der Tiefe läßt eine deutliche negative Schwereanomalie auf die Existenz eines größeren granitischen Körpers schließen, dessen Oberfläche von SEHM et al. (1989) nach geophysikalischen Befunden modelliert wurde. Die Kontaktwirkung dieses Modellgranites auf das unterkarbonische Nebengestein wurde von Dr. Georg Kosakowski am Institut für Geowissenschaftliche-Gemeinschaftsaufgaben (GGA) in Hannover mit Hilfe einer numerischen 2D-Modellierung für ein Profil durch den SW-Flügel der FQZ mit variablen geologischen und geophysikalischen Parametern berechnet. Die Temperaturergebnissse aus den Modellen wurden mit den Temperaturabschätzungen aus den Probenanalysen verglichen. Hierzu wurde, auf Literaturdaten basierend, eine empirische Beziehung zwischen Illitkristallinität und Temperatur bestimmt. Die Temperaturen wurden in diesen Arbeiten mit Phasenanalysen, Smektit-Illit-Umwandlungen und anderen temperatur­abhängigen Parametern abgeschätzt. Für den SW-Flügel der FQZ, in der Teuschnitzer und Nailaer Mulde, wurde die beste Anpassung an die Temperaturabschätzung für die folgenden Bedingungen erreicht:

- eine Granitintrusion mit einer Oberfläche, die nach NE und SW abtaucht und in 5 km Tiefe eine maximale NE-SW-Ausdehnung von 20 km erreicht, entsprechend dem Modell von SEHM et al. (1989);

- eine Intrusionstemperatur von 700 °C und eine Gesteinsüberdeckung von 6,5 km über dem Dach des Plutons;

- ein überwiegend konduktiv gesteuerter Wärmetransport;

- eine asymmetrische Horstzone, die erst nach der Intrusion verkippt wurde.

Da es in der FQZ keine Hinweise auf einen fluidgesteuerten Wärmetransport während der variscischen Deformation gibt und eine tiefere Versenkung der Gesteine ausgeschlossen werden kann, wird der Granitkörper im Untergrund der FQZ als eine größtenteils syntektonische Intrusion interpretiert.

In der Ziegenrücker Mulde (NW-Teil des NE-Flügels der FQZ) reicht die Kontaktwirkung des Modellgranites nicht aus, die nach NE anhaltend erhöhte Metamorphose zu erklären. Hier muß aufgrund einer fehlenden stärkeren Verformung der Gesteine im E-Teil der Mulde eine zusätzliche posttektonische Wärmequelle gefordert werden. Als Wärmequelle wird der von SEHM et al. (1989) modellierte Granit im Untergrund von Auma diskutiert.

In der Greizer Querzone erinnert die Kombination von erhöhter Metamorphose und intensiver Deformation an die FQZ. Es gibt in den unterkarbonischen Tonschiefern im Gegensatz zur FQZ jedoch keine Hinweise auf eine posttektonische Kontaktmetamorphose. Die Inter­pretation des Schwerebildes von SEHM et al. (1989) zeigt auch im Untergrund der Greizer Querzone einen Granitkörper, der im Falle einer syntektonischen Intrusion als syndeformative Wärmequelle in Frage kommt.

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