Christian Biernoth

Zivilrechtlicher Erwerberschutz beim Teleshopping

Zusammenfassung

Die Arbeit befaßt sich mit der Frage, inwieweit ein Schutz Erwerber beim Teleshopping in tatsächlicher Hinsicht erforderlich und ob und wie dieser Schutz zivilrechtlich erreichbar ist.

Teleshopping mit seinen Varianten TV Shopping und interaktives Shopping ist eine Form des Direktvertriebes von Konsumprodukten über eine räumliche Distanz hinweg zwischen professionellen Anbietern und nicht professionellen Erwerbern, wobei Anbahnung und Abschluß der Geschäfte unmittelbar miteinander verbunden sind und unter Einsatz von Telekommunikationsmitteln erfolgen. Die Kommunikation bei der Geschäftsanbahnung besteht hauptsächlich aus den emotional wirkenden, schnellebigen und z.T. flüchtigen Produktpräsentationen, die geeignet sind, die Zuschauer zu einer gering kognitiv gesteuerten Bestellung zu verleiten. Aufgrund der unmittelbaren Verbindung von Bestellung und Präsentation kann sich deren Suggestivkraft sogleich in einer übereilten Erwerbsentscheidung realisieren. Die Besteller bedürfen insoweit eines Schutzes, zumal Konsumentensouveränität nur ein Leitbild und daher die Kompensation durch den Markt unzureichend ist. Schließlich sind die Beweismöglichkeiten erschwert.

Eine "materielle Gerechtigkeit" des Vertrages kann weder hinreichend bestimmt, noch umfassend erzielt werden. Sozial motivierte Eingriffe in das Vertragsrecht führen in der Konsequenz zu hoheitlicher Umverteilung und bergen die Benachteiligung der sozial Schwächsten. Wirtschaftliche und intellektuelle Ungleichgewichtslagen sind ebenfalls aufgrund ihrer Unbestimmtheit keine geeigneten Anknüpfungspunkte zur Begrenzung der formellen Vertragsfreiheit. Der unzureichenden Selbstbehauptungsfähigkeit der Besteller aufgrund der planmäßigen Gestaltung der Präsentationen ist unter dem Gesichtspunkt der Erheblichkeit durch Informationspflichten der Teleshopping-Anbieter und ein Rücktrittsrecht vom geschlossenen Vertrag zu begegnen, wie es im wesentlichen in der EU-Fernabsatzrichtlinie vorgesehen ist.

Der Vertragsschluß erfolgt regelmäßig durch die Bestellung und die darauffolgende Leistung als Annahme gemäß § 151 S.1 BGB. Die Präsentation ist lediglich eine invitatio ad offerendum. Die AGB des Anbieters können, je nach Variante und Gestaltung unterschiedlich, verbindlich in den Vertrag einbezogen werden. Eine Kreditierung des Entgeltes nach dem VerbrKrG ist nur beim interaktiven Shopping gemäß § 8 VerbrKrG analog möglich. Teleshop-ping unterfällt aber nicht dem HWiG, da weder eine Fallgruppen des § 1 Abs. 1 HWiG, noch eine Umgehung nach § 5 HWiG gegeben ist, so dass es eines neuen teleshoppingspezifischen Lösungsrechtes bedarf. Bei grenzüberschreitenden Geschäftsabschlüssen ist aus deutscher Sicht bei fehlender Rechtswahl gemäß § 28 EGBGB der Sitz des Teleshopping-Anbieters maßgeblich. Ferner sind § 29 EGBGB und Art. 12 der Fernabsatzrichtlinie zu beachten, wonach dem Verbraucher die Rechte aus ihn speziell schützenden Vorschriften erhalten bleibt.

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