Untersuchung zur Wiederherstellung des positiven Feedback Mechanismus von Estradiol-17[beta] und zur Sekretion von Estradiol-17[beta] im Verlauf des Anöstrus der Hündin
Zusammenfassung
Die der neuroendokrinen Regulation der Fortpflanzung der Hündin zugrunde liegenden Mechanismen, insbesondere während des Anöstrus, sind noch weitgehend unbekannt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, Informationen über die Bedeutung der negativ und positiv rückkoppelnden Wirkung von Estradiol-17[beta] als Faktor der neuroendokrinen Steuerung des Anöstrus zu erhalten.
Die Untersuchungen wurden an 5 geschlechtsgesunden Beagle Hündinnen im Alter von 1 - 3 Jahren durchgeführt. In Anlehnung an die Verhältnisse während der Läufigkeit wurde Estradiol-17[beta] so verabreicht, daß eine weitgehend dem proöstrischen Verlauf der Estradiol-17[beta]-Konzentrationen entsprechende Kurve erreicht wurde (d.h. subcutane Verabreichung von 1; 1,5; 5 und 5 mg Estradiolbenzoat/kg KGW zu den Zeitpunkten 0, 12, 24, 48 Stunden). Die Behandlungen im Anöstrus begannen 7 Tage nachdem die Progesteronkonzentration auf Werte <1 ng/ml Plasma abgefallen war. Sie wurden in 5-wöchigen Abständen bis zu Einsetzen der Läufigkeit wiederholt. Ergänzend wurde eine weitere Behandlung im Ddiöstrus (Tag 50 nach Beginn der proöstrischen Blutung) sowie nach Kastration der Hündinnen durchgeführt. Nach der ersten Injektion mit Estradiolbenzoat erfolgten die Blutentnahmen vier mal in 6-stündigen und danach bis zur 168sten Stunde in 8-stündigen Abständen; diese Zeitabschnitte wurden als Versuchsphasen bezeichnet. Die Hündinnen dienten als ihre eigenen Kontrollen, d.h., in einem anderen Reproduktionszyklus wurde zu identischen Zeitpunkten Vehikel verabreicht und über den entsprechenden Zeitraum Blutproben entnommen; diese Zeitabschnitte wurden als Kontrollphasen bezeichnet. Die Länge der Versuchs- und Kontrollphasen war entsprechend der Dauer der proöstrischen Estradiol-17[beta]-Freisetzung und des nachfolgenden präovulatorischen LH-Peaks festgelegt worden. Bei allen mit Estradiol-17[beta] behandelten Tieren schloß sich unmittelbar an die letzte Versuchsphase im Anöstrus eine Läufigkeit an. In diesen Fällen wurden die Blutprobenentnahmen bis zum erreichen einer Progesteronkonzentration von >3 ng/ml Plasma fortgeführt. Im Falle der Kontrollen erstreckten sich die Blutentnahmen bei Hündinnen die läufig geworden waren vom 1. Tag der proöstrischen Blutung bis Progesteronkon-zentrationen >3 ng/ml Plasma gemessen wurden.
Die Bestimmung von LH, Estradiol-17[beta] und Progesteron erfolgte mittels validierter radioimmunologischer Verfahren. LH und Estradiol-17[beta] wurde in allen Proben der Versuchs- und Kontrollphasen gemessen, Progesteron in den täglichen 8 Uhr-Proben der Versuchs- und Kontrollphasen im Diöstrus und den Läufigkeiten sowie zwei mal wöchentlich während des gesamten Versuchszeitraumes zur Darstellung der ovariellen Aktivität. In Ergänzung zu diesen Untersuchungen wurde die elektrische Leitfähigkeit der Vaginalschleimhaut bestimmt. Zur Charakterisierung der LH-Freisetzung wurden die Maximalwerte, die Area Under Curve (AUC), die Basalwerte, die Anzahl der Peaks sowie der erste Peak nach Behandlungsbeginn erfaßt. Die Quantifizierung der Estra- diol-17[beta]-Freisetzung während der Kontrollphasen erfolgte ebenfalls durch Berechnung der AUC, der Basalkonzentrationen, der Maximalwerte sowie der Anzahl der Peaks. Auch für die Verlaufskurven des elektrischen Widerstandes im Vaginalepithel wurden die AUC und Maximalwerte errechnet. Die statistische Auswertung erfolgte mittels ein- und zweifaktorieller Varianzanalyse, der Trendanalyse und - soweit angebracht - mittels t-Test.
Gemessen an der AUC und den Maximalwerten ergaben sich hochsignifikante Zeit- und Behandlungseffekte für die Freisetzung von LH. So führte die Behandlung mit Estradiol-17[beta] im Vergleich zu Kontrolle zu allen Messzeitpunkten des Zyklus zu einer Erniedrigung der LH-Freisetzung; diese fiel vom Diöstrus zum Anöstrus ab, um dann im Verlauf des Anöstrus allmählich wieder anzusteigen, begleitet von einem, in den Kontrollphasen gemessen, parallelen Anstieg der Verfügbarkeit von Estradiol-17[beta]. Durch die Behandlung mit Estradiol-17[beta] kam es zu keinen meßbaren Verschiebungen im Zyklusverlauf. Die im Anschluß an die letzte Versuchsphase im Anöstrus unmittelbar auf die Behandlung mit Estradiol-17[beta] auftretenden Läufigkeiten können mit gewissen Vorbehalten als induziert bezeichnet werden, zumal sich die präovulatorische LH-Freisetzung von der der Läufigkeiten der Kontrollphase unterscheidet. Daraus ergibt sich, daß die negativ rückkoppelnde Wirkung von Estradiol-17[beta] ein wesentlicher und anhaltender Regelfaktor im Hinblick auf die Länge des Anöstrus ist. Unbeschadet der offensichtlich stattfindenden Desensibilisierung des Hypothalamus-Hypophysensystems (paralleler Anstieg der Verfügbarkeit von LH- und Estradiol-17[beta] im Blut) im Verlauf des Anöstrus zeigt sich der Wechsel zur positiv rückkoppelnden Wirkung erst unmittelbar am Ende des Anöstrus.
Wie die Untersuchungen zur Veränderung des elektrischen Widerstandes in der Vaginalschleimhaut nahe legen, scheint die Verfügbarkeit von Östrogenrezeptoren im Vaginalepithel eine wesentliche Rolle zu spielen, da im Anöstrus - insbesondere in der unmittelbar der Läufigkeit vorausgehenden Phase - nicht jedoch nach Kastration bzw. im Diöstrus Veränderungen in der Leitfähigkeit des Vaginalsekretes dargestellt werden konnten.
Bei allen in den Versuch aufgenommenen Tieren kann eine volle Funktionalität der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden Achse unterstellt werden, da sich nach Kastration der erwartete Anstieg der LH-Freisetzung und nach Behandlung mit Estradiol-17[beta] eine deutlich negativ rückkoppelnde Wirkung zeigten.
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