Fallstudie zur Bedeutung erhöhter Salzkonzentrationen im Beregnungswasser unter den humiden Bedingungen Mitteleuropas


Neumann, K.-H. und B. Pauler
Institut für Pflanzenernährung der Justus-Liebig-Universität Gießen

 


 

10c) Zuckerrüben

Bei der Zuckerrübe handelt es sich bekannterweise um eine höhere Salzkonzentrationen tolerierende Pflanzenart (nicht jedoch im Keimstadium) und demgemäß wurde weder im Untersuchungsentwicklungsabschnitt Anfang Juli noch bei der Endernte nennenswerte, ca. 10% überschreitende Ertragsunterschiede als Folge der Stressbehandlung festgestellt (Tabelle 28). Auch der Trockenstress hatte nur geringe Wirkungen auf Sproß- und Wurzelgewicht. Die Na- und die Cl-Konzentrationen wurden im Sproß und der Wurzel der Pflanzen der Salinitätsversuchsglieder erhöht, Trockenstress übt darauf keinen Einfluß aus.

Wie aus Tabelle 28 und Tabelle 29 hervorgeht, hat Trockenstress weder einen wesentlichen Einfluß auf die 14C-Assimilation noch auf die Assimilatverteilung ausgeübt. Eine deutliche Erhöhung der Assimilation konnte dagegen bei den beiden Salzstress-Versuchsgliedern festgestellt werden. Dies betraf sowohl die 14C-Aktivität in der Lamina des begasten Blattes als auch die der Wurzel sowie die in den übrigen nicht begasten Sproßteilen. Betrachtet man die prozentuale Verteilung der 14C-Markierung auf die vier von uns separat analysierten Pflanzenteile (Tabelle 29), so entspricht diese bei Trocken- und Salinitätsstress annähernd der der unbehandelten Kontrolle. Lediglich bei der Kombination von Salz- und Trockenstress kommt es zu einer verstärkten Assimilatzufuhr zur Wurzel. Bezieht man die Erhöhung der 14C-Aktivität in der Wurzel der Pflanzen mit Salzstress mit ein, so ist trotz geringer Erhöhung des prozentualen Anteils um nur etwa 1 % auch bei diesem Versuchsglied eine deutliche Erhöhung der Assimilatverlagerung auf absoluter Basis in die Wurzel festzustellen. Demnach sollten diese beiden Stressoren zwar eine voneinander abweichende Beeinflussung der Photosynthesekapazität mit einer deutlichen Förderung durch die NaCl-Gabe aufweisen, der Prozeß der Assimilatverteilung sollte jedoch in geringerem Umfang beeinflußt sein.

Bezieht man die in einem später durchgeführten Versuch mit bis zu 6000 mg NaCl pro Liter Gießwasser erzielten Ergebnisse zur Konzentration und Aktivität der beiden für die Primärfixierung des Kohlenstoffs in erster Linie verantwortlichen Enzyme, Rubisco und PEPCase, heran, so ist bei Salzstress bei einem nur schwachen Einfluß auf die Rubisco (C3-Fixierung über den Calvin-Zyklus) die PEPCase-Aktivität und -Konzentration (C4-Fixierung) deutlich erhöht (Tabelle 30). Dabei ist auch noch die positive Wirkung einer Erhöhung der N-Gabe festzustellen. Es wäre zu prüfen, wie weit dieser PEPCase-Effekt für die verstärkte 14C-Fixierung verantwortlich ist oder ob er nur eine unabhängige Begleitreaktion des Salzstresses darstellt. Versuche zur Beantwortung dieser Frage unter Verwendung der "Antisense"-Technik, durch welche die Synthese des PEPCase-Moleküls unterbunden oder doch zum Teil ausgeschaltet werden kann, wurden aufgenommen.

Bei der Beurteilung der Salzstresswirkung ist auch die Verteilung der Na- und Cl-Ionen auf die verschiedenen, die Photosyntheseleistung des Blattes unterschiedlich beeinflussenden Gewebearten wichtig. Ein Vergleich der Blätter salzgestresster Zuckerrübenpflanzen mit normal angezogenen Kontrollpflanzen zeigt, daß sowohl Natrium als auch Chlorid in den hauptsächlich für die Kohlenstoff-Fixierung verantwortlichen Palisadenzellen akkumulieren (EISA, unveröffentliche Institutsergebnisse). Auch die Blattmorphologie ist durch Salzstress beeinflußt, wobei die Pflanzen mit erhöhter Salzzufuhr eine deutliche Sukkulenz aufweisen, die im wesentlichen auf einer Vergrößerung aller Zellarten beruht.

Nach der Applikation beider Stressoren kommt es jedoch zu einer sehr viel stärkeren Erhöhung der Assimilatzufuhr zur Wurzel (s. Tabelle 29). Dies läßt auf einen bei gleichzeitigem Trocken- und Salzstress verstärkt wirksamen Osmoregulationsprozeß in der Wurzel schließen, durch den bei einem verstärkten Assimilatzustrom zur Wurzel deren Wasserpotential dadurch gegenüber dem Boden gesenkt wird. Möglicherweise ist durch diesen Osmoregulationsprozeß die Zuckerrübe im Verlauf der Phylogenese zur halophilen Pflanze mit der ökonomisch interessanten Zuckerakkumulation in der Wurzel geworden und die in Feldversuchen auf schwereren Böden häufig feststellbaren Ertragserhöhungen nach einer Natriumgabe (s. Tabelle 41, Tabelle 42) könnten mit der hier beschriebenen Wirkung von NaCl auf die Photosynthese und die verstärkte Zufuhr von Assimilaten zum Wurzelbereich erklärt werden. Ähnliche Ergebnisse wie bei der Salzapplikation von 1500 mg/l wurden auch bei einem Salzstress mit 6000 mg.l-1 NaCl erzielt (Tabelle 31), wobei ein deutlicher Anstieg der Konzentration von Saccharose als Transportform für Kohlenhydrate im Sproß zu Lasten der Glucose-Konzentration zu verzeichnen ist. In der Wurzel kommt es dagegen zu einem Anstieg der osmotisch stärker wirkenden Glucose.

Das Niveau der Hormonkonzentration in der Zuckerrübe (Tabelle 32) unterscheidet sich sehr deutlich von dem weiter oben besprochenen Sommerweizen. Das Konzentrationsniveau der IES ist bei der Zuckerrübe niedriger, das von ABA höher als bei Sommerweizen. Sehr viel niedriger sind auch die Konzentrationen der untersuchten Cytokinine. Bei den Cytokininen dominiert im Sproß auch hier das Zeatin und dessen Ribosid. Wie bei Sommerweizen sind auch hier im Sproß die Konzentrationen der Cytokinine bei Trockenstress erhöht. Wie dort ist auch bei der Applikation beider Stressoren deren Konzentration dagegen niedriger als in der Kontrolle. Hier ist jedoch auch bei NaCl-Applikation der Cytokiningehalt erhöht. Ähnliche Tendenzen zeigen auch die Analysenwerte der Wurzel. Die durch die Stressoren ausgelösten Verschiebungen im Konzentrationsverhältnis der sechs Cytokinine zueinander können gegenwärtig nicht erklärt werden und würden weitere Untersuchungen erfordern.

Das Konzentrationsniveau von IES (s. Tabelle 32) liegt im Sproß und in der Wurzel im gleichen Bereich und ist durch die Stressoren praktisch nicht beeinflußt. Das gilt auch für die ABA-Konzentration im Sproß, nicht jedoch in der Wurzel. Hier ist deren Konzentration in beiden NaCl-Versuchsgliedern gegenüber der Kontrolle und der Trockenstress-Variante knapp verdreifacht. Da jedoch hier bei beiden Salinitätsversuchsgliedern die gleiche Konzentration der ABA nachweisbar war, sollte dies nicht mit der verstärkten Assimilatzufuhr zur Wurzel des Versuchsgliedes mit beiden Stressoren im Vergleich mit alleiniger Salzapplikation im Zusammenhang stehen.

 


 

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