Fallstudie zur Bedeutung erhöhter Salzkonzentrationen im Beregnungswasser unter den humiden Bedingungen Mitteleuropas
Neumann, K.-H. und B. Pauler
Institut für Pflanzenernährung der Justus-Liebig-Universität Gießen
16.) Beregnung mit aufbereitetem Rheinwasser
Wie bereits erwähnt, standen im Jahre 1991 erstmals auf allen Standorten neben Hydranten zur Entnahme von aufbereitetem Rheinwasser aus der Ringleitung auch Grundwasserbrunnen für die Beregnung zur Verfügung, so daß nun ein Vergleich der beiden Wasserherkünfte durchgeführt werden konnte. Auf allen Standorten mit Ausnahme von Parzelle IX konnten im Jahre 1991 bei Sommerweizen etwa die gleichen Erträge bei Verwendung von aufbereitetem Rheinwasser und von Grundwasser erzielt werden (Tabelle 67, Tabelle 68). Bei Rheinwasser-Verregnung waren auf einzelnen Standorten auch etwas höhere Erträge als bei Grundwasser-Applikation feststellbar. Lediglich auf der Parzelle IX konnte bei der Verwendung von Rheinwasser ein geringfügig niedrigerer Ertrag (ca.8%) als bei Grundwasser ermittelt werden. Ein ähnliches Ergebnis ist auch bei Zuckerrüben festzustellen, wobei nun auf den Parzellen III und IV ein um 4% bzw. um 14 % geringerer Ertrag bei Rheinwasser-Applikation als bei Grundwasser-Verregnung ermittelt wurde (s. Tabelle 67).
Ein ähnliches Bild ergibt sich auch für die beiden Gemüsearten. Während bei Buschbohnen lediglich bei Pflückbohnen, nicht jedoch bei der Samenernte, auf den Parzellen IX (-8%) und I (-22%) bei Rheinwasser-Applikation Mindererträge auftraten, war dies bei Zwiebeln auf den Parzellen III (-20 %) und VII (-15 %) in nennenswertem Umfange festzustellen. Auf diesen beiden Standorten konnten auch, wie oben bereits erwähnt, die höchsten Wirkungen der Beregnung bei Verwendung von Grundwasser erzielt werden. Eine solche Beziehung ist für die anderen Fruchtarten nicht herzustellen, obgleich bei Zuckerrüben auf Parzelle IV mit der höchsten Ertragssteigerung bei Grundwasser-Verregnung und bei Sommerweizen auf der Parzelle IX bei hoher Beregnungswirkung mit Grundwasser Mindererträge bei Rheinwasser-Verwendung auftraten. Für die anderen Parzellen mit geringeren Erträgen bei Rheinwasser-Verregnung konnte keine Beziehung zur Ertragssteigerung bei Verwendung von Grundwasser hergestellt werden. Nach der Besprechung der Ergebnisse der Beregnungswasseranalysen soll auf diese Befunde nochmals zurückgekommen werden.
Das aufbereitete Rheinwasser (Oberflächenwasser) hat während der Beregnungsperiode je nach Jahreszeit bei Austritt aus dem Hydranten eine bis ca. 10 Grad höhere Temperatur als das Grundwasser. Da Temperaturunterschiede in dieser Größenordnung einen Einfluß auf die pflanzliche Entwicklung ausüben können, wurde von uns in verschiedenen Meßreihen die Temperatur der mit Grund- und Rheinwasser beregneten Versuchsglieder in Höhe des Pflanzenbestandes bzw. im Pflanzenbestand verfolgt (Tabelle 69). Wie aus den Daten hervorgeht, treten zumindest bei Zuckerrüben im Pflanzenbestand bei Rheinwasser-Verregnung mit wenigen dieser Systematik folgenden Ausnahmen praktisch die gleichen Temperaturen auf wie bei Grundwasser-Verregnung, so daß demnach diesem Faktor keine Bedeutung zukommen dürfte.
Bei jeder Beregnung wurden Wasserproben entnommen und chemische Analysen durchgeführt (Tabelle 70). Auch wurden bei Rheinrohwasser mehrmals Stichproben vorgenommen. Während der ersten Beregnungsperiode im April lag bei allen Parzellen mit Ausnahme von Parzelle II die Na-Konzentration oberhalb des von uns vorgeschlagenen Grenzwertes von 80 mg.l-1. Bei Chlorid dagegen wurde der Grenzwert von 150 mg.l-1 in diesem Zeitabschnitt nur auf der Parzelle III deutlich überschritten und auf den Parzellen VII und IX gerade erreicht.
Mit Ausnahme der Wasserentnahmen bei den Parzellen III und IX konnten auf den übrigen Standorten Ende August/Anfang September nochmals hohe, den Grenzwert übersteigende Na-Konzentrationen im Beregnungswasser aus der Ringleitung (=aufbereitetes Rheinwasser) festgestellt werden. In diesem Zeitraum wurden sowohl Zuckerrüben als auch die beiden Gemüsearten noch beregnet. Erhöhte Cl-Konzentrationen nahe oder oberhalb des Grenzwertes konnten hier nur im Wasser der Parzellen IV, V und VII ermittelt werden. Bei den übrigen Beregnungsterminen konnten zwar auch auf den einzelnen Standorten z.T. stark unterschiedliche Na- und Cl- Konzentrationen festgestellt werden, jedoch lagen diese unterhalb der Grenzwerte.
Trotz der z.T. sich beträchtlich voneinander unterscheidenden chemischen Zusammensetzung des aufbereiteten Rheinwassers aus der Ringleitung der einzelnen Standorte sind direkte Beziehungen zu den oben angeführten Mindererträgen bei Rheinwasser-Verregnung auf einzelnen Parzellen nicht herzustellen. Jedenfalls zeigen die in keinem Falle den Bereich von 4,0 übersteigenden SAR-Werte, daß nach der USDA-Klassifizierung (s. Abbildung 26) der "Na-Stress" als niedrig zu veranschlagen ist und der "Salzstress", gemessen über die elektrische Leitfähigkeit, allerdings mehrmals in die Kategorie "hoch" einzuordnen wäre (Grenzwert mittel/hoch=750µS). Diese Klassifizierung nach RICHARDS (1954/1969) (s.a. Kap. 12) wird auch heute noch an vielen salinen Standorten in der Welt angewendet. Der dabei abgesteckte Rahmen hat nach unseren Erfahrungen auch im Ried generell Gültigkeit.
Zur weiteren Beurteilung der Frage, wie weit die oben angeführten, auf einigen Standorten auf der Rheinwasser-Variante festgestellten Ertragsminderungen auf die Rheinwasser-Verregnung oder auf unspezifischen Ertragsschwankungen beruhen, die innerhalb der in Feldversuchen üblichen Schwankungsbreite eines Standortes liegen, wurde eine statistische Analyse der bisher für diese Standorte vorliegenden Daten vorgenommen. Dabei wurden zwei verschiedene Formen des Dixon-Tests herangezogen, wobei die für die Zeit zwischen 1981 und 1988 vorliegenden Ertragswerte als Grundgesamtheit für den einzelnen Standort betrachtet und die Erträge von 1991 auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Grundgesamtheit getestet wurden. Nach diesen Tests sind die weiter oben angeführten Ertragsabweichungen mit 1% Irrtumswahrscheinlichkeit zur Grundgesamtheit der jeweiligen Parzelle zuzurechnen und damit nicht auf die Verregnung von Rheinwasser zurückzuführen.
Eine Rücksprache mit dem Labor des Wasserverbandes in Biebesheim ergab, daß die in einem gegebenen Zeitraum auftretenden Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung des Ringleitungswassers bei den einzelnen Parzellen auf unterschiedliche Entnahmeintensitäten zurückzuführen sein sollten. Dadurch wäre es betriebsbedingt möglich, daß in einzelnen Leitungsabschnitten Wasser aus unterschiedlichen Entnahmezeitpunkten vorhanden sei. Die im Laufe einer Woche auftretenden bekannten Schwankungen in der chemischen Zusammensetzung des Rheinwassers könnten für solche Abweichungen auf den verschiedenen Standorten verantwortlich sein (s. z.B. Tabelle 49, Tabelle 70, Tabelle 71).
Nach dem oben angeführten USDA-Klassifizierungsschema (s.Abbildung 26) als "hoch" einzustufen sind auch Leitfähigkeitswerte für das Grundwasser einzelner Parzellen bei verschiedenen Entnahmeterminen. Lediglich bei den Parzellen V, VII und IX konnten bei allen Beregnungswasser-Entnahmen Werte unterhalb der Kategorie "hoch" gemessen werden. Auch im Grundwasser konnten bei den einzelnen Entnahmeterminen zum Teil beträchtliche Schwankungen der chemischen Zusammensetzung festgestellt werden, jedoch lagen die Na- und Cl-Konzentrationen beträchtlich unter den Grenzwerten. Interessant und gegenwärtig nicht zu erklären sind die hohen Nitrat-Konzentrationen im Grundwasser der Parzelle IV, die über dem aktuellen Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 50 mg.l-1 liegen. Im Vergleich zum Rheinwasser sehr hohe Konzentrationen konnten auch für Calcium im Grundwasser bei allen Parzellen ermittelt werden. Auf die Bedeutung hoher Ca-Konzentrationen im Beregnungswasser zur Regeneration Na-belasteter Böden wurde früher bereits hingewiesen.
Im Durchschnitt der Parzellen wurden auch 1992 bei Sommerweizen, Zwiebeln und Buschbohnen bei Rheinwaser-Verregnung annähernd die gleichen Erträge wie in der Kontrolle (Grundwasser) erzielt, bei Zuckerrüben lagen diese bei Rheinwasser geringfügig höher (s. Tabelle 68). Wie schon im Jahre 1991 (s. Tabelle 67) konnten jedoch auch 1992 auf einzelnen Standorten bei Rheinwasser-Verregnung geringere Erträge als bei Grundwasser-Applikation erzielt werden, wobei hier wiederum nur Abweichungen von 10% und mehr herausgestellt werden sollen. Es handelt sich hierbei um die beiden Buschbohnenerträge auf der Parzelle V und den Buschbohnensamen- und Zwiebelertrag der Parzelle IV.