Fallstudie zur Bedeutung erhöhter Salzkonzentrationen im Beregnungswasser unter den humiden Bedingungen Mitteleuropas
Neumann, K.-H. und B. Pauler
Institut für Pflanzenernährung der Justus-Liebig-Universität Gießen
1.) Einleitung
Allgemeine Angaben zur Wasserversorgung im Hessischen Ried
Bei einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von rund 800000 Hektar wurden im Bundesland Hessen in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts ca. 50 000 ha, also etwa 6%, für die Feldberegnung erschlossen. Von diesen Beregnungsflächen liegen über 90% im Hessischen Ried, einem nahe Darmstadt gelegenen, im Norden durch den Main, im Westen durch den Rhein, im Osten durch den Odenwald und im Süden durch den Neckar begrenzten, ackerbaulich intensiv genutzten Gebiet. Dies ist nur eine grobe Abgrenzung, und intensive Feldberegnung ist auch noch in einigen angrenzenden Gebieten wie dem Rodgau oder der Wetterau anzutreffen. Ein weiteres, jedoch kleineres hessisches Beregnungsgebiet befindet sich südöstlich von Offenbach (HERRMANN, 1985).
Das Hessische Ried ist durch eine den anderen hessischen Gebieten gegenüber um ca. 2°C erhöhte Jahresdurchschnittstemperatur von 9.5-10.0°C gekennzeichnet. Dadurch kann die Vegetationszeit um ca. 14 Tage früher als beispielsweise in Gießen beginnen. Weiterhin werden hier die geringsten Jahresniederschläge von Hessen mit 480 -520 mm gemessen, die in einzelnen Jahren auch deutlich unterschritten werden können. Im nur ca. 30 bis 40 km entfernten Odenwald beträgt der Niederschlag dagegen etwa 1000 mm und, durch die hydrogeologischen Bedingungen vorgegeben, ist nur ein langsamer Abfluß des überschüssigen Wassers zum Rhein möglich. Die Folge davon war, daß ursprünglich ein Anstau von oberflächennahem Grundwasser eintrat, woraus eine rheinnahe Sumpflandschaft entstand, das Ried (Reet=Schilf). Nach den Meliorationsarbeiten der Mönche vom Kloster Lorsch im Mittelalter befaßten sich in der neueren Zeit der Rentamtmann Amend und der Oberbaurat Amelung Mitte des vorletzten Jahrhunderts mit Entwässerungsmaßnahmen, und diese kamen, wie auch der Ministerialrat Heyl 1929 (Generalkulturplan für das Hessische Ried) zu der Empfehlung, daß nach Arbeiten zur Entwässerung des Ried auch wieder kontrollierte Maßahmen zur Bewässerung notwendig sein werden (HERRMANN, 1985). Großflächige Entwässerungsarbeiten wurden dann in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts vom Reichsarbeitsdienst durchgeführt. In dem dadurch für die landwirtschaftliche Nutzung erschlossenen Gebiet wurden vier neue Gemarkungen gebildet, Riedrode, Allmendfeld, Hessenaue und Rosengarten. Abgesehen von ersten Beregnungsanlagen, die bereits vor dem ersten Weltkrieg installiert wurden (Staatsdomäne Mönchshof), wurden vor allem in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg von vielen landwirtschaftlichen Betrieben im Ried Beregnungsanlagen mit einer Wasserentnahme aus Flachbrunnen beschafft, so daß in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts dort ein mehr oder weniger geschlossenes Beregnungsgebiet entstand.
Gleichzeitig setzte mit einer verstärkten Grundwasserentnahme zur Versorgung des wirtschaftlich aufstrebenden Rhein/Main-Ballungsraumes in den siebziger Jahren eine Grundwasserabsenkung ein, die in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts nach einigen Trockenjahren mit geringer Grundwasserneubildung einen solchen Umfang annahm, daß die von den Bauern mit dem Schlepper angetriebenen Saugpumpen vielfach nicht mehr in der Lage waren, Beregnungswasser aus dem Grundwasser zu fördern. Zur Absenkung der Saugpumpen in den für sie möglichen Betriebsbereich wurden bis zu 2 m tiefe Gruben, sog. "Schleppergruben" mit Pumpenantrieb durch Ackerschlepper, gegraben.
Schon 1965 kam es zur Gründung des Beregnungsverbandes Hessisches Ried, durch den eine rationelle Nutzung des für die Beregnung verfügbaren Wassers ermöglicht werden sollte, und der der Vorläufer des jetzigen Wasserverbandes Hessisches Ried war. Im Jahre 1977 wurde der Regierungspräsident in Darmstadt durch die hessische Landesregierung beauftragt, "wasserwirtschaftliche Ausgleichsmaßnahmen durch Infiltration von aufbereitetem Rheinwasser zur Grundwasseranreicherung einzuleiten und eine wasserwirtschaftliche Gesamtplanung Hessisches Ried zu erarbeiten" (HERRMANN, 1985).
Als Ergebnis dieser Planungen wurde 1989 das Wasseraufbereitungswerk Biebesheim erstellt, durch das Rheinwasser auf nahezu Trinkwasserqualität aufbereitet wird, und das neben ca. 40 Millionen Kubikmetern für die Infiltration zur Anhebung des Grundwasserspiegels auch 5 Millionen Kubikmeter Wasser über eine Ringleitung zur Beregnung durch teilortsfeste Anlagen von etwa 6000 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, unabhängig vom Witterungsverlauf und der Grundwasserneubildung, zur Verfügung stellen sollte.
Der im Vergleich zu einer niedrigen Mg- und Ca-Konzentration relativ hohe Cl- und Na-Gehalt des Rheinwassers bei der Entnahmestelle des Aufbereitungswerkes in Biebesheim bei Beginn des Untersuchungsprogramms im Jahre 1979 ist das Ergebnis der Abwassereinleitung der elsässischen Kaligruben, die über den Kanal bei Fessenheim bei Breisach in den Rhein geleitet wurden (BUHL et al., 1991; s.a. Tabelle 1). Durch die im Raume Mannheim/Ludwigshafen und im Einzugsgebiet des Neckar angesiedelten Industriegebiete wird die Salzfracht des Rhein weiter angehoben, so daß der Rhein wohl als einer der am stärksten "mineralisierten" Flüsse der Welt zu gelten hatte.