Ali Gerhard Tafazzoli

Klinisch einsetzbare wissensverarbeitende Funktionen in einem onkologischen Informationssystem

Zusammenfassung

Das Ziel dieser Arbeit war es, durch wissensverarbeitende Funktionen eine über das bisherige Maß hinausgehende Entscheidungsunterstützung für Benutzer im Umfeld Klinischer Krebsregister zu erreichen. Hierzu wurde das Gießener Tumordokumentationssystem (GTDS) um eine als Shell für wissensverarbeitende Funktionen bezeichnete Systemumgebung erweitert, die den Aufbau einer Wissensbank aus Medical Logic Modules (MLMs) erlaubt und die Operationalität ihrer Elemente von der Ereigniserkennung bis zur Meldungspräsentation sicherstellt.

Da das GTDS derzeit in erster Linie von Dokumentationsassistenten bedient wird und eine verläßliche Datenqualität eine wichtige Voraussetzung für die Verwendbarkeit der Daten ist, wurden als erste Anwendung wissensverarbeitende Funktionen zur erfassungsnahen Unterstützung bei der Erkennung von Dokumentationsunvollständigkeiten und Inkonsistenzen definiert. Prinzipiell ist die Shell nicht auf ein spezifisches Anwendungsgebiet zugeschnitten. Im Umfeld eines Arztarbeitsplatzes wären beispielsweise Funktionen zum Hinweis auf medizinische Alarmsituationen oder Behandlungsrichtlinien denkbar.

Derzeit umfaßt die Wissensbasis ca. 20 MLMs, von denen jedes die Einhaltung einer Integritätsbedingung überwacht. Neben einigen für das Datenmodell des GTDS spezifischen Prüfungen wurden mit der Methode die vom International Agency for Research on Cancer (IARC) vorgeschlagenen Integritätsprüfungen für epidemiologische Krebsregister [Parkin 1994] realisiert. Diese umfassen Prüfungen zur Sicherstellung der Vollständigkeit der Datensätze, zur korrekten Sequenz zeitlicher Angaben und Konsistenz unterschiedlicher Items (z.B. - besonders interessant wegen des Umfanges des nötigen Fachwissens - zur Vereinbarkeit von Lokalisations- und Histologieangaben).

Seit Mai 1998 wird die Shell für wissensverarbeitende Funktionen mit den genannten MLMs im Tumorzentrum Cottbus eingesetzt. Im Zeitraum bis Ende Oktober wurden dabei knapp 250 Hinweise auf Dateninkonsistenzen und Unvollständigkeiten den vier Dokumentationskräften präsentiert. Knapp 70% der bewerteten Meldungen wurden als "inhaltlich OK" eingestuft. Die positiven Erfahrungen des GTDS-Systemverwalters bzgl. unerwünschter Interaktionen mit dem GTDS sowie des Wissensverwalters hinsichtlich der unproblematischen Pflege der Wissensbank untermauern die klinische Verwendbarkeit der realisierten wissensverarbeitenden Funktionen.

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