Analyse der posttranslationalen Modifikationen von Proteinen in den Mikrofilarienscheiden von Litomosoides sigmodontis
Zusammenfassung
Filariosen sind weit verbreitete Erkrankungen bei Mensch und Tier in den Tropen. Nach Schätzungen der WHO sind derzeit etwa 400 Mio. Menschen infiziert [1]. Auslöser dieser Krankheit sind Nematoden wie Wuchereria bancrofti und Brugia-Arten, die für ihre Vermehrung Arthropoden als Vektoren benutzen.
In der Mikrofilarienscheide von L. sigmodontis sind selektiv die beiden Oberflächen-Polypeptide shp3 und shp3a hochgradig posttranslational mit dem biogenen Amin Dimethylaminoethanol (DMAE) modifiziert [2], welches antidepressive Eigenschaften besitzt.
Das Ergebnis der Bausteinanalysen in den L. sigmodontis-Mikrofilarienscheiden weist mit ca. 6% N-Acetylgalaktosamin, 3% Galaktose und 0.2% Uronsäuren ausschließlich auf O-glykosidisch gebundene Kohlenhydrate hin [4,5]. Zur Untersuchung der Glykosylierung wurden die Kohlenhydrate durch Hydrazinolyse sowie reduktive [beta]-Eliminierung freigesetzt. Die massenspektrometrische Analyse ergab monomeres N-Acetylgalaktosamin und das Disaccharid Gal1-3GalNAc. Zum Unterschied zu gewöhnlichen O-Glykanen sind sie nicht, wie allgemein beobachtet, durch Sialinsäuren, Fucose oder Sulfat terminiert und ähneln dem sog. Tn- bzw. T-Antigen. In Kombination mit MALDI-TOF-MS ergab die Methylierungsanalyse mittels GC/MS ein Trisaccharid mit der ungewöhnlichen Sequenz Gal1-3-Gal1-3-GalNAc. Darüber-hinaus haben vergleichende Analysen vor und nach HF-Behandlung ergeben, dass sieben OH-Gruppen des Trisaccharids mit Phospho-DMAE verestert sind, von denen vier auf der terminalen Galaktose lokalisiert wurden; die drei restlichen Positionen sind nicht eindeutig zuordenbar.
Zur Untersuchung der Filariosen und ihrer Pathogenese im Labor hat sich Litomosoides sigmodontis als Tierfilarien-Art in einem gut charakterisierten Wirtstiermodell bewährt (Nager: Sigmodon hispidus).
Trotz sehr komplexer immunologischer Beobachtungen während des Krankheitsverlaufs beim mit Litomosoides infizierten Wirt, ist jedoch ganz allgemein ein Rückgang der Immunreaktion gegenüber deren Larven, den Mikrofilarien, charakteristisch. Diese sind allseitig von einer Hülle, der Scheide, umgeben, die sie in bislang ungeklärter Weise vor Angriffen des Wirts-Immunsystems schützt. Untersuchungen an anderen Nematodenfamilien deuten auf verschiedene Evasionsmechanismen der Erreger hin, wie z.B. molekulare Mimikry oder chemische Modifikation der Filarienenoberfläche, welche eine modulierende Wirkung auf das Wirts-Immunsystem ausüben. Daher ist die biochemische Analyse der L. sigmodontis- Mikrofilarienscheide zum besseren Verständnis der molekularen Vorgänge bei der Immunevasion von großer Bedeutung.
Mit Hilfe der kernmagnetischen Resonanzspektroskopie (NMR) wurde die Struktur von DMAE als das Fmoc-Derivat ausführlich beschrieben. Insbesondere weist shp3a massenspektrometrisch, per MALDI-TOF-MS, einen Modifikationsanteil von 75% seiner Gesamtmasse auf, bzw. 25% DMAE. Eine Dephosphorylierung mit HF ergab einen Massenverlust von ca. 18 kDa, was 110 Phospho-DMAE-Resten entspricht. Die Modifizierung mit DMAE ist derart charakteristisch, dass es analytisch zur Differenzierung von anderen Scheidenpolypeptiden als Marker dienen kann. Die DMAE-Homologen Cholin und Monomethylaminoethanol (MMAE) wurden lediglich in Spuren detektiert. Des weiteren lassen sich shp3 und shp3a, im Gegensatz zu anderen Scheidenproteinen, in der SDS-PAGE mit Stains-All® individuell färben, was auf polyanionische Eigenschaften hinweist [3].
Durch die chemische Synthese von an Rinderinsulin und -serumalbumin gekoppeltem Phospho-DMAE als Hapten standen Produkte für die Gewinnung von Antikörpern sowie für den Einsatz in histochemischen Experimenten zur Verfügung.
Kontakt: geb@bibsys.uni-giessen.de, 11.03.2003
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