Vergleich ausgewählter Blutparameter zur Eignung in der Diagnostik entzündlicher Erkrankungen beim Pferd
Zusammenfassung
Ziel der hier vorliegenden Untersuchung war es zu ermitteln, ob und wenn ja welche Blutparameter bei Untersuchung einer einzelnen Blutprobe am besten geeignet sind, einen Hinweis auf einen entzündlichen Prozess, unabhängig von der Dauer der bestehenden Erkrankung, zu geben.
Als Schlussfolgerungen ergeben sich aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit:
1. bei dem Verdacht einer entzündlichen Veränderung beim Pferd sollte die Bestimmung der Fibrinogenkonzentration in die Routineblutuntersuchung einbezogen werden,
2. die Bestimmung der Gesamteiweißkonzentration sollte immer durch die Bestimmung der Albuminkonzentration ergänzt werden,
3. Konzentrationen von GE und Albumin sollten nicht in tiefgekühlt gelagerten Proben bestimmt werden,
4. die Bestimmung der Blutsenkungsreaktion ist beim Pferd zumindest mit der hier gewählten Methodik wertlos.
Untersucht wurden die Parameter Blutsenkungsreaktion (BSR), Leukozytengesamtzahl, Differentialblutzellbild, Gesamteiweiß, Albumin, Globuline, Fibrinogen und Serumproteinelektrophorese (SPE). Die Blutproben stammten von Pferden, die aufgrund klinischer Untersuchungen in 3 Gruppen eingeteilt wurden: Gruppe 1 waren klinisch unauffällige Patienten (n=300), Gruppe 2 enthielt Patienten mit klinisch bestätigter Entzündung (n=107) und in Gruppe 3 (n=93) wurden Pferde mit chronisch obstruktiver Bronchitis (COB) zusammengefasst.
Die BSR ist nach Literaturangaben durch die beim Pferd physiologisch beschleunigte Senkung und den Einfluss z.B. von Rasse und Hämatokrit in der Diagnostik entzündlicher Erkrankungen nur bedingt einzusetzen. In der hier vorliegenden Untersuchung konnten keine diagnostisch verwertbaren Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt werden. Der beschriebene Einfluss der Rasse war nicht nachzuweisen.
Die Ergebnisse der Leukozytengesamtzahl und des Differentialblutzellbildes zeigten bei Untersuchung in einer Einzelprobe keine relevanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Werden Leukozytenzahlen >12x109/l als sicheres Zeichen für das Vorliegen einer Entzündung gedeutet, ergibt die Untersuchung bei 52% der Patienten der Gruppe 2 ein falsch negatives Ergebnis. Die eigenen Untersuchungen bestätigen des Weiteren Angaben in der Literatur, dass beim Pferd deutlich weniger umfangreiche entzündlich bedingte Reaktionen der Leukozyten auftreten als z.B. bei Karnivoren.
Anhand eines Lagerungsversuches konnte nachgewiesen werden, dass die Bestimmung der Blutkonzentrationen von Gesamteiweiß und Albumin aus tiefgefrorenen Serum-proben unzuverlässig ist. Ursachen für die abweichenden Ergebnisse vor bzw. nach Einfrieren sollten im Rahmen einer weiteren Untersuchung geklärt werden.
Die Messung der Protein-konzentrationen erfolgte im Rahmen der eigenen Untersuchung innerhalb weniger Stunden nach Blutentnahme. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die in der Literatur beschriebenen entzündlich bedingten Dysproteinämien mit Ver-minderung der Albumin- und Erhöhung der Globulinkonzentration lediglich bei 45% der Pferde der Gruppe 2 nachzuweisen waren. Gleichwohl lag der Mittelwert der Albumin-konzentration der Gruppe 2 hoch signifikant unter dem Mittelwert der Gruppe 1.
Ein eindeutiger Nachweis, welche Globulinfraktion die Erhöhung der Gesamtglobuline verursacht, kann nur durch die SPE erbracht werden. So wurde bei Gruppe 2 eine hoch signifikante durchschnittliche Erhöhung sowohl der a- als auch der b-Globuline ermittelt. Durch die Unterschiede bei der Einteilung der Fraktionen anhand des Elektropherogramms ist ein Vergleich von Referenzwertangaben innerhalb der Literatur und mit den eigenen Werten nicht möglich. Angaben verschiedener Autoren, wonach im Verlauf der Entzündung zunächst die a- und bei zunehmender Chronizität die b- und letztendlich auch die g-Globuline ansteigen, konnten wegen des hier gewählten Untersuchungsaufbaus nicht bestätigt werden.
Aufgrund von Verlaufsuntersuchungen wurde von verschiedenen Autoren gefolgert, dass das Fibrinogen beim Pferd ein Akut-Phase-Protein (APP) darstellt. Die Bestimmung der Fibrinogenkonzentration erwies sich in der eigenen Untersuchung auch bei Messung einer Einzelprobe zur Erkennung eines entzündlichen Prozesses als sehr hilfreich. Der Mittelwert der Gruppe 2 (4,03 g/l) lag trotz des relativ hohen Streufaktors von 1,52 statistisch hoch signifikant über dem der Gruppe 1 (2,52 g/l; SF 1,31) und auch dem Referenzbereich von 1,5-3,5 g/l. Gleichwohl führt die alleinige Bestimmung des Fibrinogens bei 40% der Patienten der Gruppe 2 zu einem falsch negativen Ergebnis. Werden jedoch Gesamt-leukozytenzahl und Fibrinogen gemeinsam betrachtet, sinkt die Gefahr eines falsch negativen Ergebnisses auf rund 20%.
Die Literaturauswertung zeigte, dass in Zukunft nach Etablierung einer geeigneten Messmethode möglicherweise auch das APP Serum Amyloid A (SAA) in der Diagnostik entzündlicher Erkrankungen beim Pferd wichtige Hinweise auf Schwere und bestehende Dauer des Prozesses geben kann. Es fehlen jedoch noch Untersuchungen mit umfangreichem Patientengut. Die bisher verfügbaren Ergebnisse stammen überwiegend aus experimentellen Studien. Interessant und sinnvoll wären insbesondere vergleichende Studien bezüglich der Reaktionen von Gesamtleukozyten, Fibrinogen und SAA im Verlauf eines entzündlichen Prozesses. Möglicherweise könnte die Anzahl falsch negativer Ergebnisse noch deutlicher reduziert werden.
Nach den Ergebnissen der eigenen Untersuchungen bestanden keine klinisch relevanten Unterschiede in den genannten Parametern zwischen Gruppe 1 und 3. Daher sind diese Blutuntersuchungen nicht geeignet, die Diagnose der COB zu bestätigen.
Kontakt: geb@bibsys.uni-giessen.de, 11.03.2003
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