Einfluss der Umladung beim Abbremsen von Schwerionen im Energiebereich (100 - 1000) MeV/u
Zusammenfassung
In dieser Arbeit wurde der Energieverlust und die Umladung relativistischer Bismut-, Blei- und Goldionen in Materie im
Bereich von 100 MeV/u bis 1000 MeV/u untersucht.
Die Experimente wurden mit dem Magnetspektrometer FRS der
Gesellschaft für Schwerionenforschung durchgeführt. In mehreren
Strahlzeiten wurden atomare Umladungsquerschnitte,
Gleichgewichtsladungsverteilungen, Stopping-Power-Werte und die
Energieverluststreuung in Festkörpern gemessen. Dazu wurde der
FRS in verschiedenen ionenoptischen Einstellungen eingesetzt und
die genannten atomaren Wechselwirkungen in unterschiedlichen
Materialien von Beryllium bis Blei (Z = 4 - 82) untersucht.
Ein Hauptziel war die Ladungsabhängigkeit der Stopping-Power
präzise zu vermessen. Es konnte erstmals gezeigt werden, dass
mit einem Modell basierend auf der genauen Kenntnis der
Ladungsverteilung in Kombination mit der LS-Theorie
[1]
die Beschreibung der Stopping-Power mit einer Genauigkeit von
1% möglich ist [2].
Da somit die Energieverluste auf einer sicheren Grundlage stehen und
die Umladungsquerschnitte aus Theorie und den durchgeführten Messungen
hinreichend gut bekannt waren,
war es zum ersten Mal möglich, genau zwischen den Beiträgen
des Umladungs-Straggling und des Kollisions-Straggling zur
Energieverluststreuung zu unterscheiden. Dabei stellte sich heraus,
dass das Umladungs-Straggling in Targetmaterialien mit niedriger
Ordnungszahl zu einer drastischen Verbreiterung der
Energieverteilung führt [3].
Die experimentellen Ergebnisse zum Umladungs-Straggling konnten auch
mit einem Simulationsprogramm bestätigt werden. Diese Rechnungen
erlauben zusätzlich Rückschlüsse auf die Rolle der unvollständigen
Abschirmung der Projektile in nahen Stößen. Eine solche
Untersuchung ist für Schwerionen ein neuer Zugang,
da mit dem Umladungs-Straggling direkt die Differenzen der partiellen
Stopping-Power gemessen werden.
Somit liefert diese Analyse die Bausteine für eine notwendige
Erweiterung der LS-Theorie.
Die Genauigkeit der Messungen erlaubt sogar das dritte statistische
Moment der Energieverlustverteilung zu bestimmen. Die dabei
erstmals festgestellte Asymmetrie durch das Umladungs-Straggling basiert
auf den großen freien Weglängen im untersuchten Energie- und
Targetbereich.
Die neuen Resultate aus dieser Arbeit zur atomaren Wechselwirkung
von relativistischen Schwerionen haben direkte
Anwendung bei der Separation von exotischen Nukliden, die durch
Fragmentation oder Spaltung im Flug erzeugt werden. Wie in dieser Arbeit
gezeigt wurde, ist die Auflösung eines Separators, der nach dem
B - E - B
Prinzip arbeitet, vor allem durch die
Streuung des Energieverlustes in Materie bestimmt.
Kontakt: geb@bibsys.uni-giessen.de, 11.03.2003
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