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Johannes Herrmann

Liberia: Bürgerkrieg und regionale Krisenlösung

Zusammenfassung

Der Bürgerkrieg in Liberia in den 90er Jahren wird als exemplarisch für Krisen in afrikanischen Entwicklungsländern betrachtet. Verschiedenste Akteure von der lokalen (Warlords) über die nationale Ebene und regionale Organisationen wie den westafrikanischen Wirtschaftsverband und die OAU bis hin zu den Vereinten Nationen waren auf verschiedene Weisen in das Konfliktgeschehen involviert.

Die vorliegende Arbeit behandelt zunächst nach einer kurzen Darstellung der geschichtlichen Hintergründe Liberias die Krisenursachen in systematischer Weise. Dabei finden besondere Berücksichtigung (1) die Frage, ob der Konflikt in Liberia auch als ethnischer Konflikt verstanden werden kann. Obwohl ethnische Fragen im Verlauf des Bürgerkrieges thematisiert und auch von einzelnen Warlords ausgenutzt wurden, spielen sie für die Konfliktgenese eindeutig eine sehr untergeordnete Rolle. Entscheidender erwiesen sich ökonomische Faktoren wie (2) die Weltmarktabhängigkeit der liberianischen Ökonomie, die eine "typisch afrikanische" rohstoffexportierende Wirtschaft darstellt und ursächlich eng verbunden ist mit (3) der Verschuldungskrise, die in Liberia dramatische Ausmaße erreichte und eine (4) strukturelle Schwäche des Staates teils mit begünstigte, teils aber auch durch sie verschärft wurde. Hier werden besonders die klientelistischen Strukturen der Staatsorganisation behandelt. Ein besonderes Problem, das von mitentscheidender Bedeutung für Entstehung und Zuspitzung der Staatskrise der 80er Jahre wurde und für das Ausbrechen des Krieges mitverantwortlich zu machen ist, liegt in (5) der Rolle Liberias im Ost-West-Konflikt. Nach einer Stützung der liberianischen Diktatur während des Kalten Krieges durch das westliche Lager verlor dieses nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion das Interesse an weitere Investitionen in den Status quo vieler Entwicklungsländer, da die Gefahr des Überwechselns ins andere Lager nicht mehr gegeben war, was speziell die liberianische Diktatur Samuel Does entscheidend schwächte.

Nach diesem analytischen ersten Teil behandelt die Arbeit deskriptiv den Ablauf des Bürgerkriegs von seiner Entstehung bis zu seiner Beilegung. Dabei finden die verschiedenen Konfliktparteien, die nach und nach ins Kriegsgeschehen hineingezogen wurden, und ihre besonderen Rollen Berücksichtigung. Die verschiedenen Versuche, den Bürgerkrieg durch Vermittlung und Intervention beizulegen, werden beschrieben. Die Arbeit endet mit einer Bewertung des letztlichen Erfolgs der Friedensbemühungen, die ironischerweise den Warlord, der für den Ausbruch des Bürgerkrieges die Hauptverantwortung trägt, an die Macht brachte.

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Kontakt: geb@bibsys.uni-giessen.de, 11.03.2003