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Tanja Silvia Stucke

Die Schattenseiten eines positiven Selbstbildes: Selbstwert, Selbstkonzeptklarheit und Narzißmus als Prädiktoren für negative Emotionen und Aggression nach Selbstwertbedrohungen

Zusammenfassung

Ziel der Dissertation war es, den Zusammenhang zwischen Selbstkonzept, negativen Emotionen und aggressivem Verhalten zu untersuchen. Als theoretische Grundlage hierfür diente ein von Baumeister, Smart und Boden (1996) aufgestelltes Modell, welches einen Zusammenhang zwischen überhöhtem instabilem Selbstwert und Aggression nach einer Selbstwertbedrohung postuliert. Es wurden 3 Laborexperimente und eine Fragebogenstudie durchgeführt, in denen als Prädiktoren Trait-Selbstwert, Narzißmus und Selbstkonzeptklarheit und als abhängige Maße expliziter und impliziter Ärger, verbale Aggression, Depression, aggressives Fahrverhalten und Regelverstöße im Straßenverkehr untersucht wurden. Als Operationalisierung für eine Selbstwertbedrohung bekamen die Versuchspersonen in den 3 Laborexperimenten fingiertes Leistungsfeedback bei einem Intelligenztest.
Im ersten Experiment (N = 60) widersprachen die Befunde den theoretischen Vorhersagen, da sich Personen mit hohem und niedrigem Trait-Selbstwert bezüglich der abhängigen Aggressionsmaße entweder gar nicht unterschieden, oder aber Personen mit niedrigem und nicht mit hohem Trait-Selbstwert mehr Ärger und Aggression zeigten.
In Experiment 2 (N = 80) und 3 (N = 80) wurde der Selbstwertfragebogen durch einen Narzißmus-Fragebogen als möglicherweise besseres Maß für überhöhten Selbstwert ersetzt. Um außerdem die im Modell als Prädisposition angenommene Instabilität des Selbstwertes zu operationalisieren, wurde ein Fragebogen zur Selbstkonzeptklarheit eingesetzt. Es zeigte sich erwartungsgemäß, daß hoch narzißtische Personen mit geringer Selbstkonzeptklarheit nach Mißerfolg den größten expliziten Ärger und die größte verbale Aggression aufwiesen. Außerdem zeigten niedrig narzißtische Personen mit hoher Selbstkonzeptklarheit die stärksten depressiven Gefühle nach Mißerfolg. Trait-Aggression, State-Selbstwert und die persönliche Wichtigkeit intellektueller Fähigkeiten hatten keinen mediierenden Einfluß auf die Ergebnisse. Bezüglich der Attributionen für die Testleistung wurden die theoretischen Erwartungen bestätigt, da hoch narzißtische Personen Mißerfolg mehrheitlich auf die Schwierigkeit des Tests und Erfolg auf die eigenen Fähigkeiten attribuierten, während niedrig narzißtische Personen Mißerfolg mangelnden Fähigkeiten und Erfolg hoher Anstrengung zuschrieben. Eine internale Attribution für Mißerfolg stand außerdem in Zusammenhang mit implizitem Ärger und Depression, während eine externale Attribution nach Mißerfolg mit explizitem Ärger und Aggression einherging.
Ziel der Fragebogenstudie (N = 73) war es, das theoretische Modell von Baumeister et al. (1996) in dem Bereich des aggressiven Fahrverhaltens zu überprüfen. Die theoretischen Vorhersagen konnten hier nur teilweise bestätigt werden. Der größte Ärger beim Autofahren und die meisten Punkte in Flensburg waren bei hoch narzißtischen Personen mit geringer Selbstkonzeptklarheit zu verzeichnen, Selbstkonzeptklarheit stand in negativem Zusammenhang mit dem Ausleben von Überlegenheitsgefühlen beim Autofahren und Narzißmus in positivem Zusammenhang mit Regelverstößen im Straßenverkehr.
Das theoretische Modell fand in weiten Teilen Bestätigung und konnte durch attributionstheoretische Annahmen ergänzt werden.

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Kontakt: geb@bibsys.uni-giessen.de, 11.03.2003