Untersuchungen zum Vorkommen von Wachstumsfaktoren (aFGF, bFGF, TGF-[alpha]) und deren Rezeptoren (FGF-R, EGF-R) in der Plazenta des Rindes
Zusammenfassung
Ziel dieser Untersuchung war es, die Expression und Verteilung der Wachstumsfaktoren aFGF, bFGF, TGF-[alpha] und ihrer Rezeptoren FGF-Rezeptor und EGF-Rezeptor in Plazentomen von Rindern in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Gravidität sowie der Geburt zu erfassen. Plazentome wurden von jeweils drei 150, 220, 240 und 270 Tage tragenden Kühen, sowie von drei Geburtstieren, bei denen eine Sectio caesarea durchgeführt worden war, gewonnen, formalinfixiert und paraffineingebettet.
Die eingesetzten immunhistochemischen Nachweisverfahren unter Verwendung von biotinylierten Sekundärantikörpern und der ABC-Methode erwiesen sich bei Auswahl geeigneter Reagenzien und Versuchsprotokolle zum Nachweis von aFGF, bFGF, FGF-Rezeptor und EGF-Rezeptor als geeignet. Dabei mußten, um unspezifische Färbereaktionen eindeutig von spezifischen Reaktionen abgrenzen zu können, bei jedem Versuch geeignete Positiv- bzw. Negativkontrollen (Isotypenkontrollen der Antikörper, Einsatz von definierten Positiv- bzw. Negativkontrollen) herangezogen werden. Um weiterhin Einflüsse auf den Ablauf der immunhistochemischen Nachweisreaktion und deren Bewertung so gering wie möglich zu halten, wurden alle Versuche unter gleichen Rahmenbedingungen von einer Person durchgeführt. Ein geeignetes Versuchsprotokoll zum spezifischen Nachweis von TGF-[alpha] konnte nicht entwickelt werden.
Der Wachstumsfaktor aFGF konnte unabhängig vom Trächtigkeitsstadium bei weitgehend einheitlichem Färbemuster in allen untersuchten Präparaten in allen Zellpopulationen nachgewiesen werden. Die Funktion von aFGF im Plazentom wird daher weniger im Hinblick auf seine mitogenen Wirkungen, sondern eher im Zusammenhang mit seinen nicht-mitogenen Wirkungen (zelluläre Differenzierung, Beeinflussung des zellulären Stoffwechsels und der Zellmigration) gesehen.
Auch der Wachstumsfaktor bFGF konnte mit Hilfe von zwei verschiedenen Antikörpern in den untersuchten Plazentomen zweifelsfrei nachgewiesen werden, wobei sich die Reaktionsmuster der eingesetzten Antikörper hauptsächlich durch ihre Reaktionen in den epithelialen Anteilen unterschieden. Während bei beiden Antikörpern die Stromaanteile in allen untersuchten Stadien schwache bis intensive nukleäre Signale zeigten, reagierte der monoklonale Antikörper in den epithelialen Anteilen überwiegend zytosolisch, der polyklonale Antikörper zeigte dagegen neben schwachen zytosolischen Signalen auch schwache bis intensive nukleäre Reaktionen. Auffallend ist die Reduktion der Immunreaktion am Tag 220, die bei beiden Antikörpern zu beobachten war. Die Reaktionen des Stromas werden im direktem Zusammenhang mit proliferativen Prozessen und der Förderung der Angiogenese gesehen, während die epithelialen Reaktionen mehr als Ausdruck nicht-mitogener Wirkungen (Differenzierung, Modulation der Proteinbiosynthese und -sekretion) des bFGF interpretiert werden. Die unterschiedlichen Reaktionen der eingesetzten Antikörper können durch das Erkennen unterschiedlicher bFGF-Isoformen erklärt werden.
Auch die Expression eines Wachstumsfaktor-Rezeptors FGF-R in den Rinderplazentomen konnte in der vorliegenden Studie gezeigt werden, wobei die Signalintensität und Signalausbreitung in Abhängigkeit vom Trächtigkeitsstadium variierten. Das maternale Stroma zeigte ein schwaches bis intensives Signal der äußeren Zellmembran bzw. des Zytosols der Stromazellen, wobei an den Tagen 220, 240 und unter der Geburt die Anzahl der betroffenen Zellen höher war als an den Tagen 150 und 270. Alle untersuchten Stadien zeigten im fetalen Stroma ein nukleäres und perinukleäres Signal, welches am Tag 150 sehr schwach bis schwach war, mit zunehmender Trächtigkeit stärker wurde und ab Tag 240 bis zur Geburt schwach bis deutlich ausgeprägt war. Das Karunkelepithel wies ein schwaches zytosolisches und überlappend schwaches nukleäres Signal auf, welches an Tag 240 in vielen Zellen und an Tag 270 nur noch in einigen Zellen nachweisbar war, wobei in den Präparaten auch vollständig negative Regionen auffielen. Die beiden Zelltypen des Trophoblasten (BNC und Uninukleäre) reagierten einheitlich mit einem parazellulären und membranständigen bzw. zytosolischen Signal, welches an den Tagen 150, 220, 270 in vielen Zellen, an Tag 240 und unter der Geburt in nahezu allen Zellen auftrat. An Tag 220 fiel zusätzlich ein schwaches nukleäres Signal einzelner Zellen auf, hier waren die Signale besonders in der Nähe großer Stromastraßen zu finden. Eine Differenzierung zwischen FGF-Rezeptor 1 und FGF-Rezeptor 2 war allerdings nicht möglich.
Ebenso konnte die Expression des Wachstumsfaktor-Rezeptors EGF-R nachgewiesen werden, wobei das immunhistologische Signal weitestgehend auf die epithelialen Plazentomanteile beschränkt war. Die Signalintensität und -ausbreitung variierte dabei nicht nur in Abhängigkeit vom Trächtigkeitsstadium, sondern zeigte auch große Schwankungen zwischen den Tieren des gleichen Stadiums. Letztere spiegeln möglicherweise unterschiedliche Ligandkonzentrationen in den jeweiligen Präparaten wider. Der Verlust des Signals unter der Geburt erklärt sich aus der fortschreitenden Degeneration des maternalen Karunkelepithels; der Verlust der Signalintensität am Tag 220 entspricht den Beobachtungen bei bFGF.
Zusammenfassend ergibt sich, daß die Wachstumsfaktoren aFGF und bFGF sowie die Wachstumsfaktor-Rezeptoren FGF-R und EGF-R in der zweiten Hälfte der Gravidität und/oder unter der Geburt in den Plazentomen von Rindern exprimiert werden. Damit kann die Bedeutung dieser Faktoren für die Entwicklung und Funktion der Rinderplazenta als belegt angesehen werden.
Kontakt: geb@bibsys.uni-giessen.de, 11.03.2003
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