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Hendrike Stephan

Einfluß fünf verschiedener nicht-genotoxischer Karzinogene auf das Wachstum spontan entstandener präneoplastischer Herde in der Leber alter Wistar Ratten

Zusammenfassung

1. Der Einfluß fünf verschiedener nicht-genotoxischer Karzinogene auf das Wachstum spontan entstandener präneoplastischer Herde (FAH = "foci of altered hepatocytes") in der Leber ca. 2 Jahre alter Wistar Ratten wurde untersucht. Die verwendeten nicht-genotoxischen Karzinogene stellen bekannte, über verschiedene Mechanismen wirkende Lebertumor-Promotoren dar: Phenobarbital, Chloroform, Wyeth-14,643, Ethinylestradiol und PCB 126. Die Lebertumor-Promotoren wurden in karzinogener Dosis über 1, 4 und 13 Wochen verabreicht. Daneben wurde die Auswirkung der Substanzapplikation auf die extrafokale Proliferation analysiert.

2. Als Meßparameter für die Quantifizierung des Wachstums der FAH dienten die Anzahl pro cm2 Leberfläche, die durchschnittliche Größe (Zellzahl/FAH-Querschnitt), die Zellproliferationsrate (Labelling-Index) und der Apoptose-Index unter Berücksichtigung der verschiedenen FAH-Typen. Die Messung der extrafokalen Proliferation wurde nach der LZM ("lobule dependent zonal measurement")-Methode (BAHNEMANN und MELLERT, 1997) durchgeführt.

3. Die Identifizierung und Klassifizierung der FAH erfolgte anhand morphologischer Kriterien in der HE-Färbung in Kombination mit dem immunhistologischen Nachweis der GST-P-Expression. Der Labelling-Index wurde durch immunhistochemischen Nachweis von in die DNA der Leberzellkerne eingebauten BrdU ermittelt. BrdU wurde über eine subkutane Minipumpe 7 Tage lang appliziert. Der Apoptose-Index wurde durch Zählung der apoptotischen Körperchen in der HE-Färbung bestimmt.

4. Die Prävalenz von FAH lag in allen Gruppen bei 100 %. Bei den drei Kontrollgruppen waren 84 % bis 89 % der gefundenen FAH CCF. Der Anteil an BCF und NAH betrug 4 % bis 8 %.

5. Eine statistisch gesicherte Promotionswirkung der Substanzen in Form einer Steigerung der Gesamt-FAH-Anzahl/cm2 wurde nur für Ethinylestradiol deutlich. Bei differenzierter Betrachtung der verschiedenen FAH-Typen äußerten sich die promovierenden Eigenschaften in der Erhöhung der Anzahl bestimmter FAH-Typen pro cm2 Leberfläche (Phenobarbital und PCB 126: ECF, Wyeth-14,643: BCF, Ethinylestradiol: BCF und MCF). Damit wurden in alten Ratten durch Phenobarbital, Wyeth-14,643 und PCB 126 die auch in Initiations-Promotions-Protokollen beschriebenen FAH-Typen promoviert.

6. Den deutlichsten Hinweis auf die Promotionswirkung der Substanzen erbrachte im Vergleich zu den anderen Parametern die Steigerung des LI innerhalb der FAH. Alle Substanzen bis auf PCB 126 verursachten einen initialen transienten Anstieg des LI in CCF (Wyeth-14,643: 7,8-fach, Ethinylestradiol: 4,6-fach, Chloroform: 3-fach, Phenobarbital: 1,9-fach) mit nachfolgendem Abfall. Unter der Chloroform-, Wyeth-14,643- und Ethinylestradiol-Behandlung konnte eine dauerhafte Steigerung des LI in CCF ermittelt werden. BCF wiesen als FAH-Typ mit einem höheren Potential zur malignen Transformation nach der einwöchigen Verabreichung der Substanzen (bis auf Phenobarbital) einen höheren LI auf als CCF.

7. Der LI innerhalb von FAH (mit Ausnahme von NAH) lag immer über dem des extrafokalen Lebergewebes. Dabei zeigte der Verlauf des LI während der Applikation in CCF immer, in den anderen FAH-Typen meist in der Tendenz Parallelen zwischen FAH und dem extrafokalen Lebergewebe. Die fokalen Hepatozyten schienen nach Phenobarbital-Applikation in gleichem Maße, nach Ethinylestradiol- und 13wöchiger PCB-126-Verabreichung stärker, nach Chloroform und Wyeth-14,643-Gabe geringer als die extrafokalen Hepatozyten auf die zellproliferationssteigernden Eigenschaften der Substanzen zu reagieren.

8. Die Inhibition der Apoptose in FAH als Mechanismus der Promotion konnte in keiner Gruppe nachvollzogen werden.

9. Die fünf Substanzen riefen unterschiedliche Proliferationsmuster im extrafokalen Lebergewebe hervor. Der Zusammenhang zwischen Hauptproliferationszone des extrafokalen Lebergewebes und der Lokalisation der FAH innerhalb des Leberläppchens bei vier der fünf Substanzen spricht für einen Einfluß der extrafokalen Proliferation auf die Promotion von FAH.

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Kontakt: geb@bibsys.uni-giessen.de, 11.03.2003