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Katja Klein

Ultraschallscreening der Nieren und des Harntraktes bei Neugeborenen

Zusammenfassung

Im Neugeborenenalter sind Harntransportstörungen (HTS) und Nierenanomalien meist asymptomatisch. Unerkannte obstruktive Uropathien können jedoch im Laufe der Entwicklung schwere Schädigungen des Nierenparenchyms verursachen.

Fragestellung: Wie hoch ist die Inzidenz von Harntransportstörungen und Nieren- bzw. Harnwegsfehlbildungen im Neugeborenenkollektiv der Universitätsfrauenklinik Gießen der Jahre 1985-1994? Welche möglichen Beziehungen bestehen zwischen geburtshilflichen Parametern bzw. Risikofaktoren und dem Auftreten von Nieren- und Harnwegsbefunden?

Methode: Insgesamt wurden 11887 Neugeborene (von 12961 Geburten) der Jahre 1985-1994 der Universitäts-Frauenklinik Giessen im Rahmen des Neugeborenenscreenings (Hüfte/Niere/Hirn) zwischen dem 3. und 10.Lebenstag in einer standardisierten Vorgehensweise sonographiert. Diese schriftlich und bildlich dokumentierten Befunde wurden retrospektiv anhand morphologischer und morphometrischer Kriterien ausgewertet und bezüglich geburtshilflicher Parameter untersucht. Zur Objektivierung der Dilatation des renalen Pyelons wurde eine quantitative Einteilung in vier verschiedene Grade erstellt (HTS I.°: <= 5 mm, HTS II.°: >= 6 mm, HTS III.°: Dilatation bis in das Nierenbeckenkelchsystem, HTS IV.°: Hydronephrose, d. h. parenchymlose Sackniere).

Ergebnisse: Es konnten insgesamt 751 Neugeborene (6,3%) mit Nierenveränderungen selektiert werden. Davon zeigten 570 Neugeborene (4,8%) Harntransportstörungen unterschiedlichen Ausprägungsgrades (HTS I.-IV.°). 71,8% (n=409) betrafen das männliche, 28,2% (n=161) das weibliche Geschlecht (p<<0,001). Frühgeborene waren prozentual häufiger von Harntransportstörungen betroffen (p=0,01), ebenso Kinder aus Mehrlingsschwangerschaften (p<<0,001). Teilweise kombiniert mit Harntransportstörungen zeigten sich verschiedene Nierenlage- und Nierenparenchymanomalien (Doppelnieren, Nephrokalzinosen, Hufeisennieren, Beckennieren, multizystisch und polyzystisch dysplastische Nieren).

Schlussfolgerung: Das sonographische Nierenscreening hat als nichtinvasives, kostengünstiges Verfahren einen hohen diagnostischen Stellenwert in der Detektion von obstruktiven Uropathien und renalen Dysplasien in der Neugeborenenperiode. Weiterführende bildgebende Diagnostik, interventionelle Maßnahmen bei Harntransportstörungen oder definitive operative Korrekturen können so frühzeitig geplant werden.

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