Untersuchungen zur Rolle lokaler Zytokininduktion und deren nachgeschalteter Signale bei der Fieberreaktion des Meerschweinchens (Cavia aperea porcellus)
Zusammenfassung
Es wurde beim Meerschweinchen (Cavia aperea porcellus) ein Experimentalmodell einer lokalisierten subkutanen Entzündungsreaktion mittels einer subkutan implantierten Kammer etabliert. In diese Kammer wurden über einen Katheter inflammatorische Substanzen (bakterielles Lipopolysaccharid, LPS) injiziert und Lavageproben zur Analyse gesammelt. Die durch LPS-Injektion in die subkutane Kammer induzierbare Fieberreaktion wurde unter dem Einfluss des Lokalanästhetikums Ropivacain untersucht. Das Ropivacain wurde in Kombination mit einer LPS-Dosis von 100 µg/kg bzw. von 10 µg/kg in die subkutane Kammer appliziert, wobei das Lokalanästhetikum 30 min. früher als das LPS injiziert wurde. Die eingesetzte Ropivacain-Dosis betrug 10 mg/kg. Das durch 100 µg/kg LPS induzierte Fieber wurde durch die Vorabinjektion von Ropivacain nicht beeinflusst. In der Lavage, welche nach der LPS-Gabe aus der Kammer gewonnen wurde, konnten große Mengen an bioaktivem Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) und Interleukin6 (IL6) bestimmt werden. Vergleichsweise niedrige Konzentrationen (0,5 – 4 % der jeweiligen Lavagekonzentration) beider Zytokine konnten zu denselben Zeitpunkten im Blutplasma gemessen werden. Das durch eine LPS-Dosis von 10 µg/kg induzierte Fieber konnte durch die Vorbehandlung mit dem Lokalanästhetikum auf bis zur 60 % des Fiebers reduziert werden, welches ansonsten bei Applikation dieser LPS-Dosis alleine auftreten würde. Die durch die niedrige LPS-Dosis induzierten Zytokinlevel waren gegenüber den durch die hohe LPS-Dosis induzierten Level signifikant erniedrigt. Das im Blutplasma gemessene TNF lag sogar unterhalb der Nachweisgrenze. Wurde das Ropivacain nicht in die subkutane Kammer, sondern auf die contralaterale Seite subkutan in die Regio femoralis appliziert, konnte keine signifikante Reduzierung der Fieberantwort beobachtet werden. Durch diesen Kontrollversuch konnte ausgeschlossen werden, dass die Fieberreduktion auf einer systemischen Wirkung des Lokalanästhetikums beruhte. Diese Ergebnisse belegen eine Beteiligung von afferenten neuronalen Signalen an der Fieberentstehung in diesem Modell. Dieser Effekt ist allerdings nur dann zu beobachten, wenn der gesetzte inflammatorische Stimulus (LPS) nicht so hoch ist, dass eine systemische generalisierte Antwort auf diesen Reiz erfolgt. Desweiteren wurde die Rolle von anderen möglichen endogenen Fiebermediatoren (TNF, Prostaglandine und NO) in dem eingesetzten Fiebermodell untersucht. Hier wurde entweder ein neutralisierendes TNF-Bindungsprotein, ein kompetitiver Hemmstoff der NO-Synthase (L-NAME) oder aber ein Hemmstoff der Prostaglandinbiosynthese (Diclofenac) verwendet. Die Substanzen wurden bei diesen Versuchen wiederum zusammen mit der hohen bzw. niedrigen LPS-Dosis in die subkutane Kammer appliziert. In den Kontrollgruppen erhielten die Tiere entweder eine LPS-Dosis von 100 µg/kg bzw. 10 µg/kg, oder aber sie bekamen 0,9 % NaCl-Lösung in die subkutane Kammer injiziert. Durch das TNF-Bindungsprotein konnte das in der Kammer vorhandene biologisch aktive TNF vollständig neutralisiert werden. Die induzierte Fieberantwort bei Verwendung der hohen bzw. der niedrigen LPS-Dosis in Kombination mit dem TNF-Bindungsprotein wurde durch dieses nicht signifikant gegenüber der entsprechenden Kontrollgruppe vermindert. Die Hemmung der NO-Bildung durch die Behandlung mit L-NAME blockierte bei Verwendung der hohen LPS-Dosis Fieberantwort nicht. Hingegen konnte die Fieberantwort erniedrigt werden, wenn die niedrige LPS-Dosis mit L-NAME kombiniert wurde. Die Injektion des COX-Inhibitors Diclofenac in Kombination mit der hohen bzw. niedrigen LPS-Dosis führte in beiden Fällen zu einer kompletten Unterdrückung der Fieberantwort. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Prostaglandine als eine essentielle Komponente, sowohl des neuronalen als auch des humoralen Signalweges, anzusehen sind, welche an der Übermittlung von peripheren Immunsignalen zum Gehirn beteiligt sind. Eine Beteiligung von NO an diesen Signalwegen scheint zwar wahrscheinlich, aber weniger bedeutend zu sein. Während zirkulierendes TNF an der Induktion der Fieberantwort, welche aufgrund einer systemischen LPS-Applikation verursacht wurde, mitbeteiligt ist, scheint die lokale Bildung von TNF im Rahmen der lokalen subkutanen Entzündung an keinem der Signalwege beteiligt zu sein, die nach der lokalen LPS-Applikation in die subkutane Kammer aktiviert werden.