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Iris Stolte

Integration eines Anwendungssystems für die Tumordokumentation in ein klinisches Informationssystem

Zusammenfassung

Die Tumordokumentation wurde bisher vor allem in Tumorzentren und klinischen Krebsregistern als retrospektive Erfassung der zu dokumentierenden Daten durchgeführt. Dieser Ansatz schränkt den Umfang der zu erhebenden Daten wegen des nicht unwesentlichen zusätzlichen Aufwands erheblich ein. Insbesondere für Aufgaben des Qualitätsmanagements, die in der Tumordokumentation immer stärker in den Vordergrund treten, ist es notwendig, umfangreiche, an Diagnose und Therapie der Patienten orientierte Daten zu erheben. Diese können verläßlich aber nur während des Krankheitsverlaufs von behandelnden Ärzten, d.h. in der Klinik, erhoben werden.

Dafür sind jedoch Erfassungsinstrumente notwendig, die den Anforderungen der Tumordokumentation gerecht werden und die darüber hinaus auch die Erfassung und Bearbeitung klinischer Daten ermöglichen. Für diese Aufgabe wurde das inzwischen in über 30 Tumorzentren in der Bundesrepublik im Einsatz befindliche Gießener Tumordokumentationssystem (GTDS) entwickelt. Bisher ist es aber nur an wenigen Stellen gelungen, die angestrebte Integration in den klinischen Ablauf zur erreichen.

Eine Reihe von Hindernissen standen einer Verwendung des GTDS im klinischen Umfeld im Wege. Hierzu gehören unzulängliche Zugangsmöglichkeiten auf das Tumordokumentationssystem für das klinische Personal, die Beschränkung auf onkologische Patienten sowie das Fehlen von abteilungsspezifischer Funktionalität, erhöhter Einarbeitungsaufwand und die Notwendigkeit teilweise redundante Daten einzugeben.

Aufgabe war es also, mit Hilfe der Internettechnologie dieses System so weiterzuentwickeln, dass es in die klinischen Abläufe an der Urologischen Poliklinik als Teil des Gießener Klinikinformationssystems WING integriert werden kann.

Zunächst wird die Basisdokumentation für Tumorkranke, der der Entwicklung des GTDSs zugrunde gelegen hat und nach der das Datenmodell des GTDSs entwickelt worden ist, beschrieben. Der Aufbau des GTDSs und die im GTDS verfügbaren Funktionen werden kurz dargestellt. Danach erfolgt eine ausführliche Darstellung geeigneter Internettechnologien und die Abwägung der Vor- und Nachteile für die in Frage kommende Anwendung.

Für die GTDS-Erweiterung wurden insgesamt 18 Masken, welche Datensätze zur Dokumentation von körperlichen Untersuchungen, Sonographie, Röntgen und Labor beinhalten, mit zahlreichen Untermenüs und Pop-up-Fenstern erstellt. Die Daten werden in einem relationalen Datenbanksystem in einer der dritten Normalform genügenden Datenstruktur gespeichert. Im ganzen gibt es zusätzlich fast 50 Tabellen mit ungefähr 1000 Spalten. Da bundesweit kein anerkannter Standard für die Dokumentation von urologischen Untersuchungen besteht, konnten nicht einfach schon bereits existierende, bedruckte Dokumentationsformulare als Vorlage für die Entwicklung der elektronischen Formulare verwendet werden. Die Realisierung spezieller abteilungsspezifischer Wünsche und klinischer Anforderungen wurde daher in enger Zusammenarbeit mit den späteren Anwendern in einer Art Trial and Error Methode erarbeitet. In einer iterativen Verfahrensweise wurde die Struktur der Masken, der inhaltliche Aufbau und die notwendige Anzahl der Items festgelegt. Dabei waren mehrere Durchläufe der Maskenerstellung erforderlich.

Die erfaßten Daten können sowohl als tabellarischer Bericht zur Übersicht und Kontrolle auf dem Bildschirm angezeigt, als auch auf Papier ausgedruckt werden. Die Berichte können zur Kommunikation mit anderen Ärzten (z.B. Arztbriefschreibung) bzw. mit den Patienten (z.B. Einbestellung) verwendet werden.

Um zu vermeiden, daß Daten für eine vollständige Dokumentationsdatenbasis mehrfach in verschiedene Systeme von verschiedenen Instanzen eingegeben werden müssen und um den damit verbundenen Mehraufwand zu umgehen, wurde ein automatisierter Übertrag und Abgleich von schon erfaßten Patientenstammdaten aus der Verwaltung sowie von bereits dokumentierten Diagnose- und Prozedurdaten aus einem OP-System (MedAccess) über eine HL7-Schnittstelle realisiert. Dadurch wird die Konsistenz der Daten gewährleistet. Grundlage dieser Datenübertragung ist dabei das am Klinikum der Universität Gießen seit dem Jahre 1989 bestehende Klinikinformationssystem WING.

Seit November 1999 wurde die Anwendung erstmals in der Urologischen Ambulanz eingesetzt und konnte im laufenden Betrieb nach den Erfordernissen und Wünschen der Kliniker weiterentwickelt werden.

Die Akzeptanz des Systems konnte durch abteilungsspezifische Erweiterungen, durchgehende Verfügbarkeit von Patientendaten, einheitliches Aussehen sowie einfacher Benutzerführung gesteigert werden. Mit dieser Implementierung wurde eine direkte Dateneingabe durch das ärztliche Personal und die damit verbundenen Vorteile erreicht.

In einem abschließenden Kapitel wurde die Anwendbarkeit der neu entwickelten Extensible Markup Language (XML) und deren Einsatzmöglichkeiten für die zu bearbeitenden Aufgaben untersucht.

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