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Kerstin Heyd

Textstrukturen und weibliche Subjektivität in Texten von Leslie Kaplan

Zusammenfassung

Zu Beginn der 80er Jahre macht sich in Frankreich eine innovative Prosaliteratur bemerkbar, die sich sowohl von der vorangegangenen theorieorientierten Avantgarde als auch vom konventionellen Roman unterscheidet. Die Autorin Leslie Kaplan hat diese von der Literaturkritik provisorisch als autre roman bezeichnete Strömung maßgeblich mitgeprägt. Ihre frühen Texte stehen mit ihrer experimentellen, nicht-narrativen Form noch deutlich unter dem Einfluss der theoriefreudigen 70er Jahre. Allmählich vollzieht sie jedoch die für die innovative Literatur der 80er als charakteristisch geltende ‚Rückkehr zum Erzählen'.

Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Impulse Leslie Kaplan aus den feministischen Debatten der 70er Jahre bezieht. Untersucht werden die literaturästhetischen Erklärungen der Autorin, sowie die drei frühen Texte L'excès-l'usine (1982), Le criminel (1985) und Le Pont de Brooklyn (1987). Mit ihrem literarischen Programm eines ‚Schreibens ohne Machtausübung' knüpft Kaplan implizit an die Diskussionen und Erkenntnisse der feministischen Kritik an, so eine These der Arbeit. Die literarischen Texte Kaplans kreisen um den Entwurf weiblicher Subjektivität, was ebenfalls ein zentrales Thema der Neuen Frauenliteratur war.

Weibliche Subjektivität ist in den drei Texten als Offenheit entworfen. In L'excès-l'usine ist Offenheit noch negativ konstruiert als eine schmerzhafte Selbstauflösung, in Le criminel als ein Schwanken zwischen lustvoller Selbstentgrenzung und bedrohlichem Selbstverlust und in Le Pont de Brooklyn schließlich uneingeschränkt positiv als Aufgeschlossenheit und Fähigkeit, sich selbst in Frage zu stellen.

Die Konstruktion einer nicht-hierarchischen Erzählstruktur erscheint dabei als Voraussetzung für den Entwurf von freien, selbstbestimmten weiblichen Figuren.

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