Zur Giessener Elektronischen Bibliothek
Jens Kattge

Zur Bedeutung von Stickstoff für den CO2-Düngeeffekt

Zusammenfassung

Für die Prognose des CO2-Düngeeffektes werden in zunehmendem Maße Modelle genutzt, die das Pflanzenwachstum auf der Basis wesentlicher Prozesse aus dem Kohlenstoff- und Stickstoffhaushalt der Pflanzen berechnen: Aufnahme von Stickstoff, Allokation von Stickstoff und Kohlenstoff, Photosynthese, Respiration und Regulation der Stomatakonduktanz. Im Rahmen dieser Arbeit habe ich untersucht, in wie weit sich eine Reaktion dieser Prozesse auf erhöhte CO2-Konzentrationen durch den Einfluß der CO2-Konzentrationen auf den Stickstoffstatus der Pflanzen erklären läßt.

In einem ersten Experiment wurden zweijährige Bäume der Arten Acacia melanoxylon, Acacia dealbata, Eucalyptus debeuzevillei, Eucalyptus niphophila, Eucalyptus pauciflora, Quercus ilex, Quercus robur, Fagus sylvatica, Alnus glutinosa, Pinus sylvestris, Picea abies und Pseudotsuga menziesii über mehrere Monate in Klimakammern bei CO2-Konzentrationen von 380ppmV (aktuell) bzw. 1000ppmV (erhöht) exponiert. Daneben wurden Keimlinge von Chenopodium album für fünf Wochen in einem FACE-System bei CO2-Konzentrationen von 400 bzw. 510ppmV exponiert. Die Mineralstoffversorgung erfolgte über tägliches Gießen mit Nährlösung, die Stickstoff in folgenden Konzentrationen enthielt: 0, 1, 5 und 25mmol l-1.

Zu Beginn und am Ende der Exposition wurden Trockengewicht und Stickstoffkonzentration von Sproß, Blatt, Wurzel und Feinwurzeln bestimmt. Hieraus wurden Aufnahmeraten für Stickstoff und die Allokation von Stickstoff und Kohlenstoff berechnet. Während der Expositi-on wurden Gaswechselmessungen an Blättern zur Bestimmung von Stomatakonduktanz, Photosynthese und Respiration durchgeführt. Der Stickstoffstatus der Pflanzen wurde anhand der Konzentrationen an Kohlenhydraten und Stickstoff in Blättern und den gesamten Pflanzen charakterisiert.

Pflanzen, die unter erhöhten CO2-Konzentration gewachsen waren, wiesen gegenüber Pflanzen aus aktueller CO2-Konzentration höhere Konzentrationen an löslichen Kohlenhydraten und Stärke auf, während die Konzentration an Stickstoff verringert war. Dies wurde als deutliche Verschiebung des Stickstoffstatus zugunsten des Kohlenstoffhaushaltes interpretiert.

Gleichzeitig erreichten Pflanzen aus erhöhtem CO2 ein höheres Trockengewicht und enthielten mehr Stickstoff. Die Steigerung des Trockengewichtes war dabei in etwa proportional zur Zunahme der Stickstoffmenge. Die deutlichste Steigerung wiesen Pflanzen aus mittleren Düngestufen auf. Abgesehen von vollständig stickstofffreier Nährlösung, wurde eine generelle Limitation des CO2-Düngeeffektes durch ein geringes Stickstoff-Angebot nicht beobachtet.

Alle untersuchten Prozesse wurden durch den Stickstoffstatus der Pflanzen beeinflußt. Für Photosynthese und Respiration war die Abhängigkeit vom Stickstoffstatus artübergreifend. Der Einfluß des Stickstoffstatus auf die Aufnahme von Stickstoff, Allokation von Kohlenstoff und Stickstoff und Regulation der Stomatakonduktanz wies neben artübergreifenden Gemeinsamkeiten deutlich arttypische Muster auf.

Mit Ausnahme der Respiration war der Einfluß des Stickstoffstatus auf die Prozesse unabhängig davon, ob der Stickstoffstatus durch unterschiedliche Düngung oder verschiedene CO2-Konzentrationen der Atmosphäre variiert wurde. Die Auswirkungen der erhöhten CO2-Konzentration auf die untersuchten Prozesse konnten daher im wesentlichen durch den Einfluß der erhöhten CO2-Konzentration auf den Stickstoffstatus der Pflanzen erklärt werden.

Der Einfluß der erhöhten CO2-Konzentrationen auf den Stickstoffstatus der Pflanzen hatte zur Folge, daß Stickstoff vorzugsweise in die Stickstoffaufnahme und weniger in die Kohlenstoffassimilation investiert wurde. Dies hatte enorme Folgen für das Pflanzenwachstum, da die Steigerung des Trockengewichtes durch erhöhtes CO2 in etwa proportional zur zusätzlichen Stickstoffaufnahme der Pflanzen war.

Da der Stickstoffstatus alle untersuchten Prozesse beeinflußte, sollten prozeßorientierte Modelle zur Prognose des CO2-Düngeeffektes den Einfluß einer erhöhten CO2-Konzentration auf den Stickstoffstatus berücksichtigen. Sofern diese Modelle den Stickstoffstatus der Pflanzen berücksichtigen, scheint, mit Ausnahme der Respiration, die Para-meterisierung anhand von Pflanzen aus aktueller CO2-Konzentration angemessen um das Verhalten der Pflanzen in erhöhter CO2-Konzentration zu berechnen.

Zur Frontpage des Dokuments Top