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Caspar Söling

Der Gottesinstinkt : Bausteine für eine Evolutionäre Religionstheorie

Zusammenfassung

Die Arbeit "Der Gottesinstinkt" versucht, Einblicke in die religiösen Verhaltensweisen zugrunde liegenden psychologischen Mechanismen zu geben und nach ihrem Beitrag für den Reproduktionserfolg bzw. nach ihrer Selektionsgeschichte zu fragen.

Methodisch beruht sie auf dem Ansatz der Evolutionären Psychologie. Ziel der Untersuchung ist es, diejenigen Datenverarbeitungsmechanismen (in diesem Sinn auch "Instinkte" oder "Darwinische Algorithmen" genannt) herauszufinden, auf denen religiöses Verhalten beruht. Dazu muss sie (1.) die Universalität einer Verhaltensweise nachweisen, (2.) die Probleme rekonstruieren, für die religiöses Verhalten Lösungsmechanismen bietet und (3.) Religiosität in eine evolutionäre Kategorie einzuordnen.

Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass sich jede Religion aus vier universal verbreiteten Verhaltensweisen (Mystik, Ethik, Mythen und Rituale) konstituiert. Ihnen liegen die folgenden angeborenen Datenverarbeitungsmechanismen zugrunde:

  1. Die Grundlage mystischer Erfahrungen sind intuitiven Ontologien. Normalerweise dienen intuitive Ontologien dazu, die Wirklichkeit zum Beispiel in belebte oder unbelebte Gegenstände, Tiere oder Pflanzen zu klassifizieren. Die Vermischung unterschiedlicher ontologischer Kategorien wird als religiös kategorisiert.
  2. Die Grundlagen der Ethik liegen in der Sozialkompetenz des Menschen und gründen auf dem Konzept des sozialen Austauschs (social exchange, social-contract-algorithm).
  3. Grundlage der Mythen ist der "Sprachinstinkt". Mythen sind sprachliche Ausformungen kognitiven Gehalte einzelner Module.
  4. Rituale beruhen auf dem Handicap-Prinzip. Indem sie bestimmte Symbole und Handlungen verteuern, stehen im Dienst ehrlicher Kommunikation zur Festigung einer verlässlichen in-group Moral.
Die Diskussion kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei der auf intuitiven Ontologien beruhenden Mystik um eine Exaptation handelt, während die anderen drei Säulen (Ethik, Mythen und Rituale) als Ausdifferenzierung bestehender Angepasstheiten verstanden werden können. Religiosität hat selektierte, psychologische Mechanismen zur Voraussetzung, die sich als "Gottesinstinkt" zusammenfassen lassen.

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