Identifizierung und weitergehende Charakterisierung von ß-hämolysierenden Streptokokken, isoliert von Seehunden und Kegelrobben aus der deutschen Nord- und Ostsee
Zusammenfassung
Die vorliegenden Untersuchungen ermöglichten eine Identifizierung und weitergehende Charakterisierung von 72 hämolysierenden Streptokokken, isoliert von Seehunden und Kegelrobben aus der deutschen Nord- und Ostsee. Aufgrund kultureller, biochemischer, serologischer und auch molekularer Untersuchungen konnten 69 Kulturen als S. phocae und drei Kulturen als S. dysgalactiae subsp. dysgalactiae Serovar L identifiziert werden. Dies ist der erste Nachweis über das Vorkommen der Spezies S. phocae bei Kegelrobben. Von den 69 S. phocae-Kulturen wurden acht Kulturen der serologischen Gruppe C und 61 Kulturen der serologischen Gruppe F zugeordnet. Einige typische biochemische Eigenschaften der untersuchten S. phocae-Kulturen waren eine positive Fructose-, D-Mannose- und Ribose-Reaktion sowie der fehlende Abbau von Lactose, Salicin, Sorbit, Trehalose, Äskulin, Arginin und Na-Hippurat.
Eine molekulare Charakterisierung der S. phocae-Isolate erfolgte, nach Sequenzierung, durch Amplifizierung des 16S ribosomalen RNA-Gens. Die Restriktionsmuster unter Verwendung der Restriktionsenzyme EarI und HincII erwiesen sich als speziesspezifisch. Eine zweite Strategie zum PCR-vermittelten Nachweis lag in der Entwicklung von S. phocae-spezifischen Oligonukleotidprimern, die unter Einbeziehung der S. phocae-spezifischen V2-Region entwickelt wurden. Mit diesen speziesspezifischen Oligonukleotidprimern war eine eindeutige Spezieszuordnung aller 69 S. phocae-Kulturen sowie der S. phocae-Referenzkulturen möglich.
Weitere phänotypische Eigenschaften der überwiegenden Zahl der S. phocae-Kulturen waren eine lange streptokokkentypische Kettenformationen, ein Wachstum in Flüssigmedium mit wattigem bis körnigem Bodensatz bei gleichzeitig klarem Überstand, ein kompaktes Wachstum in Soft-Agar und eine Aggregation mit einer Ammoniumsulfatkonzentration von 0,1 mol/l. Die S. phocae-Kulturen waren ferner empfindlich gegenüber den meisten untersuchten Antibiotika.
DNA-Fragmentmuster von 66 S. phocae-Kulturen konnten durch Makrorestriktionsanalyse der chromosomalen DNA der Kulturen mittels Pulsfeldgelelektrophorese erstellt werden. Dies ergab 29 verschiedene DNA-Fragmentmuster. Es konnten überwiegend keine Übereinstimmungen der DNA-Fragmentmuster festgestellt werden. Kreuzinfektionen zwischen einzelnen Tieren scheinen somit eher selten aufzutreten. DNA-"Fingerprints" der isolierten S. dysgalactiae subsp. dysgalactiae Serovar L-Kulturen ergaben einen deutlichen Unterschied von Isolaten aus der Nord- und Ostsee. Im Weiteren zeigte ein L-Streptokken-Nordsee-Isolat, isoliert von einem Seehund und ein vergleichsweise untersuchtes L-Streptokokken-Isolat von einem Schweinswal aus der Nordsee, eine teilweise Verwandtschaft. Das Vorkommen beider Tierarten im selben Habitat, lässt eine Übertragung der L-Streptokokken vermuten.