Fallstudie zur Bedeutung erhöhter Salzkonzentrationen im Beregnungswasser unter den humiden Bedingungen Mitteleuropas


Neumann, K.-H. und B. Pauler
Institut für Pflanzenernährung der Justus-Liebig-Universität Gießen

 


 

9.) Der Einfluß der Beregnung auf die Ertragsbildung, ökonomische Überlegungen

Im Durchschnitt der Versuchsjahre wurden auf alle Versuchsflächen umgerechnet ca. 700 Kubikmeter Beregnungswasser pro Hektar ausgebracht, wobei die benötigte Beregnungswassermenge in den einzelnen Jahren große Unterschiede aufweist (s. Tabelle 5; Tabelle 14; Abbildung 8). Der erzielte Beregnungserfolg bei Sommerweizen (s. Tabelle 14; Abbildung 10, Seite I u. Abbildung 11, Seite I) lag im Durchschnitt bei einer Ertragssteigerung von 6% am niedrigsten der von uns angebauten Pflanzenarten. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß in einzelnen Jahren bei ungünstiger Niederschlagsverteilung wie z.B. 1992 die Ertragssteigerung bis knapp 30 % im Durchschnitt der Standorte betragen kann. Auf der Parzelle V konnte 1980 mit 50 mm Beregnung unmittelbar nach der Bestockung eine Erhöhung des Sommerweizenertrages um knapp 100 % erzielt werden (von 16 auf 31dt.ha-1) (s.a. Stadien-Beregnungsversuch, Tabelle 20).

Bei Zuckerrüben betrug die Ertragsdifferenz durch den Einsatz der Beregnung (s.a. Tabelle 14, Abbildung 10, Seite II u. Abbildung 11, Seite II) im Durchschnitt der Versuchsjahre rund 25%, wobei auch hier starke Abweichungen zwischen den einzelnen Standorten und Versuchsjahren auftreten. Mit jeweils ca. 30 % wurde der Ertrag bei Pflückbohnen (s. Tabelle 14) und Zwiebeln (s.a. Tabelle 14, Abbildung 10, Seite II u. Abbildung 11, Seite III) erhöht. Die stärkste Ertragssteigerung mit ca. 50 % durch die Beregnung konnte bei der Samenernte der Buschbohnen erzielt werden. Wie die in der Tabelle 14 ebenfalls aufgeführten Ertragsdaten für das als ausgesprochenes Trockenjahr zu bezeichnende Jahr 1991 zeigen, kann die Beregnungswirkung in einzelnen Jahren auch bei diesen Pflanzenarten höher liegen.

Die in den einzelnen Versuchsjahren feststellbaren Unterschiede in der Beregnungswirkung gehen nach allgemeinen Erfahrungen neben der absoluten Regenmenge pro Jahr in erster Linie auf die unterschiedliche Verteilung der Niederschläge zurück (s.a. Abbildung 6 u. Abbildung 7), woraus sich dann die Beregnungsnotwendigkeit zu voneinander abweichenden Entwicklungsstadien der angebauten Pflanzen ergibt. Wie in Gefäßversuchen mit Sommerweizen, Karotten und Buschbohnen gezeigt werden konnte (Tabelle 20), ist die Empfindlichkeit dieser Pflanzenarten gegenüber Trockenstress und damit die Befähigung, zusätzlich durch Beregnung zugeführtes Wasser in Ertragsbildung umzusetzen, vom Entwicklungszustand bei erfolgter Beregnung abhängig. Bei Sommerweizen liegt diese gegenüber Trockenstress empfindliche Entwicklungsphase zwischen Bestockung und Ährenschieben, bei Buschbohnen während der Blühphase und bei der Karotte um die zehnte bis zwölfte Woche nach Aussaat (s. Tabelle 20). Fallen diese Entwicklungsstadien mit Trockenperioden zusammen, so wird die dann durchgeführte Beregnung eine höhere Wirkung auf den Ertrag ausüben, als wenn diese in einer anderen Entwicklungsphase auftritt.

Der Einsatz der Feldberegnung wird durch die Faktoren Beregnungsbedürftigkeit (physiologisch) und Beregnungswürdigkeit (ökonomisch) bedingt. Für das Jahr 1991 wurde beispielhaft eine Rentabilitätskalkulation des Beregnungseinsatzes zu den Preisen nach der damals gültigen EG-Marktordnung vorgenommen (Beregnungswürdigkeit), die auf Angaben von WEISSENFELS und HUG (1993) basieren. Trotz des in diesem Jahre durch die Beregnung erzielten deutlichen Mehrertrages bei Sommerweizen lag bis auf eine Ausnahme der Einsatz dieses Betriebsmittels im Parzellenprogramm im Verlustbereich (s. Tabelle 21, Seite I). Diese Autoren sehen den Einsatz der Beregnung als gerechtfertigt an, sobald mit einer Regengabe von 30 mm zu Kosten von 90,-DM (einschließlich Arbeitskosten) 4-5 dt Mehrertrag gegenüber einer unberegneten Kontrolle erzielt werden kann (bei Preisen von 20-25,- DM/dt Getreide). Lediglich auf dem schweren Tonboden der Parzelle III konnte mit DM 30,- die Gewinnzone erreicht werden. Auf dieser Parzelle war in diesem Jahr auch nur eine Zusatzberegnung in einer Gabe von 30 mm erforderlich. Unter diesen Preis/Kosten-Relationen wird es nun sehr viel wichtiger, den Beregnungseinsatz unter rationellen Gesichtspunkten zu planen und durchzuführen.

Betrachtet man nach den sonstigen Kenndaten des Witterungsverlaufs das Jahr 1991 als typisches Beregnungsjahr, in dem sich, wie auch in den anderen Jahren, der Beregnungseinsatz nach den ortsüblichen Kriterien richtete, so ist davon auszugehen, daß unter ökonomischen Gesichtspunkten die Preise nach den EG-Richtlinien selbst bei Wassermangel den Einsatz der Feldberegnung im Getreidebau ausschließen, es sei denn zur Ertragssicherung in Extremsituationen. Bei den Getreidepreisen von ca. 35,- DM/dt dagegen, die tatsächlich 1991 vor der Gültigkeit der gegenwärtigen EG-Richtlinien noch zu erzielen waren, wurde auf den Parzellen II,V, VII und IX die Gewinnzone noch erreicht. Wie sich die Bedingungen der "Agenda 2000" auswirken werden, bleibt abzuwarten.

Im Jahre 1992 konnten als Folge der geringen Winterniederschläge und der Trockenperiode im April/Mai bei Sommerweizen durch die Beregnung die höchsten Ertragssteigerungen im Durchschnitt aller Standorte während der Versuchsperiode von 1980 bis 1992 erzielt werden. Wie Tabelle 21, Seite II und Tabelle 22 zu entnehmen ist, lagen die Ertragserhöhungen durch die Beregnung mit durchschnittlich 145 mm auf den Standorten mit leichten und mittleren Böden (II, IV, V, VII) zwischen 17 und 26 dt pro Hektar. Auch auf den schwereren Böden der Standorte I, III, IX und X war noch eine Ertragssteigerung von ca. 10 dt durch die Beregnungswasserzufuhr zu erzielen. Eine Kosten/Nutzenanalyse nach der gültigen EG-Agrarordnung zeigt jedoch, daß auch unter diesen für die Beregnungswirkungen sehr positiv zu beurteilenden Bedingungen nur auf den Standorten mit den leichtesten Böden des Versuchsprogramms (II und V) eine nennenswerte Erhöhung der Nettoeinnahmen aus der Beregnung zu erzielen war. Die Mindereinnahmen durch die Beregnung betrugen bis zu 243,- DM/ha (z.B. Parzellen-Standort IX).

Ganz anders stellt sich bekanntermaßen die Bedeutung der Beregnung bei Zuckerrüben dar. Mit Ausnahme von Parzelle I konnten bei der Berechnung der Einnahmen für "A-Rüben" deutliche Mehreinnahmen für 1991 ermittelt werden (s. Tabelle 23). Bei Parzelle I war jedoch bereits unter diesen Bedingungen eine Mindereinnahme von 174,- DM/ha festzustellen, die sich bei der Berechnung für "C-Rüben" auf 392,- DM/ha erhöhte. Auf nur 29,- DM/ha reduzierte sich dagegen schon bei der Berechnung für "B-Rüben" die durch die Beregnung erzielte Mehreinnahme auf Parzelle IX, und bei der Berechnung für "C-Rüben" trat auf allen Standorten eine Mindereinnahme auf. Diese Beispiele zeigen, daß auch bei Zuckerrüben eine rationelle Planung und Durchführung des Beregnungseinsatzes vorzunehmen ist.

Es ist uns nicht bekannt, wie WEISSENFELS und HUG (1993) zu dem von ihnen angesetzten Kubikmeterpreis für das ausgebrachte Beregnungswasser gelangt sind. Vermutlich wurden Abschreibungskosten für die Beregnungsanlage nicht berücksichtigt, so daß sich bei deren Einbeziehung der Kubikmeterpreis des Wassers erhöht und damit der finanzielle Ertrag noch mehr gesenkt würde.

Die oben angeführte, für den Beregnungseinsatz im Getreidebau ungünstige Kosten/Nutzen-Analyse nach der gültigen EG-Agrarordnung sollte wichtige Konsequenzen für die Bewirtschaftungsform der landwirtschaftlichen Betriebe im Ried nach sich ziehen. Trotz starker Ausrichtung auf den Feldgemüsebau und andere Sonderkulturen wurde bisher ein erheblicher Teil der Ackerfläche (s. Erhebungen im Rasterprogramm, Kap. 11) für den Getreidebau genutzt. Sicherlich spielen dafür Fragen der Fruchtfolge, der Unkrautbekämpfung oder Arbeitsverteilung im Laufe des Jahres eine wichtige Rolle. Zweifellos wurde die Beregnung in der Getreideproduktion bisher standortgebunden nur unter extremen Witterungsbedingungen eingesetzt, jedoch konnten in unseren eigenen Versuchen auf leichten Böden, wie bereits oben angeführt, in einzelnen Jahren durch die Beregnung Ertragssteigerungen von bis zu 100 % erzielt und somit die Ertragssicherheit auf solchen Standorten erhöht werden. Eine besondere Bedeutung kann bei Wintergetreide auch der Auflaufberegnung in einem trockenen Herbst zukommen, wie dies auch während der Versuchsperiode in einzelnen Jahren der Fall war. Es wird sich für die landwirtschaftlichen Betriebe nach der gegenwärtigen Marktordnung der EG die Frage stellen, wie der bisher aus den angeführten u.ä. Gründen durchgeführte Getreidebau durch andere Pflanzenarten in der Fruchtfolge ersetzt werden kann, die unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten dann eine volle Nutzung der vorhandenen Beregnungskapazität ermöglichen. Dabei ist auch die gegenwärtig vorhandene technische Ausstattung der Betriebe zu berücksichtigen.

 


 

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