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Andreas Rechner

Einfluss der Verarbeitungstechnik auf die Polyphenole und antioxidative Kapazität von Apfel- und Beerenobstsäften

Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit wird durch Stufenkontrollen bei der Herstellung von Fruchtsäften geklärt, welchen Einfluss klassische und moderne Verfahrenstechnologien auf die antioxidativ wirksamen Inhaltsstoffe von Apfel- und Beerensäften haben. Ziel ist es, Fruchtsäfte mit hohen, optimierten Gehalten antioxidativ wirksamen Inhaltsstoffe (Polyphenolen, antioxidative Vitamine) bei hoher Stabilität und sensorischer Qualität herzustellen. Dabei müssen in der Fruchtsaftherstellung speziell die Polyphenole auf eine neue Art betrachtet werden. Es wurde hauptsächlich Apfel- und schwarzer Johannisbeersaft untersucht. Weiterhin wurde die Herstellung von Holunder-, Brombeer-, Stachelbeer- und Sauerkirschsaft sowie die Herstellung von Fruchtweinen und die Veränderung von antioxidativ wirksamen Inhaltsstoffen bei der Reifung von Erdbeeren untersucht.

Zur Bestimmung der antioxidativen Kapazität in wässrigen Proben wurde der ABTS+.-Radikalkationen-Test (TEAC assay) verwendet und den Anforderungen entsprechend modifiziert. Eine neue Methode zur Analytik der Polyphenole mittels HPLC an einer fluorierten RP-Phase und einer Detektion mittels DAD und ECD wurde entwickelt. Es zeigt sich grundsätzlich, dass Beerensäfte aufgrund der hohen Polyphenolgehalte eine deutlich bessere Quelle für Antioxidantien für die menschliche Ernährung sind, als Apfelsäfte mit vergleichsweise eher geringen Polyphenolgehalten.

Als wichtigste Einflussgröße zum Erreichen einer hohen antioxidativen Kapazität im Endprodukt zeigte sich die Wahl der Rohware, da sich verschiedene untersuchten Apfel- bzw. schwarze Johannisbeersorten teilweise erheblich in ihren Gehalten an antioxidativ wirksamen Inhaltsstoffen unterscheiden. Die Wahl der richtigen, polyphenolreichen Rohware stellt die Grundlage für eine hohe antioxidative Kapazität im späteren Produkt dar.

Bei der Herstellung von Apfelsaft wurden die Einflüsse auf die antioxidative Kapazität und die Polyphenole von Entsaftung, Maischestandzeit, fruchteigener Polyphenoloxidasen, industriellen Entsaftungssystemen, Separation, thermischer Belastung, Lagerung, Schönung mit Gelatine, Ultrafiltration, der Stabilisierung von ultrafiltriertem Saft mit PVPP oder Adsorberharz und Laccase/O2-Behandlung mit anschließender Ultrafiltration untersucht und bewertet. Bezogen auf den frischen Presssaft wurden bei der Herstellung von naturtrübem Apfelsaft ein Verlust an antioxidativer Kapazität durch Separation und Oxidation von 20 - 40% festgestellt. Oxidationsprozesse konnten durch eine KZE des frischen Presssaftes unterbunden werden. Die drei Verfahren in Verbindung mit der Ultrafiltration zur Herstellung von klarem Apfelsaft zeigte hohe Verluste an antioxidativer Kapazität von 45 - 75% und waren der klassischen Gelatine-Schönung mit Verlusten von 25 - 40% unterlegen.

Bei der Herstellung von schwarzem Johannisbeersaft wurden die Einflüsse auf die antioxidative Kapazität von Separation, thermischer Belastung, Schönung mit Gelatine, Behandlung mit PVPP oder Bentonit und Konzentratherstellung untersucht und bewertet. Bei allen untersuchten Verarbeitungsschritten zur Herstellung von schwarzem Johannisbeersaft war die prozentuale Abnahme der antioxidativen Kapazität um 10 - 15% und damit geringer als beim Apfelsaft. Die Maischeerwärmung und -enzymierung erweist sich als günstig, da die Extraktion der Polyphenole verbessert wird und durch die Temperatur fruchteigene Polyphenoloxidasen inaktiviert werden. Holunder-, Brombeer- und Sauerkirschsaft zeigt sich während der Herstellung ähnlich stabil (prozentuale Abnahmen < 20%). Auch bei diesen stark rot gefärbten Säften ist die Schönung mit Gelatine die günstigste Methode zur Klärung des Saftes. Thermische Belastung verändert die antioxidative Kapazität zwar nicht, ist aber wegen der hohen Verluste in den Gehalten an monomeren Polyphenolen möglichst gering zu halten. Generell sollte ein zügiger und logistisch gut durchdachter Herstellungsprozess ohne lange Standzeit angestrebt werden und auf Prozessschritten und Behandlungsmaßnahmen, die eine starke Abnahme der antioxidativen Kapazität und der Polyphenole verursachen, verzichtet werden. Die Lagerung verringert die antioxidative Kapazität von trübem Apfelsaft und trübem Holundersaft vor allem durch das Ausfallen des Trubes, verändert sich bei klarem Apfelsaft aber nicht, obwohl deutlich Veränderungen bei den Polyphenolen festgestellt werden.

Die Ergebnisse können der Fruchtsaftindustrie zur Hinterfragung von Herstellungsprozessen im Hinblick auf die antioxidative Kapazität und Polyphenole dienen wie auch als Grundlage zur Entwicklung neuartiger Produkte auf Basis von hochwertigen Fruchtsäften verwendet werden.

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Kontakt: geb@bibsys.uni-giessen.de, 11.03.2003