Fallstudie zur Bedeutung erhöhter Salzkonzentrationen im Beregnungswasser unter den humiden Bedingungen Mitteleuropas
Neumann, K.-H. und B. Pauler
Institut für Pflanzenernährung der Justus-Liebig-Universität Gießen
11.) Ist-Zustandsaufnahme
Die Hauptaufgabe des Versuchsprogramms war die Aufnahme des Ist-Zustandes der Bodenfruchtbarkeit der landwirtschaftlichen Nutzflächen im Mittleren Hessischen Ried vor der Beregnung mit aufbereitetem Rheinwasser aus dem Wasseraufbereitungswerk in Biebesheim (s. Abbildung 2). Die Aufnahme des Ist-Zustands umfaßte die jährliche Ermittlung von ca. 40 bodenchemischen und bodenphysikalischen Einzelwerten und der Ertragsbildung im Parzellen- und im Rasterprogramm, die weiter oben bereits näher beschrieben wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen stellen die Basis für das noch zu beschreibende Beweissicherungsverfahren dar. Wie diese sehr arbeitsaufwendigen Untersuchungen gezeigt haben, ist auch der Ist-Zustand als dynamischer Prozeß zu betrachten, der eine bestimmte Variationsbreite der in den einzelnen Jahren ermittelten Daten der jeweiligen Standorte aufzeigt. Oft konnte keine direkte Beziehung zwischen dem jahrestypischen, vom Mittelwert abweichenden Wert eines Bodenfaktors und der Ertragsbildung des betreffenden Standortes des jeweiligen Jahres hergestellt werden, wobei jedoch recht charakteristische, von einander abweichende, sich über mehrere Jahre erstreckende Rhythmen der Veränderung einzelner Kennwerte festzustellen waren (Beispiele in Abbildung 16).
Ausgehend von den im folgenden zu beschreibenden, beispielhaft herangezogenen Beobachtungen wurde die Schwankungsbreite einzelner Bodenfaktoren für das später zu beschreibende Verfahren zur Beweissicherung (s. Kap. 14) untersucht. Die Varianz der untersuchten Bodenfaktoren bildet weiterhin die Grundlage für die bereits beschriebenen linearen multiplen Regressionsanalysen der Bodenkennwerte auf die Ertragsleistung der angebauten Feldfrüchte mit dem Ziel, den Zustand der Bodenfruchtbarkeit der Standorte im Parzellenprogramm zu beschreiben.
Diese rhythmischen Veränderungen der erfaßten Bodenkennwerte weisen z.T. Übereinstimmungen im Raster- und Parzellenprogramm auf, allerdings sind aber auch unterschiedliche Tendenzen in beiden feststellbar. Unterschiede in beiden Programmen sollten durch voneinander abweichende Bewirtschaftungsformen und gleichsinnige Veränderungen gegenüber den Vorjahren in erster Linie durch den für die einzelnen Jahre charakteristischen Witterungsverlauf bedingt sein.
So konnte in beiden Programmen beispielsweise 1986 nach einem mehrjährigen Abfall der Krümelstabilität wieder ein Anstieg dieses für die Bodenstruktur zentralen Kennwertes festgestellt werden (s. Abbildung 16, Seite I). Gleichzeitig nahm der Anteil grober Bodenaggregate (>3.15 mm) zugunsten der Bodenfeinstteile (<0.2 mm) und der Fraktion 0.2-1.0 mm ab. Insgesamt deutet sich hier eine gegenüber den Vorjahren positiv gerichtete Entwicklung der Bodenstruktur an. Die sich im Parzellenprogramm abzeichnende Erhöhung des Grobporenanteils und einer damit einher gehenden Verbesserung der Durchlüftung des Bodens ist dagegen im Rasterprogramm nicht festzustellen.
Da diese Bodenkennwerte auch im Laufe des Jahres deutliche Veränderungen erfahren, ist es oft schwierig, zwischen jahrestypischen und jahreszeitbedingten Veränderungen der bodenphysikalischen Faktoren zu unterscheiden. In einem anderen ebenfalls im Hessischen Ried durchgeführten Versuchsprogramm mit mehrmaligen Bodenprobenahmen im Laufe eines Jahres konnte festgestellt werden (Tabelle 36), daß im November der Anteil der Feinstaggregate (<0.2mm) und der Grobaggregate (>3.15mm) im Vergleich zu Proben vom Mai des gleichen Jahres erhöht waren, während die Anteile der mittleren Aggregate (1.0-3.15mm) dagegen abnahmen. Im Mai des Folgejahres nahm dann der Anteil der Feinstaggregate wieder ab und der Mittelaggregat-Anteil zu, so daß für diese Kennwerte der Bodenstruktur der Zustand im Mai des Vorjahres wieder erreicht wurde. Diese jahreszeitlich bedingten Änderungen sollten sicherlich mit der "Lebendverbauung" des Bodens in Zusammenhang stehen. In Relation zu diesen Prozessen sollten weiterhin auch die jahreszeitlichen Veränderungen anderer Bodenfaktoren zu sehen sein, wie z.B. die Krümelstabilität oder der Bodenwassergehalt.
Nach alljährlich durchgeführten Korrelationsanalysen ist die Vorstellung abzuleiten, daß, vereinfacht ausgedrückt, die Luft- und die langsam dränenden Mittelporen des Bodens durch die mittleren Aggregatklassen gebildet werden, wobei auch die Grobaggregatfraktion zu der zuerst genannten Porenklasse beitragen kann. Die Kapillarporen sind vor allem mit den Grobaggregaten und die Porenklasse <0.2µm ("totes Bodenwasser") mit den Feinstbodenteilchen (<0.2mm) assoziiert. Die mittleren Bodenaggregate zerfallen offenbar im Spätherbst zu Feinaggregaten, aus welchen sie im nächsten Frühjahr wieder aufgebaut werden. Die einen schnellen Wasserabfluß gewährleistenden Grobporen >50µm sind im Spätherbst drastisch reduziert, die langsamer dränenden Mittelporen dagegen erhöht, woraus sich der Anstieg des Bodenwassergehaltes zu diesem Zeitpunkt erklären läßt. Auch diese Entwicklung verläuft im Mai des Folgejahres wieder gegenläufig. Dies sind nur Tendenzen, nicht immer lassen sich in allen Jahren statistisch gut gesicherte Korrelationen zwischen den Anteilen der verschiedenen Bodenaggregatklassen und der Bodenporenverteilung im angeführten Sinne herstellen.
Ab dem Jahre 1989 wurde das bodenchemische und -physikalische Untersuchungsprogramm eingestellt, so daß für 1988 die letzten Daten aus der Ist-Zustandsaufnahme vorliegen. Die bis dahin gewonnenen Ergebnisse sollen in der Folge zusammengefaßt werden:
Auf ein Maximum der Krümelstabilität im Jahre 1982 folgte zunächst bis 1985 eine kontinuierliche Abnahme. Der auf ein dem Jahre 1982 vergleichbarem Maximum der Krümelstabilität im Jahre 1986 (s. Tabelle 37; Abbildung 16, S. I) folgende Rückgang dieser bodenphysikalischen Kenngröße hat sich bis 1988 fortgesetzt und liegt wieder in der gleichen Größenordnung wie 1984. Obgleich, wie schon weiter oben angeführt, zwischen Krümelstabilität und verschiedenen Größenklassen der Siebfraktionen keine statistisch signifikanten engeren Korrelationen bestehen (r<0.5), sind dagegen innerhalb der Verteilung der Bodenaggregatklassen solche Beziehungen deutlich ausgeprägt (Tabelle 38). Dabei ist die Korngröße <0.2mm positiv eng mit der nächst größeren Aggregatklasse (0.2-1.0mm: r=0.86) und negativ mit den Aggregaten >2mm (2.0-3.15mm: r=-0.69; >3.15mm: r=-0.84) korreliert. Der schon seit 1985 zu beobachtende generelle Trend der Abnahme der Aggregate >3.15mm (nur schwache Korrelation zur Krümelstabilität von r=0.33) setzte sich bis 1988 fort (s. Tabelle 37). Dabei ist jedoch ein "Zwischenhoch" im Jahre 1984 festzustellen. Gleichzeitig nimmt der Anteil der Aggregate <1.0mm zu. Eine positive Korrelation von ca. r=0.7 besteht weiterhin zwischen dem Anteil der Aggregate >3.15mm und dem Anteil der für die Wasserspeicherung in erster Linie verantwortlichen Porenklasse <10µm ("Kapillarporen"). Eine negative Korrelation von r=-0.69 ergibt sich dagegen zwischen dem Anteil der Aggregate >3.15mm und den für die Schnelldränung und die Durchlüftung des Bodens verantwortlichen Porenklasse >50µm. Demnach sollte sich seit 1984 eine Verbesserung der Durchlüftung und eine Beschleunigung der Abtrocknung der Böden bei gleichzeitig verringerter Wasserspeicherkapazität (r= 0.81) eingestellt haben.
Auch die Verteilung der Bodenionen (s. Tabelle 37, S. III) weist Beziehungen zu den einzelnen Aggregatklassen auf. Beispielsweise ist seit 1986 bis zum Ende der Untersuchungen im Jahre 1988 ein Rückgang des austauschbaren Calciums im Boden festzustellen, wobei eine recht enge Korrelation von r=0.76 zum Anteil der Aggregate >3,15mm besteht (s. Tabelle 38, S. I). Obgleich Korrelationen nicht direkte kausale Zusammenhänge begründen, kann in Anbetracht der bekannten bodenphysikalischen Wirkungen des Calciums vermutet werden, daß der Ca-Verlust der Austauscherkomplexe zur Verringerung des Anteils der Aggregate >3.15mm beiträgt. Diese Tendenzen sind durch die Beregnung nicht beeinflußt. Die gleiche, wenn auch weniger ausgeprägte Tendenz kann auch bei den mit dem EUF-Verfahren insgesamt erfaßbaren Ca-Fraktionen festgestellt werden(r=0.59; s. Tabelle 38, S. II). Da die Stabilität der Aggregatklasse >3.15mm recht eng mit dem Schluff- (r=0.67) und dem Tonanteil der Böden korreliert, wäre zu fragen, inwieweit die Abnahme dieser Korngrößenfraktion eventuell mit einer in diesen Jahren erfolgten Erosion der Böden im Zusammenhang steht. Später wird in anderem Zusammenhang auf diese Frage nochmals zurückgekommen (s. Kap. 17.). Unter den von uns erfaßten bodenphysikalischen Faktoren ist der Anteil der Aggregate >3.15mm am engsten mit dem Ertrag von Sommerweizen korreliert (r=0.58), so daß dem Umfang dieser Aggregatklasse eine Bedeutung für die Bodenfruchtbarkeit zuzumessen ist.
Wegen des unerwartet differenten Verhaltens der Siebfraktionen zum Sommerweizen-Ertrag, übrigens auch zu einigen bodenchemischen Kenngrößen, lag es nahe, ihre Eigenschaften näher zu untersuchen (HAGHIGHI, 1998; bisher unveröffentlichte Institutsarbeiten). Dabei wurden die Siebfraktionen der beiden unterschiedlichen Standorte III und V in Laborversuchen mit kleinen Bodensäulen dem Einfluß salzhaltiger Perkolationswässer (0, 420 und 820 mg.l-1) ausgesetzt, wobei die NaCl-bedingte Desorption einiger Ionen untersucht werden sollte. Da vor und nach den Perkolationsversuchen die Siebfraktionen mittels EUF-Analyse untersucht wurden, konnte eine Bilanzierung der NaCl-bedingten Ionendesorption vorgenommen werden.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind wie folgt zusammenzufassen:
Eine erhöhte NaCl-Zufuhr führte zu einer präferentiellen Na-Bindung in der Aggregatklasse >3.15mm des tonreichen Parzellen-Standorts III. Auf dem leichten Boden des Standortes V war dies dagegen bei der Siebfraktion <0.2mm der Fall (Abbildung 17, S. I).
Die größte durch das EUF-Verfahren zu extrahierende K-Menge wurde in der Siebfraktion <0.2mm nachgewiesen. Besonders auf dem schweren Boden von Standort III war nach NaCl-Perkolation in allen Siebfraktionen eine negative K-Bilanz festzustellen ("EUF-Analyse vor Perkolation" - "EUF-Analyse nach Perkolation" ist größer als "Gehalt im Perkolat"), was als K-Fixierung höherer K-Mengen aus der Bodenlösung infolge Na-bedingten K-Austausch in Anbetracht hoher Anteile aufweitbarer Tonminerale in diesem Boden erklärt wurde (Abbildung 17, S. II).
Bei dem schweren Boden III war weiterhin eine Na-bedingte Ca-Mobilisierung festzustellen. Diese Ca-Mobilisierung führte zu einer vergrößerten Ca-Auswaschung bei NaCl-Perkolation. Dabei trat die stärkste Ca-Mobilisierung in den Böden beider Standorte vornehmlich in der Siebfraktion <0.2mm auf (Abbildung 17, S. III) (s.a. Kap. 18.).
Bei allen Siebfraktionen, besonders wiederum in der kleinsten (<0.2mm), war auch eine Na-bedingte Mg-Mobilisierung eingetreten, die aber, im Gegensatz zu Calcium, auf beiden Standorten zu einer Mg-Mangelsituation im Boden nach NaCl-Perkolation führte (Abbildung 17, S. IV).
Gleichgerichtet in beiden Untersuchungsprogrammen (Parzellen- sowie Raster-Programm) sind die Veränderungen bei den meisten bodenchemischen Kennwerten. Beispielsweise war sowohl im Parzellenprogramm (vgl. Tabelle 37, S. III) als auch im Rasterprogramm die Fraktion des austauschbaren Natriums seit 1983 angestiegen und diese wies dann 1986 wieder eine deutliche Abnahme gegenüber den Vorjahren auf. Im Rasterprogramm begann dieser Konzentrationsrückgang des austauschbaren Natriums schon 1985. Die Abnahme des austauschbaren Natriums setzte sich auch 1987 und 1988 fort, wobei hier nun deutliche Unterschiede in der Ausprägung dieser Tendenz bei den einzelnen Standorten festzustellen waren. Sehr niedrige Na-Konzentrationen konnten auch schon 1982 festgestellt werden, auf die dann der oben bereits beschriebene Anstieg der Na-Konzentrationen folgte. Die niedrigen Na-Konzentrationen 1982 und 1987 waren auch von einer Zunahme des austauschbaren Kaliums begleitet. Da die Düngung im Parzellenprogramm in allen Jahren nahezu gleich gehalten wurde, sind davon ausgehende Einflüsse auszuschließen.
Die EUF-Werte (vgl. Tabelle 37, S. IV) folgten generell der gleichen Tendenz, wobei Abweichungen davon auf einzelnen Standorten festzustellen sind. Der Verlauf der Konzentration von Natrium, das eine eher dispergierende Wirkung auf die Bodenaggregate ausüben kann, stimmt gut mit der oben beschriebenen, 1986 festgestellten Erhöhung der Krümelstabilität in beiden Untersuchungsprogrammen überein. Das gilt auch für die Konzentrationsveränderungen der beiden zweiwertigen Ionen Calcium und Magnesium, denen eine die Krümelstabilität fördernde peptisierende Wirkung zukommt. Der Abnahme der Na-Konzentration steht eine Zunahme der Mg- und insbesondere der Ca-Konzentration gegenüber.
Methodische Untersuchungen zur EUF-Methode unter kontinuierlicher Registrierung ihrer elektrischen Betriebsfaktoren haben ergeben (PAULER u. NEUMANN, 1996), daß bei höherer elektrischer Leitfähigkeit (insbesondere bei mittleren und schweren Böden oder auch bei leichteren Böden unter dem Einfluß salzhaltiger Wässer) (s. Tabelle 37, S. III) ein Anstieg der elektrischen Stromstärke in der EUF-Analyse auftreten kann, was nach Erreichen der konstant zu haltenden Stromstärke in den Fraktionen EUF-20°C und EUF-80°C (nominell <15 bzw. <150mA) einen Abfall der Elektrodenspannung nach sich zieht. Dieser Effekt führt offenbar zu einer Änderung im Extraktionsverhalten der EUF-Methode. Für die K-Extraktion aus einem leichten Boden ohne selektiv gebundenes Kalium führte ein NaCl-Zusatz vor dem Start der EUF-Analyse zur Erhöhung der el. Leitfähigkeit der Bodensuspension im EUF-Gerät und zu folgenden Extraktionsergebnissen:
Bei steigendem NaCl-Zusatz verminderte sich die K-Extraktion zunächst in der ersten Fraktion a innerhalb von 10 Minuten bei 20°C/200V/
Bei hoher elektrischer Leitfähigkeit kam es danach auch während der Extraktionsperiode von Fraktion b zu einem weitgehenden Zusammenbruch der Elektrodenspannung, was mit einer Verminderung der K-Extraktion auch in dieser Fraktion verbunden war. Dabei kam es zu einer deutlichen Zunahme der K-Extraktion bei Fraktion c, wodurch der K-Quotient (EUF-c/EUF-a+b) nach NÉMETH u. ZIEGLER (1988) bei steigendem NaCl-Zusatz zunahm.
Bei steigendem NaCl-Zusatz kam es schließlich auch während der Extraktionsperiode aller drei Fraktionen zu einem kontinuierlichen Abfall der Elektrodenspannung, wobei ein deutlicher negativer Zusammenhang zwischen dem an der normalen Spannungssumme zunehmend fehlenden Spannungsbetrag und der kontinuierlich gesenkten K-Extraktion in den drei untersuchten K-Fraktionen bestand.
Aus diesen ersten Ergebnissen (PAULER u. NEUMANN, 1996) war daher zu vermuten, daß die beim Vorliegen höherer elektrischer Leitfähigkeit in der Bodenlösung vorliegenden Ionen nicht vollständig durch die 20°C-EUF-Fraktion extrahiert werden können. Dies muß letztlich dazu führen, daß z.B. das unspezifisch gebundene Kalium (EUF-20°C) von selektiv gebundenem Kalium in der EUF-80°C-Fraktion nur unvollständig zu trennen ist.
In neueren Untersuchungen (PAULER u. NEUMANN, 1999) wurde daher zunächst versucht, Proben von allen unterschiedlichen Parzellen-Standorten (s. Tabelle 13) durch eine verlängerte EUF-Analyse unter der Bedingung zur Extraktion austauschbar gebundener Nährstoffe (20°C/200V/£ 15mA) zu untersuchen, wie lange die EUF-Extraktion von austauschbaren Ionen andauern müßte. Auch hierbei erfolgte eine kontinuierliche Registrierung der elektrischen Betriebsgrößen der EUF-Analyse.
Für die K-Extraktion wurde dabei festgestellt, daß sie auf den leichten Standorten II und V nach etwa 90 Minuten als beendet anzusehen ist, daß sie dagegen bei mittleren und besonders bei schweren Böden mit höherer elektrischen Leitfähigkeit (vgl. Tabelle 37, s. S. III) selbst nach 5 Stunden noch nicht zu einem Ende gekommen war.
Während die K-Extraktion auf allen Böden mit einer deutlich exponentiellen Kinetik zu kennzeichnen ist (s.a. GRIMME, 1978), erfolgte die Ca-Extraktion auf allen Böden weitgehend linear. Dies bedeutet, daß während der üblichen 30 Minuten der 20°C-Phase auch bei den leichten Böden nur ein sehr geringer Prozentsatz der Ca-Nachlieferung der Böden zu extrahieren war. Infolge der linearen Ca-Freisetzungskinetik ist nach 5 Stunden EUF-Extraktion noch nicht abzusehen, wie die Ca-EUF-Extraktion weiter verlaufen könnte.
Wie auch GRIMME (1978) feststellte, ist entsprechend der Kinetik der verlängerten EUF-K-Extraktion maximal das (von uns nach MEHLICH (1942) analysierte) austauschbare Kalium zu extrahieren, wobei bei den einzelnen Böden durch die übliche 20°C-Fraktion (30 Min.) unterschiedlich hohe Anteile davon zu erfassen sind. Während bei leichten Böden in den ersten 30 Minuten (20°C/200V/
£ 15mA) etwa 70% des maximal zu extrahierenden Kaliums extrahiert wurden, lag bei mittleren und schweren Böden in dieser Fraktion nur ein Prozentsatz von etwa 20-30% vor. Dies würde nach den Ergebnissen der Modelluntersuchungen (PAULER u. NEUMANN, 1996) bedeuten, daß bei allen untersuchten Böden die EUF-80°C-Fraktion als Index für das Vorliegen selektiv gebundenen Kaliums (NÉMETH u. ZIEGLER, 1988) auch noch austauschbares Kalium enthalten sollte. Diese Meinung vertritt auch VENTER (1985).Zur Untersuchung der Frage, ob diese Befunde im Zusammenhang mit höheren Ionengehalten in der Bodenlösung und damit auch höheren Werten der elektrischen Leitfähigkeit der Bodensuspension in der EUF-Apparatur stehen können, wurden unterschiedlich große Einwaagen (0.5 und 5.0g) der Versuchsböden in der EUF-Analyse untersucht. Wie auch NÉMETH (1976) bei ähnlichen Versuchen feststellte, konnten bei verringerter Bodeneinwaage (=verringerter Ionengehalt) in der EUF, umgerechnet auf mg.100g-1 Boden, innerhalb der ersten 30 Minuten bei 20°C/200V/
£ 15mA deutlich mehr Kalium und vor allem Magnesium und Calcium extrahiert werden. Worauf allerdings weder NÉMETH, noch andere Autoren nach unserer Kenntnis explizit hingewiesen haben, ist die höhere Freisetzungsrate der untersuchten Kationen Kalium, Magnesium und Calcium durch eine stark veränderte EUF-Extraktionskinetik herbeigeführt worden. Aus der begrenzten K-, Mg- und Ca-Freisetzung vor allem aus schweren Böden mit nahezu linearer Kinetik bei der üblichen Bodeneinwaage von 5g resultierte bei verminderter Bodeneinwaage (0.5g) eine deutlich exponentielle Freisetzungskinetik, wie sie bei leichten Böden mit geringer elektrischer Leitfähigkeit vorzufinden ist.
Zusammenfassend ist demnach festzustellen, daß zwei wesentliche Faktoren die Extraktionsleistung der EUF-Methode beeinflussen können (PAULER u. NEUMANN, 1999): Einerseits muß bei Konstanz der el. Stromstärke ein Abfall der Elektrodenspannung eintreten, wenn die el. Leitfähigkeit der Bodensuspension nominell 75µS.cm-1 übersteigt. Andererseits ist aber auch unter diesem kritischen Wert der el. Leitfähigkeit eine exponentiell abnehmende Ionenüberführung bei steigender Ionenpräsenz in der Mittelzelle zu beobachten. Beide Phänomene führen letztendlich dazu, daß die Kinetik der Ionenextraktion zunehmend verzögert in Erscheinung tritt und der während einer definierten Zeit der Fraktionsentnahme zu überführende Anteil präsenter Ionen zunehmend geringer wird.
Infolge beträchtlicher jahrestypischer Varianz (PAULER u. NEUMANN, 1996) kann der aktuelle Wert der el. Leitfähigkeit in allen mit der EUF-Methode in den Jahren 1981 bis zum Untersuchungsende analysierten Böden kritische Werte >75µS.cm-1 überstiegen haben. Ohne Messung der aktuellen elektrischen Betriebsfaktoren ist daher nicht zu entscheiden, ob und gegebenenfalls welche Meßwerte kritisch zu beurteilen sind.
Auf den mit Rheinrohwasser beregneten Versuchsgliedern der Parzelle X ist der gleiche Verlauf bei den bodenphysikalischen und bodenchemischen Parametern wie auf den übrigen Versuchsflächen festzustellen, so daß auf diesem eher schweren Boden spezielle Einflüsse des Rheinwassers nicht nachzuweisen sind. Zwar trat 1988 auch erstmals auf den mit Rheinrohwasser beregneten Parzellen des in Flußnähe gelegenen Standorts X eine Erhöhung des EUF-Na-Gehaltes auf, ohne daß jedoch negative Einflüsse auf den Ertrag feststellbar waren. Gleichzeitig konnte eine geringe Abnahme der Krümelstabilität ermittelt werden, die offenbar mit einer leichten Abnahme der Korngrößenfraktion >3,15mm einher geht. Alle anderen von uns erfaßten Bodenfaktoren sind jedoch weiterhin mit denen der mit Grundwasser beregneten Parzellen des gleichen Standortes m.o.w. identisch, so daß vor einer genaueren Einschätzung dieser Abweichungen auf den Rheinwasserparzellen die Ergebnisse weiterer Jahre zu ermitteln wären.
Die durch das EUF-Verfahren erfaßbaren Konzentrationen von Natrium, Kalium, Calcium und Magnesium folgen den gleichen Tendenzen wie bei der Ermittlung der austauschbaren Kationen (KAK) (vgl. Tabelle 37, S. IV). Während im Parzellenprogramm die EUF-Cl- und PO4-Konzentrationen von 1984 bis 1986 geringfügig, aber kontinuierlich, abnehmen, ist dagegen im Rasterprogramm 1986 bei einer deutlichen Abnahme der PO4-Konzentration eine Zunahme des Cl-Gehaltes zu beobachten.
Trotz der recht hohen positiven Korrelation zwischen dem pH-Wert und dem austauschbaren Calcium von r=0,67 (vgl. Tabelle 38, S. IV ) ist bei der Abnahme der Ca-Konzentration ein Anstieg des durchschnittlichen pH-Wertes festzustellen (s. Tabelle 37, S. III). Unserem Konzept zufolge wurde in den Untersuchungen die sog. "aktuelle Azidität" der Böden erfaßt. Zu Beginn der Untersuchung lag die Gesamtkonzentration der bei der Bestimmung der Kationenaustauschkapazität erfaßbaren Kationen z.T. beträchtlich über der Gesamtaustauschkapazität (KAK). Als Ursache dafür wurde eine höhere Kationenkonzentration der durch das Verfahren mit erfaßten Kationen in der Bodenlösung vermutet. In den Jahren 1987 und 1988 überstieg nun die Kationenaustauschkapazität (KAK) die Summe der vier von uns mit diesem Verfahren erfaßten Kationen Calcium, Magnesium, Kalium und Natrium, so daß ein damit einher gehender Anstieg der mit 0,01 molarer CaCl2-Lösung erfaßbaren "potentiellen Azidität" mit einem hohen Protonenbelag der Tonkolloide möglich erschien. Diese Vermutung wurde überprüft und konnte bestätigt werden. Dementsprechend war eine Kalkung erforderlich, der durch eine auch aus anderen Gründen notwendige Verwendung von Kalkstickstoff (herbizide Wirkung des Kalkstickstoffs) vor der Aussaat 1989 Rechnung getragen wurde. Auf den leichten bis mittleren Böden sollte auch eine Erhöhung der Mg-Gehalte anzustreben sein.
Vergleicht man im Parzellenprogramm die unberegneten Versuchsflächen mit den beregneten, so sind mit geringfügigen Abweichungen generell die gleichen Tendenzen festzustellen (vgl. Tabelle 37), so daß die Beregnung mit den verwendeten Schwachregnern offenbar ohne signifikanten Einfluß auf diese im mehrjährigen Vergleich beobachtbaren Veränderungen der bodenphysikalischen und bodenchemischen Kennwerte sein sollte.
Bei den hier besprochenen Untersuchungsergebnissen handelt es sich um Tendenzen der Standorte des Raster- bzw. des Parzellenprogramms, wobei Abweichungen auf einzelnen Standorten zu beobachten sind. Diese Abweichungen sollten in erster Linie auf Unterschieden in den Bodenarten der einzelnen Standorte begründet sein, wobei besonders auch der Anteil einzelner Tonkolloidtypen an der Tonfraktion mit ihren spezifischen Bindungsenergien für Kationen eine Rolle spielt (Abbildung 18). Wie eine röntgenographische Analyse der Tonfraktionen der beiden Standorte III und V (HAGHIGHI, 1998; bisher unveröffentlichte Institutsergebnisse) ergab (Tabelle 39), ist der Kaolinit-Anteil auf beiden Standorten zwar m.o.w. gleich, und auf beiden dominiert der Illit. Auf der Parzelle III ist jedoch ein bedeutend höherer Smectit-Anteil als auf der Parzelle V vorhanden. Die auf 100g bezogene Austauschkapazität von Smectit ist bedeutend höher als die von Illit (SCHACHTSCHABEL et al., 1992), wobei weiterhin durch Smectit im Gegensatz zu Illit eine spezifische K-Bindung (=Fixierung) erfolgen kann. Daraus lassen sich Unterschiede in der Zugänglichkeit einzelner Ionen durch die uns zur Verfügung stehenden Extraktionsmethoden ableiten.
Diese Aussage wird im folgenden durch die Darstellung von Korrelationen zwischen den Ergebnissen der angewendeten Methoden zur K- und Phosphat-Bestimmung unter Beweis gestellt. Es handelt sich dabei um die EUF- und die DL-Methode sowie für Kalium um das nach MEHLICH (1942) bestimmte austauschbare Kalium.
Wie zunächst aus Abbildung 19 zu entnehmen ist, bestand während der Untersuchungsperiode 1981-1988 die engste mittlere Korrelation zwischen EUF-20°C-K und DL-K (r=0.77), gefolgt vom austauschbaren K (r=0.64), wobei alle Standorte positive Korrelationen aufwiesen. Dagegen bestand nur eine relativ geringe Korrelation zwischen EUF-20°-K und EUF-80°C-K (r=0.15), da auf den Standorten V und VII negative Korrelationen zwischen diesen K-Fraktionen bestehen. Nur die Standorte II und IV weisen dabei engere Korrelation (r>0.5) auf.
Die EUF-80°C-K-Fraktion als Index für selektiv gebundenes Kalium (NÉMETH u. ZIEGLER, 1988) zeigt auf den Parzellen-Standorten eine divergente Beziehung zu dem DL-K und austauschbaren Kalium (Abbildung 20), wobei kein Bezug auf den Tongehalt der unterschiedlich reagierenden Böden herzuleiten ist. Im Mittel der Standorte ist diese K-Fraktion nur mit r=0.20 zum DL-K korreliert.
Diese K-Fraktionen weisen weiterhin unterschiedliche Beziehungen zum Ertrag der untersuchten Feldfrüchte auf. Da die Bodenprobenahme im Frühjahr jeweils auf den Parzellen nach Zuckerrüben vor dem So.-Weizen-Anbau innerhalb der Rotation erfolgte, sollen korrekterweise nur die Beziehungen zu den So.-Weizen-Erträgen betrachtet werden. Wie Abbildung 21 zeigt, ist im Mittel der Parzellen-Standorte das austauschbare Kalium am deutlichsten zum Kornertrag von So.-Weizen korreliert (r=0.23). Während das EUF-20°C-K auf allen Standorten positiv, im Mittel aber nur sehr gering (r=0.04) zum So.-Weizen-Ertrag korreliert, zeigen die Fraktionen EUF-80°C- und DL-K auf einzelnen Parzellen sogar negative Beziehungen zum So.-Weizen-Ertrag.
Im Durchschnitt der Parzellen-Standorte bestand für Phosphat innerhalb der Untersuchungsperiode die engste positive Korrelation zwischen der EUF-20°C- und der DL-Fraktion (Abbildung 22), wobei jedoch auf den Standorten I (r=-0.42) und III (r=-0.11) negative Beziehungen zwischen beiden Faktoren bestehen. Zwischen EUF-20°C- und EUF-80°C-Phosphat sowie zwischen EUF-80°C- und DL-Phosphat bestehen im Durchschnitt der Standorte mit r=0.47 bzw. r=0.41 etwa gleich unbedeutende Korrelationen.
Wie aus Abbildung 23 hervorgeht, bestehen nur zwischen der Phosphat-Fraktion (EUF-20°C) und dem So.-Weizen-Ertrag positive Korrelationen, welche nur auf dem leichten Standort II über 0.5 hinausgehen, und im Standort-Mittel bei r=0.10 liegen. Dagegen ist die EUF-80°C-Phosphat-Fraktion auf den Standorten II, V und VII negativ zum So.-Weizen-Kornertrag korreliert und weist im Standort-Mittel mit r=0.06 eine unbedeutende Beziehung auf. Es ist bemerkenswert, daß die DL-Phosphat-Fraktion nur auf dem leichten Standort II eine geringe positive, bei den anderen Standorten jedoch durchwegs negative Beziehungen zum Kornertrag aufweist. Dabei zeigt der Standort VII mit r=-0.84 die negativste Korrelation mit einem mittleren Korrelationskoeffizienten von r=-0.28.
Resümierend muß festgestellt werden, daß zwischen den mit unterschiedlichen Methoden gewonnenen Informationen über die K- und Phosphat-Gehalte der stark unterschiedlichen Böden des Untersuchungsprogramms einerseits und zwischen diesen und dem Ertrag von Sommerweizen andererseits im Verlauf der Untersuchungsjahre 1981-1988 z.T. divergierende Beziehungen bestanden haben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß für diese Betrachtungen die Erträge unberegneter Teilparzellen ausgewählt wurden, um damit den Zustand der Bodenfruchtbarkeit ohne zusätzliche Beregnung für das Hessische Ried aufzuzeigen. Wie jedoch die Betrachtung der klimatischen Situation des Rieds ergeben hat (s. Kap. 4.), bestand im Durchschnitt der Untersuchungsjahre ein beträchtlicher Wasserbedarf während der Vegetationsperiode von Sommerweizen, der sicherlich nicht immer durch den aktuellen Bodenwasservorrat gedeckt werden konnte. Andererseits ist eine gute Wasserführung im Boden zur Aufnahme der Nährstoffe in die Pflanze von entscheidender Bedeutung. Wie auch gezeigt wurde, vermochte die praktische Durchführung der Feldberegnung im Versuchsbetrieb am Wassermangel während der Vegetationsperiode nicht viel zu verändern. Hinsichtlich ungewisser Bodenwasservorräte ist es daher auch verständlich, daß sich das durch die Frühjahrsuntersuchung vorzufindende Nährstoffpotential im Ertrag nicht immer wiederspiegeln konnte.
Die gefundenen unterschiedlichen Beziehungen zwischen den EUF-K- und Phosphat-Fraktionen und den anderen verwendeten Methoden (Kalium: DL, Methode nach MEHLICH (1942); Phosphat: DL) sind auch aus der Literatur bekannt (z.B. FRÜCHTENICHT, 1987; VAN LIEROP u. TRAN, 1985; VENTER, 1985). Vermutlich liegt es auch mit daran, daß der Trend in der Praxis der Bodenuntersuchung durch die LUFA seit Ende der Achtziger Jahre wieder zurück zu einfacheren Verfahren der Nährstoffextraktion verläuft.