Fallstudie zur Bedeutung erhöhter Salzkonzentrationen im Beregnungswasser unter den humiden Bedingungen Mitteleuropas


Neumann, K.-H. und B. Pauler
Institut für Pflanzenernährung der Justus-Liebig-Universität Gießen

 


 

8.) Beschreibung der Standort-Bodenfruchtbarkeit der Versuchsflächen

Unter Standort-Bodenfruchtbarkeit (s.a. PAULER u. NEUMANN, 1989) soll hier der Zustand eines gegebenen Feldes verstanden werden, den Kulturpflanzen entwicklungsgerecht in ausreichendem Umfang mineralische Nährstoffe und Wasser unter den gegebenen klimatischen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Eine Beurteilung des aktuellen Zustands der Versuchsstandorte hat demgemäß mit der Beschreibung der klimatischen Situation im Hinblick auf die natürliche Versorgung der Vegetation mit Wasser zu beginnen.

Wie in Abbildung 6 zunächst gezeigt wird, ist im Jahresmittel fast während der gesamten Beregnungsperiode eine mittlere Tagestemperatur von über 20°C (um 14°°) zu verzeichnen. Dabei sind relativ geringe Schwankungsbreiten zu beobachten. Nur von der 15. zur 20. Kalenderwoche (April/Mai) und nach der 33. Kalenderwoche (September) liegen die mittleren Tagestemperaturen naturgemäß unter 20°C.

Die natürlichen Niederschläge (s. Abbildung 6) unterliegen dagegen im Mittel der Jahre bekanntermaßen sehr starken Schwankungen. Nur um die 21. Kalenderwoche ((Mitte Mai), 26. (Mitte Juli), 30. (Mitte August) und um die 36. Kalenderwoche (Ende September) sind Niederschlags-Wochensummen von über 20 mm zu erkennen. Wie Abbildung 7 verdeutlicht, waren diese Niederschläge im Durchschnitt der Untersuchungsperiode völlig unzureichend im Hinblick auf starke Dampfdruck-Sättigungsdefizite der Luft von über 90 mm um die 20. und von der 25. bis zur 31. Kalenderwoche. Demzufolge bestand infolge starker Evapotranspiration gerade während entscheidender Perioden der Vegetation von Sommerweizen und während der Zeit bis zum Reihenschluß bei Zuckerrüben ein großer Wasserbedarf.

Die in den einzelnen Jahren für die jeweiligen Feldfrüchte der Rotation ausgebrachten mittleren Beregnungswassermengen (Abbildung 8) verschaffen demnach ebenfalls einen Eindruck von der besonderen klimatischen Situation des Hessischen Rieds. Während in den Jahren 1981, 1987, 1988 und 1989 generell nur geringe Wassermengen ausgebracht wurden, erfolgte eine mittlere Beregnung von über 100 mm zu Sommerweizen nur im Jahre 1992, zu Zuckerrüben in den Jahren 1982, 1983, 1985, 1986, 1991 und 1992, und zu Feldgemüse in den Jahren 1980, 1982, 1991 und 1992.

Selbst in Anbetracht der Notwendigkeit, viel Beregnungswasser zur Untersuchung des Einflusses der Wasserqualität auf Pflanzenertrag und Boden auszubringen, konnte die in den einzelnen Jahren verabreichte Menge an Beregnungswasser im Mittel der Versuchsflächen zusammen mit den natürlichen Niederschlägen nur einen geringen Bruchteil des Sättigungsdefizits der Luft kompensieren (Abbildung 9). Die Summe aus Niederschlag und Beregnung erreichte bei Sommerweizen (s. Abbildung 9, Seite I) nur in den Jahren 1984 und 1987 etwa 25% des Dampfdruck-Sättigungsdefizits der Luft. Bei Zuckerrüben (s. Abbildung 9, Seite II) und Feldgemüse (s. Abbildung 9, Seite III) ist dies auch nur in den Jahren 1981, 1984 und 1987 der Fall.

Die praktische Durchführung der Beregnung erfolgte nach Empfehlungen der landwirtschaftlichen Behörden anhand von Wetterbeobachtungen und Analysen des Bodenwassergehalts im Bereich des mittleren Hessischen Rieds. In Anbetracht der über das Hessische Ried nahezu gleichmäßig verteilten Versuchsstandorte war es jedoch arbeitstechnisch nicht immer möglich, das Beregnungswasser in vollem Umfang auszubringen. In Konsequenz zu der Inbalance zwischen Verdunstungsanspruch der Luft und der Wasserversorgung der Pflanzen waren daher die Versuchspflanzen z.T. auch auf die unterschiedlichen Wasservorräte der einzelnen Parzellen-Standorte angewiesen (s. Kap. 9).

Vermutlich auch aus diesem Grunde war nicht immer ein klarer Beregnungseffekt zu erzielen. Wie aus Abbildung 10 hervorgeht, ist bei allen untersuchten Feldfrüchten generell eine starke Streuung der Ertragslage im Mittel der Parzellen-Standorte über den betrachteten Zeitraum von 1980 - 1992 zu erkennen, ein signifikanter Mehrertrag durch Beregnung zeichnet sich im Mittel der Jahre nicht ab. In einzelnen Jahren trug jedoch die Feldberegnung, besonders auf den leichten Parzellen-Standorten II und V, erheblich zur Ertragssicherung bei (für Sommerweizen z.B. Standort II, s. Tabelle 16). Die Darstellung der Ertragslage der angebauten Feldfrüchte im Durchschnitt der einzelnen Parzellen-Standorte (Abbildung 11) läßt große Abweichungen vom jeweiligen Mittelwert der Erträge in einzelnen Jahren erkennen. Nur bei Zuckerrüben und Zwiebeln zeichnen sich einzelne Jahre mit deutlichen durch Beregnung zu erzielenden Mehrerträgen ab. Während im Mittel der Parzellen-Standorte bei Zuckerrüben besonders die Jahre 1983 und 1990 einen deutlichen Mehrertrag infolge Beregnung erkennen lassen, ist der Zwiebelanbau in den Jahren 1983, 1986 und 1991 von einer deutlichen mittleren Beregnungswirkung gekennzeichnet.

Auch bei Gegenüberstellung des pro mm ausgebrachter Beregnung zu erzielenden Mehrertrages (Tabelle 16) ist eine starke Streuung der Werte in einzelnen Jahren zu beobachten. Während im Mittel der Jahre bei So.-Weizen auf dem leichtesten Boden von Standort II der höchste Beregnungseffekt zu erzielen ist, sind es bei Zuckerrüben auch schwere Böden (I und III), die das applizierte Beregnungswasser zur Ertragsproduktion nutzten. Dies ist ein Hinweis darauf, daß auch die Nährstoffversorgung für den Beregnungseffekt wichtig ist. Dies gilt offenbar auch für die Zwiebelproduktion, wo neben den mittleren Böden von Standort VII und IX die schwereren Parzellen I und X die höchsten Beregnungseffekte pro mm ausgebrachte Beregnung aufwiesen.

Im Jahre 1989 wurde auf einer Reservefläche von Parzellen-Standort VII und auf dem "Kohlhofseck" die Beregnung nach dem Simulationsmodell des Deutschen Verbandes für Wasserwirtschaft und Kulturbau (1984) geprüft. Dabei wird der Bodenwassergehalt nach folgendem, für die Randbedingungen des Hessischen Rieds nach HEGER (1980) angepaßten Berechnungsverfahren unter Einsatz von täglichen Wasserzufuhr- und Witterungswerten berechnet:



mm aktueller Bodenwasserbestand (Wai) =
mm Bodenwasserbestand des Vortages (Wai-1)
+ mm Niederschlag (gegebenenfalls + mm Feldberegnung)
- mm ETakt
- mm Wasser-Versickerung.


Anmerkung:

ETakt wird hierbei nach HAUDE (1955) aus dem Dampfdruck-Sättigungsdefizit der Luft (um 14°° h) und einem Kultur- und Vegetationszeit-spezifischen Korrekturfaktor a berechnet.



Dabei ist eine Beregnungsgabe von 30 mm zu verabreichen (bis zu 80% nFK in dm Wurzelzone), wenn der aktuelle Bodenwasserbestand bis zu 40% nFK in der Wurzelzone abgefallen ist. Nach diesem Beregnungskonzept wurden auf den geprüften Flächen folgende Ergebnisse erhalten (Tabelle 17):

Gemäß Tabelle 17 wurde auf dem schweren Boden des Standorts "Kohlhofseck" eine deutlich positive Ertragswirkung durch dieses Beregnungsverfahren erzielt. Der mittlere Standort VII zeigt dagegen bei dem DVWK-Beregnungsverfahren einen deutlichen Ertragsabfall. Dieser Standort neigt leicht zu Einzelkornstruktur und zur Verschlämmung. Es wäre daher denkbar, daß eine im Vergleich zur praxisüblichen Beregnung (Kontrolle) erhöhte Wasserapplikation zu einer Ertragsdepression führte. Weiterhin ist die Ertragslage auf der Kontrollfläche von Parzellen-Standort VII im Vergleich zum "Kohlhofseck" deutlich niedriger, wodurch die Wirkung der Beregnung nach dem DVWK-Modell möglicherweise auch durch andere ungünstige Einflüsse überdeckt worden sein konnte. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß infolge längerer Perioden mit Wasserüberstau bei Böden mit geringer hydraulischer Leitfähigkeit die Bearbeitbarkeit des Bodens in der DVWK-Beregnungsvariante eingeschränkt sein kann.

Entsprechend der eingangs gegebenen Definition der Bodenfruchtbarkeit eines Standortes sind nach der Darstellung von Standortklima und -ertrag im folgenden die einzelnen Böden der Versuchsstandorte näher zu charakterisieren. In Anbetracht der alljährlich im Frühjahr in großer Zahl untersuchten Bodenfaktoren (vgl. Tabelle 18 und Tabelle 19) wurde nach der PC-Entwicklung nach Methoden zur Datenreduktion gesucht. Das Verfahren der multiplen linearen Regressionsanalyse der Bodenfaktoren auf die Erträge der Versuchspflanzen schien das geeignete Verfahren hierzu zu sein, was anhand der Datensätze von 1981 bis 1986 für den So.-Weizenertrag unter Beweis gestellt wurde (s. PAULER u. NEUMANN, 1989).

Wie aus Tabelle 18 zu entnehmen ist, konnte für den Untersuchungszeitraum 1981-1988 für die Ertragslage unberegneter Versuchsstandorte im Hinblick auf So.-Weizen, Buschbohnen und Zwiebeln eine Varianzaufklärung durch die gefundenen Bodenkennwerte von über 50% erhalten werden. Bei Zuckerrüben resultiert dagegen in Anbetracht einer längeren Vegetationsperiode ein viel geringeres multiples Bestimmtheitsmaß.

Die Gegenüberstellung der standardisierten Regressionskoeffizienten (Beta-Werte) für die untersuchten Pflanzenarten (Tabelle 18) erlaubt eine Beurteilung der Stärke des Einflusses einzelner Bodenfaktoren für die jeweilige Zielgröße (Ertrag unberegneter Versuchsflächen). Während bei Sommerweizen, Zuckerrüben und Buschbohnen vornehmlich bodenphysikalische Faktoren dominieren, sind für Zwiebeln auch bodenchemische Faktoren von größerer Bedeutung. Dies ist sicherlich mit dem gering entwickelten Wurzelsystem dieser Pflanzenart im Zusammenhang zu sehen. Für weitergehende Schlußfolgerungen sei auf die Diskussion der Bedeutung einzelner Bodenfaktoren bei PAULER u. NEUMANN (1989) verwiesen.

Unter dem Einfluß der Feldberegnung ist bei allen Feldfrüchten der Rotation eine Abnahme der Varianzaufklärung der Erträge durch die Varianz der erfaßten Bodenkennwerte festzustellen. Offenbar ist bei verbesserter Wasserversorgung durch Beregnung das eingangs erwähnte Ertragspotential, das die im Frühjahr untersuchten Bodenfaktoren umreißen, weniger für die Pflanze von Bedeutung als auf unberegneten Parzellen. Im groben Überblick verändert sich weiterhin unter dem Einfluß der Beregnung die Struktur der als wichtig einzustufenden Bodenfaktoren. So ist z.B. auf unberegneten So.-Weizen-Parzellen der Bodenwassergehalt im Frühjahr einer der wichtigsten Kennwerte. Unter dem Einfluß der Beregnung wird diesem Bodenkennwert dagegen keine Bedeutung mehr im multiplen Regressionsmodell beigemessen.

Hinsichtlich der stark unterschiedlichen Parzellen-Standorte scheint es verständlich, daß bei der multiplen linearen Regressionsanalyse der Daten einzelner Parzellen-Standorte (Tabelle 19) eine verbesserte Varianzaufklärung des Ertrages (exemplarisch dargestellt für Sommerweizen) bei einer relativ geringen Anzahl von wichtig zu erachtenden Bodenfaktoren zu erreichen ist. Auch bei diesen Daten fällt auf, daß unter dem Einfluß der Beregnung andere Bodenfaktoren für die Ertragsstruktur wichtig sind als bei unberegneten Parzellen.

 


 

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