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Guarbohne (Cyamopsis tetragonolobus [L.] Taub. [=C. psoralioides DC.])

Biologie - Geschichte und Verbreitung - Nutzung und Verwertung - Weitere Informationen - Literatur - Bildlegenden

Biologie

Guar oder Guarbohne (Cyamopsis tetragonoloba (L.) Taub., syn. C. psoralioides DC.) wird im Englischen Guar bean, Siam bean, Calcutta bean oder der engen Fruchtstände wegen auch Cluster bean genannt. Es handelt sich um eine einjährige Leguminose, deren Hauptnutzung in der Erzeugung von Gummiarabikum aus den Körnern besteht. Sie wird 1 bis 2, manchmal auch bis 3 m hoch, hat einen kräftigen hohlen Haupttrieb mit einer mehr oder weniger ausgeprägten Verzweigung. Der Grad der Verzweigung ist stark sortenabhängig. Die Stengel und Zweige sind meist stark behaart.

Die Guarbohne hat eine typische Pfahlwurzel, welche fast mühelos auch in schwere Böden eindringen kann. Zudem ist ein weitverzweigtes, oberflächlich laufendes Wurzelsystem mit einer starken Knöllchenbildung vorhanden.

Die dreifiedrigen Blätter stehen wechselständig. Die Blättchen sind langoval, am Ende in eine Spitze auslaufend. Die Blattränder können leicht gezähnt sein. Die Blattlänge beträgt 5 bis 10 cm. Anfangs sind die Blätter grünlich glänzend, später nehmen sie durch zunehmende Behaarung eine graugrüne Farbe an.

Die kleinen (bis 8 mm langen), hellblauen bis weißlichen Blütenbüschel stehen aufrecht in den Blattachseln. Hieraus entwickeln sich senkrecht stehende Büschel von Hülsen. Die Einzelhülsen sind ca. 3,5 bis 12,0 cm lang, flach und schmal sowie schnabelförmig spitz auslaufend. Jede Hülse enthält zwischen 5 und 12 kleine, ovale weizenähnliche Samen von etwa 5 mm Länge. Am Ende sind die Körner abgeflacht. Das Tausendkorngewicht liegt zwischen 25 und 40, max. bei 60 Gramm. Die Körner sind weiß oder grau; erst durch starke Feuchtigkeit zur Reife scheinen sie auch schwarz zu werden, ohne ihre Keimfähigkeit dadurch einzubüßen. Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 14.

Der Habitus von Guar kann nutzungs- und sortenbedingt sehr unterschiedlich sein. So gibt es blattreiche Sorten, die nur im oberen Stengelabschnitt Hülsen ansetzen. Sie dienen mehr der Grünnutzung. Blattarme Pflanzen sind oft bereits am unteren Stengel mit Hülsen besetzt und werden für die Kornproduktion bevorzugt.

Die Samen haben eine rauhe Oberfläche und eine harte Schale, welche 14 bis 17 % des Kornes ausmacht. Der Sameninhalt besteht aus einem großen Keimling (43 bis 48 %) und dem Endosperm (35 bis 42 %). Dieses Endosperm dient im großen Maße der Guar-Gummiherstellung.

Die chemische Zusammensetzung der einzelnen Pflanzenteile bzw. Ernteprodukte (Grünfutter, Heu, grüne Hülsen und reife Körner) sind aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlich (nach DUKE):

Rohnährstoffe in % der Trockenmasse
 
Protein
Fett
Kohlehydrate
Rohfaser
Asche
Grünfutter
3,1 - 6,6
0,4 - 0,7
8,0 4,4 3,3
Heu 25,2 0,9 43,6 13,8 16,5
Frische, grüne Hülsen 3,7 0,2 9,9 2,3 9,4
Körner
21,1 - 33,2
1,1 - 3,0
39,9 - 45,0*)
13,1 8,0
Kornschale 5,0 3,0   36,0 4,0
Keimling 55,3 5,2   18,0 4,6
Endosperm 5,0 0,6   1,5 0,6
Guargummi 5 - 6     2,5
0,5 - 0,8
Die Kohlehydrate im Korn *) und speziell des Endosperms bestehen vorwiegend aus dem Polysaccharid Guaran, welches mit Galaktomannan oder Mannogalaktan bezeichnet wird. Hieraus wird auf technischem Wege das Gummiarabikum oder Guar gum hergestellt.

Aminosäurezusammensetzung des Proteins der Guarbohne (g je 16 g N) nach DUKE:
Alanin 4,2 Histidin 2,5 Prolin 3,1
Arginin 12,5 Isoleucin* 3,2 Serin 4,9
Asparaginsäure 10,2 Leucin* 5,9 Threonin* 2,8
Cystin* 2,0 Lysin* 4,0 Tryptophan* 1,9
Glutaminsäure 20,1 Methionin* 1,4 Tyrosin 7,0
Glycin 5,1 Phenylalanin* 3,7 Valin* 4,2
* = essentiell

Die Erträge belaufen sich pro Hektar auf 40 bis 50 Tonnen Grünmasse und 5 bis 8 dt/ha Körner. Bei Zusatzbewässerung werden auch bis 17,5 dt/ha Samen erzielt.

Geschichte und Verbreitung

Es gibt Angaben, wonach die Wildpflanze Cyamopsis senegalensis aus Zentralafrika stammt. Wahrscheinlicher aber ist Guar in Indien und Pakistan beheimatet. Dort wird Guar seit langem in vielfältiger Weise genutzt. Die Guarbohne kann Grünfutter und Heu für Tiere liefern, für die Menschen Blattgemüse, grüne Hülsen und eiweißreiche Samen, die auch an Rinder verfüttert werden. Für industrielle Zwecke wird aus dem Endosperm der Körner, wie schon mehrfach erwähnt, Guargummi gewonnen. Die anfallenden Restmehle bei der Gummifabrikation stellen zudem ein gutes und eiweißreiches Tierfutter dar.

Der Anbau hat sich, abgesehen von Anbauversuchen z. B. in Brasilien und Afrika, inzwischen nach Australien, Israel und seit 1950 vor allem nach Südwest-USA ausgeweitet. In den USA werden jährlich etwa 50.000 Tonnen zu Gummiarabikum verarbeitet.

Guar ist sehr trockenresistent und wächst daher recht gut in den USA bei Regenmengen von 900 mm im Jahr, kommt aber auch schon mit 400 bis 500 mm in Indien zurecht. Eine Zusatzbewässerung wird recht gut in höhere Erträge umgesetzt (s. o.). Grundsätzlich soll es zum Zeitpunkt der Ernte aber trocken sein, da sich sonst die Körner, wie bereits erwähnt, schwarz färben können. Die Temperaturen sollen während der Vegetation hoch liegen (25 bis 30°C). Ist es feuchtwarm, treten verstärkt Krankheiten und Schädlinge auf. Guar ist kälteempfindlich, daher sollte ein Zeitraum von etwa 100 - 130 Tage frostfrei sein.

Bezüglich der Böden ist die Guarbohne sehr anpassungsfähig. Sie wächst sowohl auf Alluvial- als auch auf Verwitterungsböden, auf sandigen Lehmen und auch auf schweren tonhaltigen Flächen. Die pH-Werte können von 6,5 bis pH 8,0 liegen.

Die Aussaat erfolgt in Indien meist zu Beginn der Sommerregen als Hauptfrucht oder nach der Ernte einer Hauptfrucht, wenn für Guar noch ausreichend Wasser im Boden ist. Das Saatgut wird meist breitwürfig, aber auch in Reihen mit 50 cm Abstand ausgebracht, wenn ausreichend Wasser zu erwarten ist. Bei Wassermangel wird die Reihenentfernung auf 110 bis 120 cm erweitert. Innerhalb der Reihen stehen die Pflanzen auf 30 bis 60 cm je nach Wasserversorgung. Die Saatmenge liegt bei Kornnutzung zwischen 10 und 30 kg/ha, bei Futternutzung zwischen 50 und 100 kg/ha.

Die Stickstoffversorgung der Pflanze erfolgt in der Regel über die Symbiose mit den entsprechenden Rhizobiumknöllchen der Kuherbsengruppe. Eine leichte Startstickstoffdüngung (20 kg/ha N) kann sich jedoch förderlich auf die Jugendentwicklung auswirken. Ferner benötigt die Pflanze relativ viel Phosphor, deswegen werden in den USA zwischen 200 und 250 kg Superphosphat je Hektar gedüngt.

Die Ernte erfolgt in Indien mit der Hand, in den USA verwendet man beim Vorhandensein entsprechender Sorten meist den Mähdrescher.

Nutzung und Verwertung

Die Pflanze eignet sich in Trockengebieten gut zur Erzeugung von Grünfutter und Heu, als Bodendecker und Gründüngungspflanze. Als Gründüngung oder ganz allgemein als Vorfrucht entfaltet sie dabei eine ähnlich gute Wirkung wie Soja oder die Kuherbse. Ferner werden grüne Blätter ähnlich wie Spinat zubereitet. Grüne Hülsen liefern Salate oder Gemüse. Die reifen Körner werden im indischen Subkontinent gekocht verfüttert oder dienen der menschlichen Ernährung. Das Erwärmen und Kochen vor allem der grünen Samen ist wichtig, um den blausäurehaltigen Trypsinhemmer (40 bis 70 mg HCN je 100 g in der Trockensubstanz) abzubauen. Das Korn ist sehr nahrhaft.

In Indien hat Guar auch eine Bedeutung in der Volksmedizin. Die Früchte haben eine laxierende Wirkung und werden bei Gallenbeschwerden angewendet. Die Blätter sollen bei Nachtblindheit helfen. Gekochte Samen werden in Form von Breiumschlägen gegen Schwellungen der Leber, am Kopf oder in Zusammenhang mit solchen bei Brüchen der Gliedmaßen verwendet. Ein Gemisch von Guarasche und Öl wird in der Tiermedizin ebenfalls gegen Beulen und Schwellungen angewandt.

Die Hauptnutzung von Guar liegt jetzt aber eindeutig in der mehrfach genannten Erzeugung von Gummiarabikum (Guar gum oder Carob gum) aus dem Endosperm der Samen. Das aus Guar gewonnene Gummiarabikum hat eine viel höhere Viskosität als das des Johannisbrotbaumes (Ceratonia siliqua L.), welches noch immer weltweit die Hauptquelle für die Erzeugung von Gummiarabikum darstellt.

Die Samen werden zu diesem Zweck geschält und dann gemahlen. Als Guarmehl (nur Endosperm) kommt es in den Handel, um industriell zu Gummiarabikum verarbeitet zu werden. Das Mehl besteht zu 80 bis 85 % aus Galaktomannane oder Mannanogalaktane. Dies ist ein Polysaccharid, das zu etwa einem Drittel aus Galaktose und zu zwei Dritteln aus Mannose besteht. Diese Stoffe haben eine sehr hohe Viskosität, so daß Klebstoffe daraus hergestellt werden können. Guargummi verbessert auch die Reißfestigkeit und Farbqualität von Papier.

Weitere industrielle Verwendungsmöglichkeiten sind gegeben: in der Pharmazie, bei der Herstellung von Farbstoffen, Kosmetika, keramischen Erzeugnissen, Munition und Feuerwerkskörper, bei der Metallverarbeitung, im Bergbau und in der Erdölindustrie. In Nahrungsmitteln findet Guargummi als Appetitzügler und Dickungsmittel Verwendung.

Bei dieser großen Anwendungsbreite ist zu erwarten, daß der Anbau sich in Trockengebieten in Zukunft noch beachtlich ausweiten wird.

Pflanzenselektionen wurden in Indien schon sehr lange durchgeführt und Sorten für bestimmte Anbauzwecke entwickelt: "Deshi" ist eine kleinwüchsige Sorte für den Samenanbau im Regenfeldbau. "Pardeshi" ist eine höherwüchsige Form, die als Gemüsepflanze eine Rolle spielt. "Sotiaguvar", eine frohwüchsige, hohe Sortengruppe, die Gründüngung oder Grünfutter liefert. In den USA sind spezielle Sorten entwickelt worden, die mit dem Mähdrescher geerntet werden können.

Weitere Informationen zur Art

Systematik - Unterfamilie Papilionoideae

Rhizobium-Gruppen wichtiger Leguminosae

Bestimmungsschlüssel für die Blätter wichtiger Leguminosae

Äußere Merkmale der zur Kornnutzung geeigneten Gattungen

Tabelle 1: Nährstoffgehalte der Samen von Körnerleguminosen in % (Mittelwerte)

Tabelle 7: Fettsäuremuster der fettreichsten Leguminosenarten

Roheiweißproduktion der wichtigsten Nahrungspflanzen.

Literatur

DUKE, J.A., 1981: Handbook of legumes of world economic importance. 70-73. Plenum Press, New York, London.

FRANKE, W., 1989: Nutzpflanzenkunde. Nutzbare Gewächse der gemäßigten Breiten, Subtropen und Tropen. 117-118. Verlag Thieme, Stuttgart, New York.

GEBAUER, W.-G., 1988: Untersuchungen zur Verbesserung der Pflanzenproduktion auf Vertisol im Regenfeldbau der Nuba-Region/Sudan. Diss. Gießen.

PURSLEGLOVE, I.W., 1968: Tropical crops, Dicotyledones 1, 255. Longmans, Green & Co. Ltd., London and Harlow.

REHM, S. & G. ESPIG, 1984: Kulturpflanzen der Tropen und Subtropen. 346. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

UFER, M., 1972: Anbauversuche mit Guar. Landwirt im Ausland, 6 (1), 12-14.

UFER, M., 1972: Probleme der Verarbeitung von Guar. Landwirt im Ausland, 6 (2), 38-40.

Bildlegenden

Die Guarbohne ist eine einjährige Leguminose, deren Hauptnutzung in der Erzeugung von Gummiarabikum
besteht. Der Haupttrieb wird 1 bis 2 m hoch, er ist mehrfach verzweigt. Die 5 bis 10 cm großen
Laubblätter stehen wechselständig. Die dreizähligen Blättchen sind langoval mit einer deutlichen Spitze.

Die kleinen, etwa 8 mm großen, hell rötlich, blauen oder weißlichen Blüten stehen in Büscheln in den
Blattachseln an einem kurzen Stiel.

Die kleinen Blüten blühen meist geschlossen ab und es vergehen nur wenige Stunden bis zur
Selbstbefruchtung (Bild 1).

Die kleinen Blüten blühen meist geschlossen ab und es vergehen nur wenige Stunden bis zur
Selbstbefruchtung (Bild 2).

Aus den Blütchen entwickeln sich Büschel von senkrecht stehenden 3,5 bis 12,0 cm langen, flachen,
schmalen Hülsen mit einer schnabelförmigen Spitze.

Die Hülsen enthalten je 5 bis 12 ovale, weizenähnliche Samen von nur 0,5 cm Länge. Die
Tausendkorngewichte schwanken zwischen 25 und 60 g.

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