Kuhbohne, Augenbohne (Vigna unguiculata [L.] Walp. ssp. unguiculata [= V. sinensis [L.] Walp.])
Biologie
- Geschichte und Verbreitung - Nutzung
und Verwertung - Weitere Informationen
- Literatur - Bildlegenden
Biologie
Zur Spezies Vigna unguiculata werden nach REHM drei Subspezies gerechnet:
ssp. cylindrica - Catjang-Bohne, Angolabohne
ssp. sesquipendalis - Spargelbohne, Langbohne
Die Kuhbohne ist meist eine aufrecht wachsende, manchmal schwach rankende, einjährige, krautige Pflanze, die eine Höhe von 80 bis 100 cm erreicht. Rankende und kriechende Typen werden häufig als Bodendecker oder Futterpflanzen verwendet und erreichen nur Bestandeshöhen von 30 bis 40 cm.
Alle Typen besitzen eine kräftige tiefreichende Pfahlwurzel, über die Wasser auch aus tieferen Schichten erreicht werden kann. An den oberflächennahen Wurzeln bilden sich viele Knöllchen mit den Bakterien der Cowpea-Gruppe. Die Blätter stehen alternierend, sind langgestielt (5 bis 15 cm) und dreizählig, 6 bis 16 cm lang und 4 bis 11 cm breit. Dabei können die kleineren lateralen Blätter asymmetrische Formen haben. Die achselständigen Blütenstände enthalten nur wenige Blüten (2 bis 4). Sie blühen morgens auf und sind abends bereits wieder verblüht. Das Farbspektrum der Blüten reicht von grau-weiß über gelb, rot bis violett. Die Hülsen sind bleistiftförmig dünn, etwas gebogen und haben eine Länge von 8 bis 18 cm mit einer deutlichen Markierung der Samenpositionen.
Die Samen sind länglich bis quadratisch oder rund (6 bis 8 mm x 4 bis 6 mm) mit großen Schwankungen. Die Kornfarbe kann von hell bis dunkel variieren, kann rot, weiß, schwarz oder violett sein. Auch Mosaikmuster kommen häufig vor. Das große Hilum ist deutlich erhöht mit einer auffälligen Ringzeichnung, worauf wohl der Name Augenbohne zurückzuführen ist. Das Tausendkorngewicht schwankt zwischen 100 und 250 Gramm.
Der Chromosomensatz beträgt 2n = 22 oder 24. Die Bestäubung erfolgt meist durch Insekten. Unter trockenen Bedingungen soll aber Selbstbefruchtung vorherrschen.
Die Bohnenerträge schwanken je nach Boden, Klima und Anbaukultur. Unter ungünstigen Bedingungen können die Hektarerträge bei 2,5 dt liegen, während sie bei höherer Anbaukultur, entsprechender Investition von Zuchtsorten, Düngung, Pflanzenschutz und gegebenenfalls einer ergänzenden Bewässerung (USA) auch 40 dt betragen können.
Der Kalorienwert wird mit 384 bzw. 1632 Joule je 100 g angegeben.
Von den Inhaltsstoffen ist vor allem der Rohproteingehalt
wichtig. In den Hülsen steigt er während der Reife von 2 auf
ca. 9 % an. Im Samen setzt sich die Konzentration fort: Junge grüne
Samen haben ca. 4 % Rohprotein, reife Samen 19 bis 27 %. Der Rohfettgehalt
ist mit ca. 1,4 % niedrig, der Stärkegehalt wird mit 40 bis
56 % angegeben. Der Rohfasergehalt liegt bei 4,7 %, der Mineralstoffgehalt
beträgt etwa 3,5 %. Die Wertigkeit des Rohproteins im reifen Korn
ist jedoch relativ gering, auch wenn der Lysingehalt bei 6,4 g/16 g N liegt
(s. Aufstellung).
Aminosäurezusammensetzung des Proteins der
Kuhbohne (g je 16 g N):
Alanin | 4,4 | Hypalin | 0,5 | Prolin | 3,4 |
Arginin | 7,3 | Isoleucin* | 4,0 | Serin | 4,5 |
Asparaginsäure | 10,6 | Leucin* | 7,2 | Threonin* | 3,6 |
Cystin | - | Lysin* | 6,4 | Tryptophan* | 0,1 |
Glutaminsäure | 16,9 | Methionin* | 1,2 | Tyrosin | 3,4 |
Glycin | 4,1 | Phenylalanin* | 6,0 | Valin* | 4,7 |
Histidin | 3,2 |
Im Korn können bis zu 0,025 % Stigmasteral (Trypsinhemmer) und blausäurehaltige Stoffe (ca. 2 mg/100 ml Extrakt) enthalten sein, wodurch die Verträglichkeit herabgesetzt wird.
Das Rohfett hat folgende Zusammensetzung: 7,1 % Stearinsäure, 33,4 % Palmitinsäure, 12,2 % Ölsäure, 27,4 % Linolsäure, 12,3 % Linolensäure, 1,1 % Lignocerinsäure, 4,0 % Behensäure und 0,9 % Arachinsäure.
Das Stroh hat mit ca. 3,5 % Rohprotein eine
akzeptable Futterqualität.
Geschichte und Verbreitung
Die Kuhbohne entstammt der alten Welt. Nach REHM soll sie in Afrika beheimatet sein. VAVILOV nennt ein Genzentrum in Äthiopien und ein zweites in Hindustan. Die Pflanze wird seit altersher in Indien, aber auch in der Sudanzone, südlich der Sahara, kultiviert. ALEXANDER der Große soll sie weit verbreitet und ins Mittelmeergebiet gebracht haben. Römer und Griechen bezeichneten sie als Phaseolus. Nach Amerika kam sie wahrscheinlich mit den Sklaventransporten (ARNON). Jetzt wird die Kuhbohne im Mittelmeergebiet bis nach Ungarn, in Afrika südlich der Sahara und in Südafrika, in Indien und Australien, in Südamerika vornehmlich in Brasilien und als Gemüsekultur in den Südstaaten der USA angebaut. In neuerer Zeit wird die Kuhbohne auch in Europa kultiviert, z. B. in Albanien, Ungarn u.a.
Da die Kuhbohne sehr trockenresistent ist, wird sie vornehmlich mit 700 bis 1500 mm Niederschlag unter Regenfeldbau ohne Bewässerung in warmen und heißen Tieflandtropen bzw. in subtropischen Regionen bei 20 bis 33°C kultiviert. Hier hat sie ihre große Bedeutung als eiweißliefernde Nahrungs- oder Futterpflanze. Bei zu hohen Temperaturen oder Wassermangel entwickelt sich nur wenig vegetative Masse, die Samenproduktion leidet jedoch nur in geringerem Maße. Bewässert wird einmal vor der Saat, ein weiteres Mal zur Blüte und frühen Hülsenbildung. Die Bewässerung dient vor allem der Ertragserhöhung und Qualitätsverbesserung im Gemüseanbau (junge Hülsen). Im warm-humiden Klima wächst die Kuhbohne sehr gut, leidet aber oft stark unter Krankheitsbefall, so daß der Ertrag nicht besser als in Trockengebieten ist.
Mit relativ armen Böden kommt die Pflanze zurecht, da sie in der Lage ist, über die Knöllchenbakterien bis zu 250 kg Stickstoff je Hektar zu binden. Mit steigender Bodenqualität verbessern sich auch die Kornerträge. Am besten eignen sich gut drainierte Böden mittlerer Qualität, mit pH-Werten von 4,3 bis 7,9.
Der Anbauumfang ist sehr schwer zu beschreiben, da es kaum Statistiken gibt, die nur die Kuhbohne erfassen. Es gibt daher nur Schätzungen, wonach weltweit 2 Mio. Tonnen Körner erzeugt werden. Hauptproduzent ist Nigeria mit 0,8 bis 0,9 Mio. Tonnen. Die Weltproduktion wird 1989 mit 1.097 Mio. t angegeben, wovon auf Afrika 1.003 Mio. t, Nordamerika 57.000 t, Asien 27.000 t, Europa 6.000 t und Oceanien 3.000 t entfallen. Nigeria hat mit 85.000 t die höchste nationale Produktion.
Die Pflanze wird in der Regel zu Beginn der Regenzeit
als Reinkultur, aber in Afrika auch sehr häufig als Mischkultur mit
Mais, Sorghum, Perlhirse oder Cassawa angebaut. Gedüngt wird nur,
wenn hohe Erträge angestrebt werden. Der Aufwand beschränkt sich
aber auch dann auf eine Startstickstoffgabe von weniger als 30 kg/ha und
30 bis 80 kg/ha Phosphorsäure.
Nutzung und Verwertung
Grüne Hülsen oder grüne Bohnen werden sehr früh und je nach Anfall und Bedarf gepflückt. Bei nur zögerlichem Ende der Regenzeit muß zwei- oder dreimal gepflückt werden.
Die Ernte der Trockenbohnen erfolgt bei gleichmäßiger Abreife in einem Arbeitsgang.
Die Verwertung ist je nach Region und Tradition sehr unterschiedlich. In Afrika werden bereits junge Blätter, grüne Hülsen und grüne Bohnen als Gemüse gegessen. Die reifen Bohnen werden gekocht, gedünstet und in Öl geröstet oder zu Mehl verarbeitet. In Indien und Südamerika werden ebenfalls grüne Hülsen und Bohnen sowie grüne Sprosse (Indien) gegessen. Im Süden der USA hat sich eine spezielle Gemüseindustrie entwickelt, die grüne und reife Bohnen zu Dosenkonserven verarbeitet ("southern pea") mit einer Jahresproduktion von ca. 20.000 Tonnen.
Bei verschiedenen Stämmen in Westafrika (Hausa und Yoruba) wird die Pflanze für spiritistische oder medizinische Zwecke verwendet.
Neben der menschlichen Ernährung dient die Kuhbohne auch als Viehfutter, wobei das Korn, die Druschhülsen und das Stroh Verwertung finden. Rankende und kriechende Typen werden als Bodendecker bzw. Mulchpflanzen zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit angebaut.
An vielen Stellen wird seit längerer Zeit Züchtung
betrieben: Indien, Südamerika, Australien und speziell die USA sind
hier zu erwähnen. Seit etwa 1970 wird von International Institute
for Tropical Agriculture (IITA) in Ibadan/Nigeria ein umfangreiches Zuchtprogramm
zur Verbesserung der Ertragsfähigkeit und der Krankheitsresistenz
für die Trockengebiete der Erde, vornehmlich für Afrika, durchgeführt.
Es konnten viele Sorten für unterschiedliche Verwendungszwecke mit
verschiedenem Habitus und unterschiedlicher Kornfarbe entwickelt werden.
Neuerdings spielt auch die Resistenz gegenüber dem parasitären
Unkraut Striga eine große Rolle. Über solche Zuchtprogramme
soll vor allem die Eiweißversorgung der ländlichen afrikanischen
Bevölkerung verbessert werden, die unter Eiweißmangel leidet.
Weitere Informationen zur Art
Systematik - Unterfamilie Papilionoideae
Rhizobium-Gruppen wichtiger Leguminosae
Bestimmungsschlüssel für die Blätter wichtiger Leguminosae
Darstellung 6: Samen einiger Körnerleguminosen
Äußere Merkmale der zur Kornnutzung geeigneten Gattungen
Tabelle 1: Nährstoffgehalte der Samen von Körnerleguminosen in % (Mittelwerte)
Tabelle 3: Sameninhaltsstoffe einiger Körnerleguminosen (Angaben in % der TM)
Tabelle 6: Gehalt essentieller Aminosäuren in Leguminosensamen
Roheiweißproduktion der wichtigsten Nahrungspflanzen.
Tabelle 11: Weltproduktion und Hauptproduzenten von Körnerleguminosen
Tabelle 12: Anbaufläche zur Trocken- und Grünkorngewinnung
Tabelle 13: Produktion an trockenen, bzw. frischen Samen oder Hülsen
Tabelle
14: Erträge zur Trocken- und Grünkorngewinnung
Literatur
ARNON, J., 1972: Crop produktion in dry regions, II. 250-255. Leonard Hill, London.
BRÜCHER, H., 1977: Tropische Nutzpflanzen - Ursprung, Evolution und Domestikation. 4. Aufl., 207-209. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York.
DUKE, J.A., 1981: Handbook of legumes of world economic importance. 298-306. Plenum Press, New York, London.
FRANKE, G., 1988: Früchte der Erde. 3. Aufl., 99-100. Urania Verlag, Leipzig, Jena, Berlin.
FRANKE, W., 1989: Nutzpflanzenkunde. Nutzbare Gewächse der gemäßigten Breiten, Subtropen und Tropen. 135-136. Verlag Thieme, Stuttgart, New York.
HALLIDAY, D.J. & M.E. TRENKEL, 1992: IFA world fertilizer use manual. 193-189. Intern. Fert. Industry Assoc.
PURSLEGLOVE, J.W., 1968: Tropical crops, Dicotyledones 1. 231-329. Longmans, Green Co Ltd., London and Harlow.
REHM, S., 1989: Vigna ssp. In: Handbuch der Landwirtschaft und Ernährung in den Entwicklungsländern. 2. Aufl., Bd. 4: Spezieller Pflanzenbau in den Tropen und Subtropen. 271-273. Verlag Ulmer, Stuttgart.
SCHMIDT, G.A. & A. MARCUS, 1943: Handbuch der tropischen und subtropischen Landwirtschaft. 762-765. Verlag Mittler u. Sohn, Berlin.
SIMMONDS, N.W., 1976: Evolution of crop plants. 183-185. Longman, London.
WESTPHAL, E., 1974: Pulses in Ethiopia, their taxonomy and agronomical significance. Agric. Res. Rep. 815, 213-232. Centr. for Agric. Publ. and Doc., Wageningen,
VAVILOV, N.J., 1951: The origin, variation, immunity
and breeding of cultivated plants. Chronica Bot. 13, (1-6) 1-364.
Bildlegenden
Die Kuhbohne ist
eine einjährige 30 bis 80 cm hochwachsende Pflanze mit einer kräftigen,
tiefgehenden
Pfahlwurzel.
Die Blätter sind dreizählig, lanzettlich, 6 bis 16 cm lang und 4 bis 11 cm breit.
Die weißen,
gelblichen oder rotvioletten Blüten stehen in den Blattachseln einzeln,
zu zweit oder
höchstens
zu viert zusammen.
Die Krone ist breit,
das Schiffchen dagegen kurz und mehr oder weniger fest geschlossen. Die
Blühdauer
beträgt nur etwa 12 Stunden. Die Blüten öffnen sich morgens
und sind am abend schon
verblüht.
Die Hülsen
sind nur etwa bleistiftdick, etwas gebogen und 8 bis 18 cm lang mit deutlichen
Markierungen der
Samenpositionen.
Die Samenfarbe variiert von gelblich-weiß, über braun bis rot und schwarz-violett
Die Samen sind rund-oval
bis viereckig und leicht nierenförmig mit einem Tausendkorngewicht
zwischen 100 und
250 g. Der Nabel ist deutlich erhöht und von einem dunklen Ring umgeben
(darum
die Bezeichnung
Augenbohne).