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Feuerbohne, Prunkbohne (Phaseolus coccineus L. [= Ph. multiflorus Lam. = Ph. vulgaris L. var. coccineus L. = Lipusa multiflora Alef.])

Biologie - Geschichte und Verbreitung - Verwertung und Nutzung - Weitere Informationen - Literatur - Bildlegenden

Biologie

Phaseolus coccineus, auch Schminkbohne genannt, ist wie Phaseolus vulgaris meist einjährig, jedoch kommen auch zwei- und mehrjährige Formen vor. Die Wurzeln sind oft zu bis 2,5 cm dicken, spindelförmigen Knollen ausgewachsen. Der Stengel wird 2 bis 4 bis 7 m lang, er ist stets links windend, unten rund und oben wie die Blattstiele sechskantig, schwach und kurz behaart; die Haare fallen später ab. Die Laubblätter bestehen oben aus gerinnten Blattstielen und 3 großen, breit-eiförmigen, ziemlich rauhen Blättchen, die auf der Oberseite deutlich behaart und dunkelgrün glänzend gefärbt sind. Die Unterseite ist heller grün. Sie sind ganzrandig oder manchmal schwach geschweift; es sind deutlich Netznerven sichtbar. Die Drüsenhaare auf der Blattunterseite sondern ein Sekret ab, das Kaliumkarbonat enthält und hygroskopisch wirkt, so daß das Wasser aus der Luft aufgenommen werden kann. Die Nebenblätter sind klein, kurz lanzettlich, ähnlich den Stipellen. Die Blütenstände erreichen eine Länge von 25 bis 35 cm; sie sind meist länger als die Laubblätter mit 6 bis 10 Paar ziemlich lang gestielten, 1,5 bis 3,0 cm großen Blüten, die in den Achseln kleiner eiförmiger Tragblätter stehen. Der Kelch hat zwei Lippen, die oberen Zähne sind deutlich kürzer. Die Fahne ist kurz und zurückgeschlagen; die Flügel sind relativ groß und breit. Das Schiffchen ist spiralig eingerollt, mit einem kurzen, dicken Griffel. Die Farbe der Blüten variiert von leuchtend rot, über rot und weiß, bis rein weiß. Der Blühablauf stimmt im wesentlichen mit dem von Phaseolus vulgaris überein, jedoch sind die Blüten von Phaseolus coccineus meist selbsteril. Selbstbefruchtung kommt nur vereinzelt vor, wenn die Blüten gegen Insektenbesuch isoliert werden (FRUWIRTH). Einmal geöffnete Blüten schließen sich wie bei Phaseolus vulgaris nicht mehr. Eine Blütentraube blüht etwa 11 Tage und eine Pflanze bis zu drei Wochen. Kreuzungen zwischen Ph. vulgaris und Ph. coccineus sind möglich, es treten jedoch, wie schon bei Phaseolus vulgaris erwähnt, in der F1 Letalfaktoren und Spaltungen bei verschiedenen Merkmalen sowie sterile Nachkommen auf. In Europa werden die Feuerbohnen meist von Hummeln (Bombus hortorum) und Bienen (Eucera longicorrus) bestäubt. Kreuzungen können auch ohne Kastration durchgeführt werden, wie BECKER-DILLINGEN beschreibt. Kreuzungen zwischen Phaseolus coccineus x Phaseolus vulgaris gelingen leichter, wenn die Feuerbohne als Mutterpflanze benutzt wird.

Die hängenden Hülsen sind rauh, anfangs dicht behaart, hell bis mittelbraun, teilweise rot oder violett gefleckt; sie umschließen 3 bis 5 große, 1,3 bis 2,5 cm lange und 0,8 bis 1,6 cm breite und 0,6 bis 1,2 cm dicke, nierenförmige Samen. Die Farbe der Samen ist violett bis rotbraun in verschiedenen Abstufungen, mit dunklerer Marmorierung und Scheckung, auch rein weiße Samen und schwarze kommen vor. Der Nabel ist etwas schmäler als bei Phaseolus vulgaris, etwa 1/4 so lang wie die Keimblätter. Das Tausendkorngewicht variiert von 800 bis 1.200 g.

Der Nährstoffgehalt der Samen entspricht etwa dem von Phaseolus vulgaris.

STÄHLIN nennt folgende Inhaltsstoffe der Samen von Feuerbohnen: 18,4 % Rohprotein, 1,8 bis 2,9 % Rohfett, 4,4 % N-freie Extraktstoffe, 6,8 % Rohfaser, 3,8 % Asche und 15,0 % Wasser.

Nach HEGI ist kein Phaseolunatin (Linamarin) in den Samen nachweisbar. Auch sind Nährwert und Verdaulichkeit weitgehend mit Phaseolus vulgaris identisch.

Phaseolus coccineus weist eine wesentlich geringere Variabilität der Merkmale als Phaseolus vulgaris auf.

In warmen Gebieten ist die Feuerbohne häufig zweijährig oder sogar perennierend. Im kühleren Klima erfriert sie im Herbst.

Geschichte und Verbreitung

Das Ursprungsgebiet von Phaseolus coccineus liegt im tropischen Amerika, dort wird sie heute als Zierpflanze angebaut und ist teilweise verwildert anzutreffen.

Als Abstammungspflanze wird Phaseolus formosus (Humb.), Bompl. et Kunth angenommen, die in Mexiko zu finden ist.

1635 soll die Feuerbohne durch den holländischen Admiral HAINS ("Hainsbohne") nach Europa gebracht worden sein. Nach anderen Autoren, wurde sie schon 1597 in England kultiviert. In Paris wurde sie angeblich 1635 in so großen Mengen angebaut, daß aus den Blütenständen Sträuße und Girlanden gebunden wurden (HEGI). Seit etwa 1654 hat sich die Feuerbohne infolge ihrer geringen Krankheitsanfälligkeit, Robustheit und Anpassungsfähigkeit über ganz Europa ausgebreitet. Der Hauptanbau liegt in Mittel- und Nordeuropa, wo sie als Garten- und Zierpflanze angebaut wird. In Südeuropa und in Nordafrika wird sie seltener kultiviert. Dank ihrer geringeren Wärmeansprüche als Phaseolus vulgaris kann sie noch im Süden von Norwegen und in 1.200 m über NN in Südtirol ausreifen.

Über die Größe der Anbauflächen und der Samenproduktion liegen keine Angaben vor. In jedem Fall sind sie geringer als bei Phaseolus vulgaris. Größere feldmäßige Anbauflächen sind in England zu finden, wo die Feuerbohne ein beliebtes Gemüse ist.

Verwertung und Nutzung

Die Feuerbohne wird in der menschlichen Ernährung vorwiegend als Gemüse, Suppe aus unreifen, grünen Hülsen oder von milchreifen Samen genutzt. Aber auch die reifen Trockenbohnen ergeben eine wohlschmeckende Suppe oder abgebrüht einen Salat, wie bei Phaseolus vulgaris. Ebenso kann aus Feuerbohnen ein feines Püree als Gemüse hergestellt oder für Füllungen von Gurken u.a. benutzt werden.

Weiße Feuerbohnen enthalten wenig oder keine Alkaloide oder Blausäure. Sie sind für die Küche vorzuziehen, obwohl die violetten und rotbraunen, dunkel gefleckten, oft dekorativer aussehen.

Aussortierte Bohnen und Abfälle der Lebensmittelherstellung können, wie bei der Gartenbohne, verfüttert werden. Es sollte jedoch eine Überprüfung des Blausäuregehaltes erfolgen, besonders bei Futtermitteln, die einen hohen Schalenanteil enthalten, wie Bohnenkleie. Das bei der Pflückbohnenernte anfallende grüne Kraut hat zwar einen geringen Nährstoffgehalt und höhere Rohfaseranteile als Rückstände von Pflückerbsen, es kann aber unbedenklicher verfüttert werden. Auch das Stroh einer Trockenbohnenernte ergibt ein brauchbares Futter für Schafe.

Für Zierzwecke werden die rot oder rotweiß blühenden Formen bevorzugt. Sie werden zur Sommerbegrünung von Gartenlauben, schattigen Sitzplätzen, Beschattung von Wasserbehältern, Zäunen u.a. angebaut, dabei sie können noch wertvolle Nährmittel liefern.

Da die Feuerbohne vorwiegend hochwachsend ist, benötigt sie für ein optimales Wachstum im Feld 2,5 bis 4,0 m hohe Stangen oder Eisenstäbe. Diese werden meist zu Pyramiden zusammengestellt. Kurzbleibende Feuerbohnen werden, da sie weniger ertragreich sind, selten angebaut. Lediglich in England werden Feuerbohnen feldmäßig ohne Stangen oder Gerüste kultiviert.

Die heute zur Verbesserung der Sorten verfolgten Zuchtziele für Feuerbohnen sind denen für die Gartenbohne ähnlich:

Zarte, fleischige Hülsen ohne Fäden.

Hohe Erträge an grünen Hülsen oder (und) an reifen oder milchreifen Samen.

Kühleverträglichkeit, um frühere Aussaaten zu ermöglichen.

Intensive Symbiose mit Knöllchenbakterien.

Gleichmäßige Abblüte, um zusammen ernten zu können.

Trotz der recht guten Toleranz gegen Schaderreger, auch Virosen, kann eine Resistenzzüchtung vor allem gegen Rost und Fettfleckenkrankheit sinnvoll sein.

In der modernen Züchtung können sicher Genübertragungen aus der robusten und teilweise resistenten Feuerbohne in die anfällige Phaseolus vulgaris von Interesse sein.

Auch läßt sich die Inkompatibilität der Phaseolus coccineus eventuell für eine gezielte Hybridzüchtung zu einer Ertragssteigerung nutzen.

Weitere Informationen zur Art

Gattung Phaseolus

Systematik - Unterfamilie Papilionoideae

Rhizobium-Gruppen wichtiger Leguminosae

Bestimmungsschlüssel für die Blätter wichtiger Leguminosae

Darstellung 6: Samen einiger Körnerleguminosen

Äußere Merkmale der zur Kornnutzung geeigneten Gattungen

Tabelle 1: Nährstoffgehalte der Samen von Körnerleguminosen in % (Mittelwerte)

Darstellung 14: Antinutritive Inhaltsstoffe in Leguminosensamen

Darstellung 15: Relative Enzymhemmung im menschlichen Darmsaft

Roheiweißproduktion der wichtigsten Nahrungspflanzen.

Tabelle 12: Anbaufläche zur Trocken- und Grünkorngewinnung

Tabelle 13: Produktion an trockenen, bzw. frischen Samen oder Hülsen

Tabelle 14: Erträge zur Trocken- und Grünkorngewinnung

Bedeutung der Hülsenfrüchte als Nahrungsmittel

Literatur

FRUWIRTH, C., 1924: Fisole. In: Handbuch der landwirtschaftlichen Pflanzenzüchtung. 5. Aufl., Bd. III. 177-192. Verlag Paul Parey, Berlin.

HEGI, G., 1946: Phaseolus coccineus L., Feuerbohne, Blumenbohne, Kapuziner-Bohne, Türkenbohne. In: Illustr. Flora von Mitteleuropa. 2. Aufl., Bd. IV/3. 1637-1639. Verlag Paul Parey, Berlin.

KOOISTRA, I.E., 1962: Bohnen (Phaseolus vulgaris L., Phaseolus coccineus L.). In: KAPPERT & RUDORF: Handbuch der Pflanzenzüchtung. 2. Aufl., Bd. 6. 369-407. Verlag Paul Parey, Berlin.

STÄHLIN, A., 1957: Bohnenarten (Phaseolus). In: Die Beurteilung der Futtermittel. Methodenbuch Bd. XII. 370-372. Verlag Neumann, Radebeul und Berlin.

STÄHLIN, A., 1960: Phaseolus coccineus L. (= Phaseolus multiflorus Lam.), Feuerbohne, Türken-Bohne. In: Acker- und Grünlandleguminosen im blütenlosen Zustand. 102-103. DLG-Verlag, Frankfurt/Main.

Bildlegenden

Phaseolus coccineus L. zur Korngewinnung an pyramidenförmigen Drahtgestellen gezogen.

Die Keimung der Feuerbohne verläuft hypogäisch (die Keimblätter bleiben in der Erde).

Die Blüten stehen in 6- bis 10paarigen Trauben. Die Blütenstände erreichen ein Länge von 25 bis 35 cm,  sie sind meist länger als die Laubblätter.

Pflanze der Feuerbohne in Blüte zu Zierzwecken am Gartenzaun angebaut.

Die 1,5 bis 3,0 cm großen Einzelblüten stehen in den Achseln kleiner eiförmiger Tragblätter. Die Farbe der Blüten ist leuchtend rot, rot-weiß oder rein-weiß.

Die Feuerbohne bildet rauhe, anfangs dicht behaarte, hängende Hülsen aus.

Diese enthalten 3 bis 5 große, 1,3 bis 2,5 cm lange, nierenförmige Samen. Die Samenfarbe variiert sehr
stark von violett bis rotbraun mit dunkleren Marmorierungen und Scheckungen, auch rein weiße und
schwarze Formen kommen vor.

Violett-braune Samen mit dunkler Marmorisierung und Sprenkelungen werden am häufigsten angebaut.

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