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Anden-Lupine (Lupinus mutabilis Sweet.)
Biologie
- Geschichte und Verbreitung - Nutzung
und Entwicklung - Weitere Informationen
- Literatur - Bildlegenden
Biologie
Lupinus mutabilis ist die einzige großkörnige Art der Gattung Lupinus in der neuen Welt, die zur Kornnutzung angebaut wird.
Die Anden-Lupine bildet, wie Lupinus
albus, eine tiefgehende Pfahlwurzel mit zahlreichen, reichlich
mit Knöllchen besetzten Seitenwurzeln aus. Der oberirdische Sproß
wird 1,0 bis 2,5 m hoch und entwickelt mehrere Etagen von Fruchtständen
übereinander. Je nach Wachstumsbedingungen werden mehr oder weniger
viele Seitenzweige gebildet. Die Färbung der Pflanze variiert von
gelblichgrün bis violettgrün. Die zahlreichen unbehaarten Laubblätter
bestehen aus einem mittellangen Blattstiel und 4 bis 7 eiförmigen
Fingerblättchen von hellgrüner bis dunkelgrüner Farbe. Die
Blüte verändert ihre Farbe während des Abblühens
von weiß, rosa, hellblau zu violett, purpur oder dunkelrot. Die Fahne
ist in der Mitte gelb. Es herrscht Selbstbefruchtung vor, jedoch
findet auch Fremdbefruchtung zu 5 bis 10 % durch Insektenbeflug statt.
Die platzfesten Hülsen stehen aufrecht am Fruchtstiel und sind
5 bis 12 cm lang, unbehaart oder schwach behaart, hellbraun bis gelblichbraun
gefärbt. Sie bilden je 3 bis 9 Samen aus. Die unregelmäßig
runden bis ovalen Samen mit einem Durchmesser von 0,8 bis 1,8 cm
variieren im Tausendkorngewicht von 80 bis 450 g, meist zwischen
200 und 380 g. Auch die Kornfarbe variiert stark von weiß über
elfenbeinfarbig, grau bis braun und schwarz, wobei Scheckungen, Sprenkelungen
und Marmorierungen häufig sind. Die Samenschale ist dünn und
macht unter 12 % des Samengewichtes aus. Die Samen enthalten 38 bis 56
% Rohprotein (Mittel 43 bis 45 %) und 22 bis 25 % Rohfett (s. SCHUSTER).
Die Aminosäurezusammensetzung ist nicht ganz so vollwertig wie bei
der Sojabohne, da Lupinus mutabilis einen etwas geringeren Cystin-
und Methioninanteil hat.
Aminosäurezusammensetzung des Proteins der
Anden-Lupine (g je 16 g N) nach GROSS:
Alanin | 3,4 | Histidin | 2,9 | Prolin | 3,9 |
Arginin | 9,2 | Isoleucin* | 4,0 | Serin | 4,9 |
Asparaginsäure | 9,7 | Leucin* | 6,5 | Threonin* | 3,7 |
Cystin* | 1,4 | Lysin* | 5,5 | Tryptophan* | 4,1 |
Glutaminsäure | 21,5 | Methionin* | 0,9 | Valin* | 3,8 |
Glycin | 3,9 | Phenylalanin* | 3,3 |
Ältere Sorten von Lupinus mutabilis enthalten, wie die bitteren Formen der übrigen Lupinen, bis zu 4 % Gesamtalkaloid, das bei kleinen Säugern toxisch wirken kann und bei Menschen und größeren Tieren ernste Gesundheitsschäden verursacht. Durch verstärkte Züchtungsbemühungen seit 1972 (v. BAER & GROSS) konnten bitterstoffarme Formen mit nur 0,4 (= Grenze der Sortenämter für die Bezeichnung "bitterstoffarm") bis 0,001 % Gesamtalkaloid im Samen selektiert werden.
Zur gleichen Zeit wurden aber auch die technischen Entbitterungsverfahren durch Unterstützung der FAO mit Erfolg weiterentwickelt, um auch die alten, angepaßten und ertragreichen Sorten in ihren Heimatgebieten für die Eiweißversorgung in der menschlichen Ernährung einsetzen zu können.
PLARRE gibt den Samenertrag im weltweiten Anbau von Lupinus mutabilis mit 3 bis 20 dt/ha an.
Die Zahl der Chromosomen beträgt bei
der Anden-Lupine, wie bei vielen anderen Arten aus der neuen Welt, 2n =
48. Bei einer Grundzahl von 6 ist Lupinus mutabilis eine oktoploide
Form.
Geschichte und Verbreitung
Für Lupinus mutabilis wurde, wie bei Lupinus albus keine Wildform gefunden. Sie ist wahrscheinlich aus einer Synthese aus Lupinus ornatis, Lupinus douglasi und Lupinus pubescens entstanden. Aber auch andere Lupinenarten aus Südamerika können die Stammeltern sein, da fertile Kreuzungen zwischen verschiedenen Arten mit der Grundzahl n = 6 möglich sind.
Die meisten Forscher nehmen an, daß Lupinus mutabilis aus dem Hochland der Anden von Peru, Bolivien und Ecuador stammt. Es handelt sich , wie bei Lupinus albus, um eine alte Kulturpflanze. Samen von Lupinus mutabilis wurden aus der Zeit 800 v. Chr. gefunden. Nach Berichten aus der Zeit der Eroberung durch die Spanier betrug der Anteil von Lupinen an der Nahrung der Indianer an "tarwi", "tarkui" oder "chocko", wie die Urbevölkerung Lupinus mutabilis nannte, etwa 5 %. Dies entsprach etwa einer Anbaufläche von 100.000 ha. Bis heute hat sich der Mischanbau mit Quinoa (Reismelde) oder Mais erhalten. Diese Mischkultur bringt Vorteile in bezug auf die Abwehr von Schädlingen durch den hohen Bitterstoffgehalt der Lupine und gibt Schutz vor Frost und Wind. Schon frühzeitig verstand es die Urbevölkerung, die Alkaloide aus den Samen durch Kochen und nachfolgende Wässerung zu entfernen und so genießbar zu machen. Das Kochwasser fand Verwendung zur Bekämpfung von Schädlingen, als Medizin gegen Hauterkrankungen, Würmer und Rheumatismus.
Nach der spanischen Eroberung änderten sich auch die Eßgewohnheiten der Indios. Neue Kulturpflanzen wurden angebaut, wie Weizen, Phaseolus-Bohnen, Erbsen u.a., die Lupinus mutabilis immer mehr verdrängten. Heute wird sie nur noch in kleinen Flächen gebaut und als Gemüsebeilage, als Breizugabe oder als Knabberfrucht wie Nüsse gegessen. Nur in Ecuador sind die Anbauflächen größer, da dort die entbitterten Samen als Nährmittel genutzt werden.
Erst in den letzten Jahren sind Bemühungen zur züchterischen Verbesserung und Anbauausdehnung in Südamerika durch die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit in Gang gekommen.
Seit etwa 1970 wird die Einführung von Lupinus
mutabilis in Europa diskutiert, und auch in Mitteleuropa werden Anbau-
und Züchtungsversuche durchgeführt (RÖMER, JAHN-DEESBACH
& MARQUARD).
Nutzung und Entwicklung
Wie bei L. albus,
so ist auch bei Lupinus mutabilis eine 3fache Nutzung von
hochwertigen Nahrungsstoffen in Form von Eiweiß und Öl
sowie als Grünfutter möglich. Deshalb kommt der Anden-Lupine
eine stärkere Aufmerksamkeit zu. Aber nicht nur für ihr Heimatgebiet
ist sie interessant und verstärkter Bemühungen in Züchtung
und Anbau würdig, sondern auch für Europa, da sie vom gesamten
Mittelmeerraum bis Mitteleuropa für einen Anbau geeignet ist. Die
größte Bedeutung hat jedoch Lupinus mutabilis für
die menschliche Ernährung der vielfach unterernährten Bevölkerung
Lateinamerikas. Das dort in der Nahrung fehlende Eiweiß kann in Form
von entbittertem Mehl von Lupinus mutabilis ergänzt werden:
in Backwerk bis 30 %, in Wurst 10 bis 25 % und in Nudeln bis 15 %. Auch
können die entbitterten und zurückgetrockneten Körner als
Suppe oder geröstet wie Nüsse gegessen werden. Entsprechende
Untersuchungen zeigen, daß das Protein und das Fett von Lupinus
mutabilis gleichwertig mit Sojabohnen in der Ernährung einzusetzen
ist. In Europa wird das Lupinen-Eiweiß weniger für die menschliche
als für die tierische Ernährung genutzt und das Öl findet
für technische Zwecke oder als Speiseöl Verwendung.
Verschiedene wichtige Eigenschaften der Anden-Lupine
(RÖMER):
|
|
hoher Proteingehalt im Korn | hoher Alkaloidgehalt |
hoher Ölgehalt im Korn | späte Reife; (undeterminiertes |
Tagneutralität |
|
angepaßt an kühles Klima |
|
Platz- und Bruchfestigkeit der Hülsen | geringer Kornertrag |
Weichschaligkeit der Samen | frostempfindlich im Jugendstadium |
hohe Grünmasseerträge | schnelle Jugendentwicklung |
Resistenz gegen Phomopsis leptostromiformis (Lupinose) | |
geringe Bodenansprüche, Stickstoffsammler, Phosphataufschließer | |
Auflockerung getreidereicher Fruchtfolgen |
Für eine Kornnutzung könnte außer
den hier beschriebenen großkörnigen Lupinenarten auch die
Neuwelt-Art Lupinus elegans H.B.K.
mit einem Tausendkorngewicht von 10 bis 28 g wegen eines hohen Eiweißanteiles
von mehr als 40 % und Ölgehaltes von 6 bis 18 % von Interesse sein.
Weitere Informationen zur Art
Systematik - Unterfamilie Papilionoideae
Rhizobium-Gruppen wichtiger Leguminosae
Bestimmungsschlüssel für die Blätter wichtiger Leguminosae
Äußere Merkmale der zur Kornnutzung geeigneten Gattungen
Gehalt an Stickstoffsubstanz einiger Leguminosen in %:
Tabelle 1: Nährstoffgehalte der Samen von Körnerleguminosen in % (Mittelwerte)
Tabelle 2: N2-Fixierung verschiedener Leguminosenarten in kg/ha und Jahr
Tabelle 3: Sameninhaltsstoffe einiger Körnerleguminosen (Angaben in % der TM)
Tabelle 6: Gehalt essentieller Aminosäuren in Leguminosensamen
Tabelle 7: Fettsäuremuster der fettreichsten Leguminosenarten
Tabelle 8: Mittlere Mineralstoffgehalte in der TM von Leguminosensamen
Tabelle 10: Vitamingehalte in reifen Samen von Leguminosen
Darstellung 14: Antinutritive Inhaltsstoffe in Leguminosensamen
Roheiweißproduktion der wichtigsten Nahrungspflanzen.
Tabelle 11: Weltproduktion und Hauptproduzenten von Körnerleguminosen
Tabelle 12: Anbaufläche zur Trocken- und Grünkorngewinnung
Tabelle 13: Produktion an trockenen, bzw. frischen Samen oder Hülsen
Tabelle 14: Erträge zur Trocken- und Grünkorngewinnung
In den Samen beträgt der Alkaloidgehalt
Korninhaltsstoffe von Lupinen im Vergleich mit anderen Körnerleguminosen
Essentielle Aminosäuren von Lupinen im Vergleich mit anderen Körnerleguminosen
Bedeutung
der Hülsenfrüchte als Nahrungsmittel
Literatur
BAER, v. E. & R. GROSS, 1977: Auslese bitterstoffarmer Formen von Lupinus mutabilis. Z. Pflanzenzüchtung. 79, 52-58.
BAER, v. E. & W. FELDHEIM, 1980: Alkaloide in Lupinus mutabilis. In: GROSS & HUDSON: Agricultural and nutritonal aspects of lupines. GTZ-Schriftenreihe, Eschborn, Nr. 125, 521-533.
BRÜCHER, H., 1977: Tropische Nutzpflanzen - Ursprung, Evolution und Domestikation. 4. Aufl. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York.
BRÜCHER, H., 1979: Beitrag zur Domestikation proteinreicher und alkaloidarmer Lupinen in Südamerika. Angew. Botanik 44, 7-27.
GROSS, R., 1983: Untersuchungen über den Einfluß von Genotyp und Umwelt auf die Korninhaltsstoffe von "Tarwi" (Lupinus mutabilis) aus peruanischem Anbau. Diss. Gießen.
GROSS, R. & E. v. BAER, 1975: Die Lupine, ein Beitrag zur Nahrungsversorgung in den Anden. Z. Ernährungswiss. 14, 224-228.
HACKBARTH, J. & K.W. AKENDORF, 1970: Lupinus mutabilis Sweet, eine Kulturpflanze mit Zukunft? Z. Pflanzenzüchtung 63, 237-245.
PLARRE, W., 1989: Lupinus spec. In: REHM: Handbuch der Landwirtschaft und Ernährung in den Entwicklungsländern. 2. Aufl., Bd. 4:Spezieller Pflanzenbau in den Tropen und Subtropen. 259-265. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
RÖMER, P., 1990: Genetische und physiologische Untersuchungen an Lupinus mutabilis Sweet. Diss. Gießen.
RÖMER, P., W. JAHN-DEESBACH & R. MARQUARD, 1986: Qualitätseigenschaften und Anbaueignung von Lupinus mutabilis und Lupinus albus. Deutsche Ges. f. Qualitätsforschung 21. Vortragstagung Geisenheim, 73-84.
SCHUSTER, W.H., 1992: Ölpflanzen in Europa.
DLG-Verlag, Frankfurt/Main.
Bildlegenden
Lupinus mutabilis
ist die einzige großkörnige Art der Gattung Lupinus aus
der Neuen Welt, die zur
Kornnutzung angebaut
wird.
Die Anden-Lupine
bildet, wie Lupinus albus eine tiefgehende Pfahlwurzel mit zahlreichen
Seitenwurzeln,
die reichlich mit
Knöllchen besetzt sind.
Der oberirdische
Sproß wird 1,0 bis 2,5 m hoch und entwickelt mehrere Etagen von Blüten-
und
Fruchtständen
übereinander. Die zahlreichen, unbehaarten Laubblätter bestehen
aus einem mittellangen
Blattstiel mit
4 bis 7 ovalen Fingerblättchen. Die Färbung der Blütenstände
ist sehr variabel (= mutabilis).
Die Blüten
können ihre Farbe während des Abblühens von weiß,
rosa, hellblau zu violett, purpur oder
dunkelrot wechseln.
Die Fahne ist in der Mitte leuchtend gelb.
Die platzfesten
Hülsen stehen aufrecht am Fruchtstiel, sie sind 5 bis 12 cm lang und
bilden 3 bis 9
Samen aus.
Die Samen sind wie
die Blüten sehr variabel in der Größe mit Tausendkorngewichten
von 80 bis 450 g
sowie in der Färbung
von weiß, grau, braun und schwarz mit Sprenkelungen, Marmorierungen
und
Scheckungen.
Die reinweißen
bis elfenbeinfarbigen Samen mit dünner Schale werden für die
menschliche Ernährung
bevorzugt.