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Weiße Lupine (Lupinus albus L. [= L. sativus Gärtner])

Biologie - Geschichte und Verbreitung - Nutzung und Entwicklung - Weitere Informationen - Literatur - Bildlegenden

Biologie

Bei der Weißen Lupine werden zwei Varietäten unterschieden:

HACKBARTH & TROLL unterteilen den "Formenkreis" Lupinus albus in: Lupinus albus L., Lupinus termis Forsk. und Lupinus graecus Boiss. Hierbei wird jedoch in Frage gestellt, ob Lupinus termis und Lupinus graecus echte Arten oder nur Unterarten sind.

Lupinus albus hat eine starke Pfahlwurzel mit kräftigen Seitenwurzeln, die unter entsprechenden Wachstumsbedingungen reichlich mit großen Knöllchen (0,72 g je Pflanze) besetzt sind. Der zunächst eintriebige Stengel, bildet in den oberen Blattachseln 3 bis 4 Nebentriebe, die unter günstigen Wachstumsverhältnissen nach ihrer Abblüte je einen Trieb zweiter Ordnung entwickeln. Bei optimalen Bedingungen können noch weitere Nebentriebe entstehen. Die Laubblätter sind über die ganze Pflanze verteilt. Sie bestehen aus einem langen Stiel und 5 bis 7 länglichen, verkehrt eiförmigen, 4 bis 5 cm langen, auf der Unterseite weich behaarten Blättchen mit hellem, behaartem Rand. Die lanzettlichen Nebenblätter sind verhältnismäßig groß. Die Blüten stehen an den Triebenden in lockeren Trauben. Der Kelch ist weich behaart und hat ungeteilte Lippen. Die Kronblätter sind rein weiß oder weiß mit hellblauen bis blauen Spitzen. Die Blüten bilden keinen Nektar. Da die 5 große und 5 kleine Staubgefäße ihren Pollen schon bei Blühbeginn entleeren, herrscht Selbstbefruchtung vor. Es kommt jedoch zu etwa 1 bis 2 % Fremdbefruchtung durch pollensammelnde Insekten vor, was für die Züchtung auf Alkaloidfreiheit (Bitterstoffarmut) von Bedeutung ist. Von den 20 bis 30 Blüten je Fruchtstand kommt nur ein Teil zur Fruchtbildung. Die schwach behaarten, 3- bis 6-samigen Hülsen sind etwa 7 bis 11 cm lang, 1,5 bis 2,0 cm breit und 0,7 bis 1,5 cm dick. Die gelblichweißen Samen sind unregelmäßig rund bis viereckig, abgeflacht mit Eindellungen und variieren stark in der Größe. Das Tausendkorngewicht schwankt zwischen Genotypen von 200 bis 800 g.

Der Nährstoffgehalt in % der Trockensubstanz in den Samen ist nach SCHEIBE sehr beachtlich: 34,4 % Rohprotein, 10,2 % Rohfett, 32,2 % N-freie Extraktstoffe, 12,2 % Roh-faser, 3,0 % Asche.

Neuere Angaben von PLARRE nennen 34 bis 45 % Rohprotein und 10 bis 16 % Rohfett.

Damit liefert die weiße Süßlupine, neben der Sojabohne und anderen Lupinen-Arten, die eiweißreichsten und fettreichsten Samen, so daß unter zusagenden Bedingungen höchste Nährwerterträge erzielt werden können, zumal seit längerem Sorten mit einem geringen Alkaloidgehalt gezüchtet wurden. So entfallen die hohen Nährstoffverluste von 30 bis 40 %, die durch die früher notwendigen Entbitterungsverfahren entstanden.

Die Aminosäurezusammensetzung ist nicht ganz so günstig wie bei der Sojabohne, da einige essentielle, schwefelhaltige Aminosäuren, nicht in ausreichenden Mengen gebildet werden, wie die Zusammenstellung zeigt.

Aminosäurezusammensetzung des Proteins der Weißen Lupine (g je 16 g N) nach TOMME & MARTYNENKO:
Alanin 3,2 Histidin 2,2 Phenylalanin* 4,1
Arginin 11,1 Isoleucin* 4,5 Serin 4,4
Asparaginsäure 10,6 Leucin* 6,8 Threonin* 3,6
Cystin* 5,3 Lysin* 5,4 Tyrosin 4,5
Glutaminsäure 20,8 Methionin* 2,6 Valin* 4,1
Glycin 4,0        
* = essentiell

Die biologische Wertigkeit liegt bei Lupinus albus um 60 gegen Sojabohne mit 67. Die Weiße Süßlupine enthält dagegen keine Trypsinhemmer wie die meisten Sojabohnen-Sorten.

Der Ölgehalt der Samen in % der Trockenmasse von "süßer" Lupinus albus liegt im Mittel bei 10 %, er variiert zwischen Genotypen von 4 bis 18 %. Dieses Öl hat eine Fettsäurezusammensetzung, die dem Erdnußöl entspricht, und die damit ein wertvolles Nahrungsmittel liefert (siehe SCHUSTER: "Ölpflanzen in Europa").

Die Weiße Lupine hat 2n = 50 Chromosomen. Kreuzungen mit verschiedenen Arten aus der alten oder neuen Welt sind mit den alten klassischen Methoden bisher nicht gelungen (HACKBARTH & TROLL).

Die Kornerträge von Lupinus albus schwanken im weltweiten Anbau (PLARRE) zwischen 5 dt und 40 dt je Hektar.

Geschichte und Verbreitung

Die Heimat der Weißen Lupine liegt, wie schon erwähnt, im Mittelmeergebiet. Hier hat die Domestikation schon im ägyptischen, griechischen und römischen Altertum stattgefunden. Wildformen von Lupinus albus sind nicht mehr vorhanden, lediglich Primitivformen (L. graecus und L. termis) sind noch neben modernen Sorten stehend im Mittelmeerraum zu finden. Wahrscheinlich wurde Lupinus albus subsp. termis schon in alter Zeit im Niltal angebaut. Im alten Griechenland war sie eine wichtige Kulturpflanze, wie die schriftlichen Zeugnisse über Anbau und Verwendung der alten Schriftsteller belegen: HIPPOKRATES (400 bis 356 v. Chr.) und THEOPHRAST (372 bis 288 v. Chr.). Auch im späteren römischen Schrifttum wird die Bedeutung der Weißen Lupine für arme Böden und als Vorfrucht für Getreide hervorgehoben (CATO d. Ä., 234 bis 149 v. Chr.: "Lupine zählt zu den Feldfrüchten die die Saat düngen"). Sie fehlt weder in den Schriften von CARRO und VERGILIUS, noch bei COLUMELLA und PLINIUS. Schon 218 n. Chr. wird von FLORENTINUS die Entbitterung der Samen für die Ernährung von Mensch und Tier beschrieben.

In Mitteleuropa tritt die Weiße Lupine, als Viehbona = "Feigbohne" im 12. Jahrhundert von der heiligen HILDEGARD von Bingen beschrieben, in Erscheinung. Spätere Verfasser von Kräuterbüchern, wie MATTHIOLUS; DODONEUS u. a. haben bis ins späte Mittelalter keine neuen Erkenntnisse über die Lupine hinzugefügt. Ein geringer Anbau der Weißen Lupine erfolgte im 16. und 17. Jahrhundert als Zier- und Heilpflanze. Eine Ausdehnung des Lupinenanbaues in Europa setzte erst im 18. Jahrhundert ein.

FRIEDRICH der Große ordnete 1781 aus Kenntnissen, die aus Italien stammten, an, Versuche mit der Weißen Lupine als Gründüngung in Preußen durchzuführen. Diese zeigten nicht die erhofften Erfolge. Auch private Anbauer, die in Preußen auf leichten Böden wirtschafteten, verzichteten bald auf die Gründüngung mit Weißen Lupinen und säten an deren Stelle die "Gelbe Lupine" aus. Erst in Notzeiten im 1. Weltkrieg begannen in Mitteleuropa die Anbauversuche mit Lupinus albus als Körnerfrucht zur Eiweiß- und Ölgewinnung. Jetzt wurde eine Nutzung der ganzen Pflanze als Nahrungs- und Rohstofflieferant propagiert. Im Oktober 1918 lud Hamburg die "Vereinigung für Angewandte Botanik" zu einem "Lupinen- Festessen" ein. Auf einem Tischtuch aus Lupinenfaser (aus der reifen Pflanze) wurden serviert: Lupinensuppe, Lupinenbeefsteak in Lupinenöl gebraten und mit Lupinenextrakt gewürzt, als Nachtisch Lupinenbutter und Lupinenkäse mit einem Lupinenschnaps und zum Schluß einem Lupinenkaffee. Zum Händewaschen lagen Lupinenseife und Handtücher aus Lupinenfaser bereit. Auch Schreibpapier aus Lupinenfaser und Umschläge mit Lupinenklebstoff wurden angeboten. Mit den Importmöglichkeiten von Eiweiß und anderen Rohstoffen schwand das Interesse an diesen "Hilfsgütern" wieder schnell.

Unabhängig davon bestand ein Interesse an einer alkaloidarmen oder -freien Lupine, die als wertvolle Körnerleguminose angebaut werden könnte. So wurde schon von v. RÜMKER 1913, ROEMER 1916, WITTMACK 1921, PRJANISCHNIKOW 1924 und BAUR 1927 die Möglichkeiten und die Wege zur Züchtung von alkaloidfreien Lupinen diskutiert ( v. SENGBUSCH). Der notwendige erste Schritt zur Selektion von alkaloidarmen Formen durch v. SENGBUSCH war, wie schon betont, die Schaffung einer Schnellmethode, die es ermöglichte eine große Zahl von Einzelpflanzen auf Alkaloidfreiheit zu testen. Die ersten alkaloidarmen Formen von Lupinus albus konnten 1931 bis 1935, wie bei Lupinus luteus und Lupinus angustifolius von v. SENGBUSCH selektiert werden, diese wurden jedoch wegen Inkonstanz nicht zu Sorten weiterentwickelt. "Süße" Sorten der Weißen Lupine zu züchten gelang wenig später HEUSER in Landsberg/Warte mit frühen, kurzen und mittelhohen Typen: "Pflugs Gela", "Pflugs Ultra". "Pflugs Hansa". Später kamen ,,Hadmerslebener Kraftquelle" und "Hadmerslebener Nährquelle" hinzu (HACKBARTH & TROLL).

Diese Neuzüchtungen erreichten jedoch nicht die erhoffte Ausdehnung der Anbauflächen in Mitteleuropa. Die Weiße Süßlupine konnte sich in den nördlichen Gebieten Europas, infolge stark schwankender Erträge durch Krankheitsbefall und schlechter Ausreife, nicht durchsetzen. Der Anbau zur Korngewinnung bleibt auf das Mittelmeergebiet beschränkt. 1959 standen 5 Sorten, 1969 nur zwei, 1979 nur eine und 1989 keine Sorte der Weißen Lupine in der Sortenliste des Bundessortenamtes. Erst 1992 wurde wieder eine alkaloidarme Sorte von Lupinus albus aus Ungarn eingetragen.

In neuerer Zeit werden wieder vergleichende Anbauversuche mit zur Korngewinnung geeigneten Formen im Vergleich mit anderen Leguminosen durchgeführt (PROTZMANN).

Nutzung und Entwicklung

Wie schon betont, kann die "Weiße Süßlupine" eine der wertvollsten eiweiß- und ölliefernden Kulturpflanzen in Europa sein. Hier muß sie in wärmeren Anbaugebieten mit der Sojabohne in Konkurrenz treten. Die Kühleverträglichkeit der Weißen Lupine ist jedoch besser, so daß die Anbauwürdigkeit weiter nach Norden und Osten reichen kann als die der Sojabohne.

Ansätze für eine erneute Intensivierung der Züchtung sind vorhanden. An wichtigen Zuchtzielen stehen im Vordergrund:

Erhöhung des Ertragspotentials, das mit 16 bis 34 dt/ha angegeben wird, durch einen vermehrten Hülsenansatz je Pflanze. Eine Ertragssteigerung über ein hohes Tausendkorngewicht ist für nördliche Anbaugebiete nicht zu empfehlen, da große Samen schlechter ausreifen.

Verbesserung der Ertragssicherheit durch Anpassung an die jeweiligen Anbaubedingungen. Dies bedeutet, Züchtung unter den unterschiedlichsten Verhältnissen in Europa. Weiter gehört hierzu die Resistenzzüchtung gegen Krankheiten und Schädlinge, vor allem Ceratophorum sebosum, Fusarium sp. und Virosen.

Verbesserung der Samenqualität. - Als alkaloidarm (= süß) dürfen nur Sorten mit <0,04 % Gesamtalkaloid in den Samen bezeichnet werden; in den grünen Pflanzenteilen können bis 0,05 % in der Trockenmasse enthalten sein. - Als Zuchtziel ist weniger als 0,01 % Gesamtalkaloid anzustreben. Der Ölgehalt, der bei Lupinus albus mit 10 bis 18 % angegeben wird, sollte auf 20 % und der Proteingehalt, der bei den jetzigen Sorten zwischen 34 und 45 % liegt, bis auf 50 % gesteigert werden.

Diese vielfältigen Zuchtziele können nur durch den Einsatz moderner Methoden erreicht werden: Mutationsauslösung und Selektion über Zellkulturen, Artkreuzungen unter Einsatz der Embryokultur u. a. m.

Weitere Informationen zur Art

Gattung Lupinus

Systematik - Unterfamilie Papilionoideae

Rhizobium-Gruppen wichtiger Leguminosae

Bestimmungsschlüssel für die Blätter wichtiger Leguminosae

Darstellung 6: Samen einiger Körnerleguminosen

Äußere Merkmale der zur Kornnutzung geeigneten Gattungen

Tabelle 1: Nährstoffgehalte der Samen von Körnerleguminosen in % (Mittelwerte)

Tabelle 2: N2-Fixierung verschiedener Leguminosenarten in kg/ha und Jahr

Tabelle 3: Sameninhaltsstoffe einiger Körnerleguminosen (Angaben in % der TM)

Tabelle 6: Gehalt essentieller Aminosäuren in Leguminosensamen

Tabelle 7: Fettsäuremuster der fettreichsten Leguminosenarten

Darstellung 14: Antinutritive Inhaltsstoffe in Leguminosensamen

Roheiweißproduktion der wichtigsten Nahrungspflanzen.

Tabelle 11: Weltproduktion und Hauptproduzenten von Körnerleguminosen

Tabelle 12: Anbaufläche zur Trocken- und Grünkorngewinnung

Tabelle 13: Produktion an trockenen, bzw. frischen Samen oder Hülsen

Tabelle 14: Erträge zur Trocken- und Grünkorngewinnung

In den Samen beträgt der Alkaloidgehalt

Korninhaltsstoffe von Lupinen im Vergleich mit anderen Körnerleguminosen

Essentielle Aminosäuren von Lupinen im Vergleich mit anderen Körnerleguminosen

Anforderungen der Lupinenarten an Boden und Klima

Anden-Lupine - Biologie

Anden-Lupine - Geschichte und Verbreitung

Anden-Lupine - Nutzung und Entwicklung

Schmalblättrige Lupine - Biologie

Gelbe Lupine - Biologie

Gelbe Lupine - Geschichte und Verbreitung

Literatur

BECKER-DILLINGEN, J., 1929: Die Lupine. In: Handbuch des Hülsenfruchterbaues und Futterbaues. 174-217. Verlag Paul Parey, Berlin.

HACKBARTH, J., 1941: Züchtung und Anbau der Weißen Lupine. Mitt. Landw. 56, 774-776.

HACKBARTH, J., 1957: Die Gene der Lupinenarten. III. Weiße Lupine (Lupinus albus). Z. Pflanzenzüchtg. 37, 185-191.

HONDELMANN, W., 1984: Die Lupine - alte und neue Kulturpflanze. Gießener Universitätsblätter H. 1, 57-68.

PLARRE, W., & F. VETTEL, 1958: Vergleichende Untersuchungen an mehrjährig durchgeführten Saatzeiten- und Vernalisationsversuchen mit Lupinus albus. Z. Pflanzenzücht. 40, 125-150.

PORSCHE, W., 1964: Untersuchungen über die Vererbung der Alkaloidarmut und die Variabilität des Restalkaloidgehaltes bei Lupinus albus L. Züchter 34, 251-256.

PROTZMANN, M., 1991: Zur Vorfrucht- und Stickstoffwirkung von Leguminosen unter besonderer Berücksichtigung der Lupinen (Lupinus albus L. und Lupinus luteus L.). Diss. Uni. Gießen.

SCHUSTER, W.H., 1992: Weiße Lupine (Lupinus albus L.). In: Ölpflanzen in Europa. 89-92. DLG-Verlag, Frankfurt/Main.

SENGBUSCH, R. v., 1942: Süßlupinen und Öllupinen. Landw. Jahrb. 91, 763-874.

TOMME, M.F. & R.V. MARTYNENKO, 1972: Aminokislotny sostov kornov (Zusammensetzung der Aminosäuren im Futter). 71. Moskva.

TROLL, H.-J., 1958: Erbgänge des Alkaloidgehaltes und Beobachtungen über Heterosiswirkungen bei Lupinus albus . Z. Pflanzenzüchtg. 39, 35-46.

Bildlegenden

Sortenversuch mit Weißen Lupinen.

Neuzüchtung von Lupinus albus im Isolier-Käfig.

Die Blüten stehen an den Triebenden in lockeren Trauben; Blütenstand am Haupttrieb.

Von den 20 bis 30 Blüten je Fruchtstand kommen nur ein Teil zur Fruchtbildung.

Die schwach behaarten, 3- bis 6samigen Hülsen werden 7 bis 11 cm lang, sie sind bei Reife hellbraun
gefärbt.

Die Samen variieren stark in der Größe, mit Tausendkorngewichten von 200 bis 800 g.

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