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Erdnuß (Arachis hypogaea L.)

Biologie - Geschichte und Verbreitung - Nutzung und Entwicklung - Weitere Informationen - Literatur - Bildlegenden

Biologie

Die Gattung Arachis umfaßt etwa 30 bis 40 Arten, die meist als diploide Wildarten mit 2n = 20 Chromosomen in Südamerika verbreitet sind. Die kultivierte Erdnuß, (Arachis hypogaea) ist tetraploid (amphidiploid) mit 2n = 40 Chromosomen. Die Ausgangseltern oder eine Wildform sind bisher nicht bekannt.

A. hypogaea wird in zwei Subspecies unterteilt: ssp. africana = liegende und halbaufrechte Formen; ssp. asiatica = aufrecht wachsende Typen. Andere Autoren unterscheiden (siehe REHM): ssp. hypogaea = meist liegend, Samen mit Keimruhe und ssp. fastigiata = meist aufrecht, Samen ohne Keimruhe.

Arachis hypogaea ist eine krautige Pflanze mit ausgeprägter Pfahlwurzel und einem meist aufrechten 20 bis 50 cm hohen Stengel. Die zahlreichen Seitentriebe sind aufrecht, halbaufrecht bis kriechend, sie entstehen an der Stengelbasis. Die Blätter sind paarig gefiedert und bestehen aus 4 bis 6 länglich ovalen, ganzrandigen Blättchen. An der Blattbasis stehen zwei mittelgroße lanzettliche Nebenblätter.

Die Blüten entwickeln sich einzeln oder zu mehreren in den Blattachseln. Es sind mittelgroße, leuchtend gelb gefärbte Schmetterlingsblüten, die sich fast ausschließlich selbst befruchten. Die Blüten öffnen sich am frühen Morgen und verblühen nach erfolgter Selbstbefruchtung schon nach wenigen Stunden. Eine Fremdbefruchtung durch Insekten kommt nur gelegentlich vor. Die Blühdauer einer Pflanze beträgt 1 bis 2 Monate. Dabei bilden von den 600 bis 1000 Blüten je Pflanze höchstens 20 % Früchte, die durch die lange Blütezeit ungleichmäßig ausreifen. Nach der Befruchtung streckt sich die Basis des Fruchtknotens und bildet einen (geotrop) nach unten, 0,5 bis 6,0 cm in den Boden wachsenden Fruchtstiel (Karpophor). An der Spitze des Karpophors entwickelt sich im Boden die Frucht. Die nicht in die Erde eindringenden Fruchtstiele bilden keine Früchte. Außer den oberirdischen bildet die Erdnuß auch unterirdische Blüten, die am Hauptsproß oder an den unteren Seitentrieben sitzen.

Die Frucht ist eine derbe, stark genetzte Hülse, in der 1 bis 4 Samen ausgebildet werden. Die Samen sind von einer rot, braun oder violett gefärbten dünnen Samenschale, die leicht abzulösen ist, umgeben.

Es besteht bei der Erdnuß eine sehr effektive Symbiose mit VA-Mykorrhiza an den Wurzeln und an den Fruchtträgern.

Die Erdnuß gilt als eine tagneutrale bis kurztagbeeinflußte Pflanze. Sie stellt hohe Temperaturansprüche: Für die Keimung sind 30 bis 34ºC und für die weitere Entwicklung 25 bis 30ºC optimal. Bei Temperaturen über 35ºC treten jedoch Störungen in der Blütenbildung auf. Dies begrenzt ihren Anbau auf etwa 40º N und 35º S. Die Ansprüche an die Wasserversorgung sind gering, bei guter Verteilung und frühreifen Sorten reichen in der Vegetation 300 bis 500 mm aus. Die Ansprüche an den Boden sind ebenfalls nicht sonderlich hoch. Selbst schwere Böden sind für den Anbau geeignet, wenn sie keine Staunässe aufweisen und die Karpophoren in den Boden eindringen können. Die Fruchterträge schwanken je nach Anbaubedingungen zwischen 15 und 45 dt/ha.

Die Erdnuß ist durch ihre hohen Nährstoffgehalte in den Samen eine für die menschliche Ernährung wertvolle Kulturpflanze. Nach LENNERTS beträgt der Gehalt des Erdnußkernes an Nährstoffen in %: Wasser 7,9; Organische Substanz 89,6; Rohprotein 28,7; Rohfett (Öl) 46,3; Rohfaser 2,4; N-freie Extraktstoffe 12,2; Rohasche 2,5.

Bei SOUCI, FACHMANN & KRAUT sind folgende Angaben in % über die Sameninhaltsstoffe zu finden: Protein 25,3, Fett 48,1, lösl. Kohlehydrate 8,3, Rohfaser 10,9, Mineralstoffe 2,2 und Wasser 5,2.

Aminosäurezusammensetzung des Proteins der Erdnuß (g je 16 g N):
Alanin 3,1 Histidin 2,5 Prolin 5,5
Arginin 13,8 Isoleucin* 4,4 Serin 7,1
Asparaginsäure 13,1 Leucin* 7,0 Threonin* 2,5
Cystin* 1,6 Lysin* 4,3 Tryptophan* 1,2
Glutaminsäure 22,1 Methionin* 1,2 Tyrosin 4,7
Glycin 6,3 Phenylalanin* 5,9 Valin* 5,9
* = essentiell

Das Eiweiß hat einen relativ hohen Anteil an der essentiellen Aminosäure Cystin, so daß mit Erdnußschrot oder -mehl andere Leguminosenproteine aufgebessert werden können. Die Fettsäurezusammensetzung mit 40 bis 62 % Ölsäure und 13 bis 35 % Linolsäure (s. SCHUSTER) ist sowohl als Speiseöl als auch für die Oleochemie interessant. Die Nährstoffgehalte und die Protein- und Fettzusammensetzungen unterliegen einer starken Variabilität durch Wachstumsfaktoren. So steigt z. B. der Ölgehalt in tropischen und subtropischen Herkünften bis zu 50 %, während in gemäßigten Klimalagen nur 20 bis 25 % Öl erreicht werden.

Geschichte und Verbreitung

Die Urheimat der Erdnuß ist wahrscheinlich Brasilien, wo noch heute wildwachsende Arachis-Arten vorkommen. Schon frühzeitig, vor etwa 3000 Jahren, muß über die Inkulturnahme durch die Indianer die heutige Erdnuß Arachis hypogaea entstanden sein.

Nach der Entdeckung Amerikas im 15. Jahrhundert fand die Erdnuß eine schnelle Verbreitung in den Tropengebieten der übrigen Welt. Die Portugiesen brachten sie zum Indischen Archipel und die Spanier von Mexiko zu den Philippinen. Von dort kam sie nach Indonesien und später im 18. Jahrhundert nach China und Indien, wo sie heute die größten Anbauflächen innehat.

Schon im 16. Jahrhundert kam die Erdnuß von Südamerika, wahrscheinlich über den Sklavenhandel nach Afrika, wo sie ebenfalls heute eine wichtige Kulturpflanze ist. Sie wurde hier zu einem der Hauptnahrungsmittel für die Sklaven während des Transportes.

Nach Europa kam die Erdnuß jedoch erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts, obwohl sie schon 1547 von dem Spanier OVIEDO und 1579 von dem spanischen Arzt MONARDES ausführlich beschrieben wurde. Die ersten Anbauversuche erfolgten in Spanien und Frankreich. Vor allem in Frankreich entstand seit den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts durch die Importe aus den afrikanischen Kolonien eine Ölmühlenindustrie, die vorwiegend Erdnußöl herstellte. In deutschen Ölmühlen wurden 1875: 900 t, 1877: bereits 7.400 t und 1914: 80.000 t Erdnüsse verarbeitet.

Der Anbau von Erdnüssen in der Welt stieg von 11 Mio. ha 1948/52 auf 20 Mio. ha 1991/93 und die Produktion an Erdnüssen mit Schalen von 9 Mio. auf 24 Mio. t (s. Tab. 12 u. 13).

In Europa hält sich der Anbau wegen der weniger günstigen Klimabedingungen in bescheidenen Grenzen, wie Darstellung 20 zeigt: 1952/56 19.000 ha mit einer Ernte von 30.000 t und 1989/91 17.000 ha mit einer Produktion von 25.000 t. Es ist keine Zunahme des Anbaues wie bei anderen Ölfrüchten sichtbar. Im Gegenteil auch die in europäischen Ölmühlen verarbeiteten Mengen an Erdnüssen sind im letzten Jahrzehnt stark zurückgegangen. Dies dürfte in den Preisen gegenüber anderen Ölfrüchten begründet sein, hat aber sicher auch mit den neueren Erkenntnissen über die Kontamination mit "Aflatoxinen" in Erdnüssen und deren Wirkung zu tun. Die deutschen Importe betrugen nach dem 2. Weltkrieg noch 20.000 bis 30.000 t im Jahr und wurden im Laufe der 60er Jahre fast völlig eingestellt.

"Aflatoxin" ist ein hochgiftiges Stoffwechselprodukt des Pilzes Aspergillus flavus, das 1961 im Erdnußmehl entdeckt wurde. Im Laufe der 60er Jahre wurden weiter "Aspertoxin" und "Parasiticol" auf Erdnüssen gefunden. Die Aspergillus-Arten wachsen bei 14 bis 15 % Feuchtigkeit, 75 bis 80 % Luftfeuchte und Temperaturen von 18 bis 35° C sehr schnell und können große Mengen ihrer Toxine bilden. Durch sorgfältige Lagerung der Erdnußernten und der Produkte muß die Ausbreitung der Pilze verhindert werden.

Darstellung 20: Erdnuß-Anbau in 1.000 ha in Europa

Nutzung und Entwicklung

Durch den hohen Öl- und Eiweißgehalt ist die Erdnuß eine vielseitig zu nutzende Kulturpflanze. In Afrika wird sie hauptsächlich zur menschlichen Ernährung verwendet: Erdnüsse geröstet oder frisch direkt verzehrt; der bei der Ölgewinnung durch Kochen und Abschöpfen des Öles anfallende Brei wird gegessen; Erdnußmehl, gemischt mit Weizen- oder Maniokmehl wird zu verschiedenen Speisen zubereitet; Erdnuß grob oder fein zerkleinert, mit Zucker oder Sirup, zu Leckereien verarbeitet u.a.m. Wie die Sojabohne werden auch die Erdnußkerne geröstet als "Kaffee" verwendet ("Austria-Kaffee"). In USA wird seit etwa 100 Jahren "Erdnußbutter" hergestellt, die dort ein geschätztes Diätnahrungsmittel ist. Weiter dient die Erdnuß als Mandelersatz in der Bäckerei. In Argentinien und Peru wird ein berauschendes Getränk aus Erdnüssen hergestellt ("chicha de mani"). In der ganzen Welt werden große Mengen als "Naschwerk" verzehrt: geröstet, mit und ohne Salz; kandierte Erdnüsse; mit Schokolade überzogene Erdnüsse u. a. m..

Die Rückstände aus der Ölgewinnung und der Nährmittelherstellung ergeben wertvolle Futtermittel mit einem Rohprotein von Sojaeiweiß entsprechender Qualität. Bei der Weiterverarbeitung von Erdnüssen fallen sehr verschiedenartige Futtermittel an, deren Wert STÄHLIN eingehend beschreibt.

Die rohfaserreichen Schalen (Hülsen) dienen als Brennmaterial, für die Papierherstellung und für die Herstellung von Dämmplatten.

Aus der vielseitigen Verwendung ergeben sich für die Züchtung folgende Zuchtziele:

1. Erhöhung des Ertragspotentials durch gezielte Kombinationszüchtung über Kreuzungen mit unterschiedlichen Sorten, Herkünften und unterschiedlichen Arten sowie Polyploidie-Züchtung.

2. Anpassung an gegebene Wachstumsbedingungen, wie Trockenstreß, Bewässerung, Tageslänge und Temperatur, durch Selektion in den entsprechenden Lagen.

3. Gleichmäßige Abreife, dichte Lage der Hülsen im Boden, große Hülsen mit mehr Samen, hohes Tausendkorngewicht u.a., durch Kreuzung und nachfolgende Selektion.

4. Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge durch Einkreuzung von Wildarten; bei Fertilitätsstörungen Anwendung der Embryokultur.

5. Resistenz gegen Aspergillus flavus durch interspezifische Kreuzungen und Zellkultur-Selektion.

6. Verbesserung der Qualität von Sameninhaltsstoffen durch Mutationsauslösung und Selektion über Halbkörner bzw. Zellkulturen: höhere Öl- und Eiweißgehalte, mehr Ölsäure für die Oleochemie, Verbesserung des Aminosäuremusters u.a. .

Wie zu ersehen, ist diese wertvolle Kulturpflanze noch in mancherlei Hinsicht verbesserungsfähig.

Weitere Informationen zur Art

Systematik - Unterfamilie Papilionoideae

Rhizobium-Gruppen wichtiger Leguminosae

Bestimmungsschlüssel für die Blätter wichtiger Leguminosae

Äußere Merkmale der zur Kornnutzung geeigneten Gattungen

Tabelle 1: Nährstoffgehalte der Samen von Körnerleguminosen in % (Mittelwerte)

Tabelle 2: N2-Fixierung verschiedener Leguminosenarten in kg/ha und Jahr

Tabelle 3: Sameninhaltsstoffe einiger Körnerleguminosen (Angaben in % der TM)

Tabelle 5: Proteinfraktionen in Leguminosensamen nach der OSBORNE-Methode

Tabelle 6: Gehalt essentieller Aminosäuren in Leguminosensamen

Tabelle 7: Fettsäuremuster der fettreichsten Leguminosenarten

Tabelle 8: Mittlere Mineralstoffgehalte in der TM von Leguminosensamen

Tabelle 10: Vitamingehalte in reifen Samen von Leguminosen

Roheiweißproduktion der wichtigsten Nahrungspflanzen.

Tabelle 11: Weltproduktion und Hauptproduzenten von Körnerleguminosen

Tabelle 12: Anbaufläche zur Trocken- und Grünkorngewinnung

Tabelle 13: Produktion an trockenen, bzw. frischen Samen oder Hülsen

Tabelle 14: Erträge zur Trocken- und Grünkorngewinnung

Bedeutung der Hülsenfrüchte als Nahrungsmittel

Bambara-Erdnuß - Biologie - Ölgehalt

Bambara-Erdnuß  - Biologie - Ausreife der Hülsen

Bambara-Erdnuß - Geschichte und Verbreitung

Bambara-Erdnuß - Nutzung und Verwertung
 
Erdbohne - Biologie

Geschichte und Verbreitung der Leguminosen

Literatur

BUNTING, A.H., R.W. GIBBONS & J.C. WYNNE, 1985: Groundnut (Arachis hypogaea). In: SUMMERFIELD & ROBERTS: Grain Legume Crops. 747-800. Collins, London.

FRANKE, G., K. HAMMER & P. HANELT, 1977: Erdnuß (Arachis hypogaea L.). In: Früchte der Erde. 109-111. Urania Verlag, Leipzig, Jena, Berlin.

HIEPKO, G. & H. KOCH, 1989: Erdnuß. In: REHM: Handbuch der Landwirtschaft und Ernährung in den Entwicklungsländern. 2. Aufl. Bd. 4, 190-201. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

LENNERTS, L., 1984: Erdnüsse. In: Ölschrote, Ölkuchen, pflanzliche Öle und Fette, 80-89. Verlag Alfred Strothe, Hannover.

REHM, S. & G. ESPIG, 1984: Erdnuß. In: Die Kulturpflanzen der Tropen und Subtropen. 96-100. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

SCHUSTER, W.H., 1992: Erdnuß. In: Ölpflanzen in Europa. 85-88. DLG-Verlag, Frankfurt/Main.

SOUCI, S.W., W. FACHMANN & H. KRAUT, 1994: In: Hülsenfrüchte und Ölsaaten. Die Zusammensetzung der Lebensmittel, Nährwert-Tabellen. 936-937. CRC-Press, London, Tokio.

STÄHLIN, A., 1957: Arachis hypogaea L., Erdnuß. In: Die Beurteilung der Futtermittel. Methodenbuch Bd. XII. 328-333. Verlag Neumann, Radebeul und Berlin.

Bildlegenden

Erdnußpflanze bei Blühbeginn.

Die Blüten sitzen einzeln oder zu mehreren in den Blattachseln und blühen nur einen Tag. Sie sind fast ausschließlich Selbstbefruchter.

Von den 600 bis 1.000 Blüten je Pflanze bilden nur etwa 20 % Früchte.

Die Erdnußblüte ist mittelgroß und von leuchtend gelber Färbung.

Nach der Befruchtung bildet sich aus der Basis des Fruchtknotens ein etwa ½ cm in den Boden wachsender Fruchtstiel (Karpophor), an dessen Spitze die Frucht entsteht. Durch die lange Blütezeit reifen die Früchte sehr unterschiedlich.

Die Erdnußfrüchte bestehen aus einer derben Gliederhülse mit 1 bis 4 Samen, die von einer rot, braun oder violetten dünnen Samenschale umgeben sind.

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